Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika
abwechslungsreich designten Reiseablauf bedeutete es also alles andere als ein Risiko, die Odyssee vom äußersten Südwesten Ugandas zu unserer Regenwaldlodge auf uns zu nehmen. Und dieser Weg hatte uns gerade an eine menschenleere Tankstelle in Fort Portal geführt.
Obwohl, so richtig menschenleer war diese Tankstelle nicht mehr. Jedenfalls, wenn man die vielleicht 50 Passagiere aus unserem Bus mit dazu rechnete. Die stiegen zwar nicht aus, da waren sie aber allemal. Und schliefen. Oder schauten einfach geradeaus, als ob alles andere verboten gewesen wäre. Schließlich schälte sich aus der stockdunklen Nacht ein zwergenkleines Männlein, das mit elastischen Schritten auf unseren Bus zu federte, den Tankwartzombie auszahlte – und den Bus die letzten vielleicht 500 Meter zur Niederlassung der Busgesellschaft, mit der wir unterwegs waren, chauffierte. Das durfte doch nicht wahr sein! Michael und ich schüttelten die Köpfe: Für den ganzen Weg bis hierher nur ein schwer arbeitender Busfahrer und dann das.
„Papa, hast du gesehen, wie der Busfahrer geschaut hat, als wir bei völliger Finsternis mit Volldampf auf der Staubpiste durch den Queen Elisabeth National Park gebrettert sind?“, fragte Michael mich, während neben uns bereits die ersten Fahrgäste ihr Gepäck unter den Sitzen hervor zerrten.
„Ja, hab ich.“ Langsam fiel es mir wieder ein. Ich erinnerte mich schemenhaft, wie ich während der Fahrt von einem besonders tiefen Schlagloch aus dem Halbschlaf gerissen worden war und grantig zum Busfahrer hinübergeschaut hatte, nur um ihn einem lebenden Toten gleich mit im Unendlichen fixierten Augen und offenem Mund hinter seinem Lenkrad sitzen zu sehen. Die erschlafften Gesichtszüge wie nach einer Botox Injektion. Vor uns nichts als Wildnis. Ich hatte also nicht geträumt. Wir waren tatsächlich durch den Nationalpark gefahren – und das so schnell wie möglich.
„Ich habe ganz genau das Schild des Nationalparks gesehen, nur ein paar Kilometer, nachdem wir von der Asphaltstraße abgebogen waren.“ Michael war ganz aufgeregt. So kannte ich ihn eigentlich nicht. Gerade, wenn es im Straßenverkehr einmal etwas brenzlig zuging, echauffierte er sich nicht gleich, sondern genoss vielmehr die Action. Wenn er also einmal in Rage kam, musste es schon ziemlich heftig zugegangen sein. Mir war es hingegen nicht so erschienen. Dieser Einwand wollte Michael aber gar nicht gefallen.
„Du hast ja auch die ganze Zeit gepennt!“, entrüstete er sich.
„Ich? Echt? Das waren doch nur ein paar Minütchen“, versuchte ich, ihn zu beruhigen. Es war mir gar nicht so vorgekommen, als hätte ich so lange geschlafen. Aber so im Nachhinein – die letzten Stunden waren schon etwas schnell vergangen. „Warum hast du mich nicht aufgeweckt, wenn es dir nicht gut gegangen ist?“, fragte ich scheinheilig und wollte so die Kurve kriegen.
„Was hättest du denn gemacht? Ins Lenkrad gegriffen oder die Handbremse gezogen?“ Solcher Zynismus war mir an ihm eigentlich fremd. „Wahrscheinlich hättest du wieder gesagt ‚Das nächste Mal setzen wir uns nicht so weit vorn hin. Das ist ja nicht zum Aushalten‘. Nur um gleich wieder einzuschlafen.“
Du bräuchtest so langsam etwas Schlaf, dachte ich mir, sagte es sicherheitshalber aber nicht. Wenn Michael grantelte, war es besser, nicht Kontra zu geben. Er ist partout kein Nörgler. Ihn unentspannt zu erleben, war eher die Ausnahme und deshalb mit Sicherheit nicht unbegründet. Dass wir uns nur aus dem einen Grund in die zweite Sitzreihe gesetzt hatten, weil ab der dritten die meisten Seitenfenster entweder nicht mehr zu schließen oder gleich ganz zerbrochen waren, verbiss ich mir zu sagen.
„Papa, er hat gestarrt wie ein wildes Tier. Die Augäpfel waren herausgetreten, wie Ping Pong-Bälle, ich hab es genau gesehen.“ Auch da hatte Michael recht. Genauso hatte ich den Fahrer in Erinnerung. „Stell dir vor, ein Elefant hätte die Straße überquert und wir wären mit ihm zusammengerauscht. Das hätte er niemals überlebt.“
„Oder wir wären beim Bremsen ins Schleudern geraten und von der Fahrbahn in den Busch abgekommen“, pflichtete ich ihm bei.
„Das gibt’s doch nicht. Sogar jetzt denkst du nur an uns. Schließlich sind wir (!) von so weit weg hierher in den Lebensraum der Wildtiere gekommen. Fahren wir sie tot, kein Problem für dich, oder?“
Damit hatte er nicht unrecht. Also, mit dem, dass wir in deren Lebensraum kamen und nicht mit dem anderen. Ihn zu
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