Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika
Stattdessen schwebten wir lautlos durch eine Welt der Blubberblasen, die wir so nur aus dem Fernsehen kannten. Kein Vergleich zu unserem bisherigen Schnorchel-Firlefanz. Intensiv, kontemplativ, ja, beinahe extraterrestrisch. Die Bilder vor unseren Augen bewirkten etwas Surreales, etwas, darin waren Michael und ich uns ohne den geringsten Zweifel einig, das wie eine Neuformatierung unserer neurologischen Festplatten war – jedenfalls, was den Speicher für alles unter Wasser betraf. Mindestanforderung für das neue Betriebssystem: Ein Tauchschein musste her.
Bild 18: Michael auf der Rückfahrt von unserem Probetauchgang
Zuerst einmal hieß es jedoch, Abschied zu nehmen. Die Tage des Glücks hatten sich still und heimlich aus dem Staub gemacht. Was blieb, war unsere Rückkehr in die Zivilisation. Doch zuerst wartete eine Überraschung auf uns. Es war Ali, der uns mit unserer rosa Wolke zur Landung zwang. Wir saßen gerade auf unserer abgeranzten Terrasse, die wir so ins Herz geschlossen hatten, und sinnierten mit Ivy bei Wasser und einer neuen Packung Bröselkekse über die vergangenen Tage auf Mafia Island, als er sich zu uns setzte und fragte, ob es denn okay sei, wenn er uns um kurz vor vier Uhr morgens abholen käme. Sonst könnte es wegen der Straßensperre mit unserer Fahrt zum Fähranleger nach Kilindoni verdammt knapp werden.
Hä? Straßensperre? Kurz vor vier Uhr morgens? Was bitte sollte das denn heißen? Hatten wir irgendetwas verpennt? Auch Ivy wurde hellhörig, stand ihre Rückreise doch nur wenige Tage nach der unsrigen auf dem Programm. Es brauchte einiges an Geduld und Einfühlungsvermögen, um Ali alles aus der Nase zu ziehen. Für ihn schien alles klar. War Business as usual. Wir drei Mzungus hatten noch nie etwas davon gehört: Die beinahe unerhört schönen Gewässer mit ihrem üppigen Artenreichtum und den unberührtesten aller Korallengärten waren Teil des Mafia Island Marine Parks. Eines Parks, für dessen Eintritt jeden Tag pro Kopf zehn Dollar zu berappen waren. Eine Hürde, die für Ali keine war. Er betrachtete die Gebühren als verabscheuenswürdiges Hindernis, nur dazu da, um sein prosperierendes Hotelgewerbe auszubremsen. Für ihn stand ohne Widerrede fest, und dafür würde er höchstpersönlich Sorge tragen, dass kein einziger Gast der Blue House Accomodation diese sinnentleerte Gebühr zu bezahlen brauchte. Dabei machte er ein Gesicht, als wäre er gerade dabei, die letzte von zehn Zitronen auszulutschen.
Puhh, das war aber so gar nicht mein Ding. Auch Michael runzelte die Stirn. Gerade er, dem so viel an der Natur lag und daran, sie so zu erhalten, wie sie war, sollte jetzt Nationalparkgebühren prellen? Irgendwie mussten wir da wieder rauskommen. Zusammen mit Ivy beratschlagten wir uns. Um etwas von der sich anbahnenden Unhöflichkeit vorwegzunehmen, auf Deutsch, damit Ali nur ja nichts verstand. Auf der anderen Seite hatten auch wir kein Geld zu verschenken. Es machte allein für Michael und mich hundertvierzig Dollar aus. Andererseits war es mehr als unkorrekt, sich einfach so davon zu machen. Schließlich wären wir auch nach Mafia Island gekommen, wenn wir von den Gebühren gewusst hätten. Aber sollten wir unseren treusorgenden und verlässlichen Gastgeber vor den Kopf stoßen?
Was wir brauchten, waren mehr Informationen. Und wir wollten wissen, welche Alternativen sich uns noch boten. Aber Ali hielt sich bedeckt. Seine Begründungen drehten sich im Kreis, schließlich verstand er englisch eher schlecht als recht. Es hatte ganz den Anschein, als verheimlichte er uns irgendetwas. Jetzt war guter Rat teuer.
Im Zweifel – das hatte mich die Erfahrung gelehrt – war es oft nicht von Nachteil, sich auf den Rat der Einheimischen zu verlassen. Wer konnte schon wissen, welche Halunken sich auf einer weltabgewandten Insel frühmorgens auf der einzigen Straße aufhielten und diese sperrten? Vielleicht wollte Ali uns nur nicht beunruhigen oder unnötigen Gefahren aussetzen.
Wir kamen mit Ivy überein, die Versuchskaninchen zu spielen und uns auf der Rückfahrt nach Kilindoni widerspruchslos von Ali leiten zu lassen. Anschließend wollten wir uns bei Ivy melden und Bericht erstatten.
Gesagt getan, um Punkt 03.40 Uhr und noch vor dem ersten Hahnenschrei klopfte es an unsere Tür. Draußen stand Ali, bewaffnet mit Taschenlampe und Gummistiefeln. Kopfschüttelnd und mit einem gehörigen Grummeln im Magen folgten Michael und ich ihm in die stockdunkle Nacht. Bevor wir zu
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