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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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werden sie rücksichtslos niedergeprügelt oder sogar mit pinker Farbe vollgespritzt. Eine entwürdigendere Behandlung kann man sich doch gar nicht vorstellen, oder? Macht das die Polizei in Deutschland auch so?“
    Nein, in Deutschland werden die Menschen verdroschen, bis sie grün und blau sind, oder sie werden mit herunterbaumelnden Augäpfeln an den Wasserwerfern vorbei ins Krankenhaus geschleift, dachte ich mir, sagte es aber nicht.
    Stattdessen stimmte ich ihm zu. Ging vor den amüsierten Augen Michaels mit erhobener Stimme auf Stammtischniveau und verfluchte die ganze Riesenschweinerei. Ehrbaren Bürgern durch Gier getriebene Preiserhöhungen die Luft zum Atmen zu nehmen, nur um sich selbst schamlos zu bereichern. Ich verwendete Wörter wie Erdölmafia, Börsenspekulanten und Bankenraubritter, bis Schmolli vor lauter zustimmendem Kopfgenicke beinahe die Kontrolle über sein Taxi verlor.
    Das dachte ich jedenfalls, bis er von einem Moment auf den anderen und ohne die leiseste Vorankündigung nach links in einen kaum erkennbaren Pfad einbog und auf dem schmierigen Schlick beschleunigte wie ein Geisteskranker, ehe er nach gut hundert Metern mitten im Dickicht stehen blieb und den Motor ausmachte. Mein erster Gedanke war: Jetzt kriegen wir eine Kugel zwischen die Augen. Von hinten hörte ich, wie Michael so geräuschlos wie möglich ein ums andere Mal am Türöffner zog, aber die Verriegelung nicht aufbekam. Er hatte den Ernst der Lage also auch erkannt. Durch meinen eigenen Kopf schwirrten tausend Gedanken gleichzeitig. Reflexhaft zischte ich Michael zu, er möge schauen, irgendwie aus dem Taxi rauszukommen – und wenn es durchs Fenster wäre. Während ich darüber nachdachte, mit welcher Gewalttat ich Schmolli zuvorkommen und wirksam außer Gefecht setzen könnte, spürte ich das Adrenalin wie glühendes Öl in meine Därme fließen. Es war ein bisschen wie in einem schlechten Film. Ich hatte solche Situationen zu Hause in einer ruhigen Stunde gedanklich durchgespielt und mir neunmalklug Handlungsalternativen zurechtgelegt. Aber jetzt, in der wahren Welt, saß ich wie paralysiert da und wartete auf meine Kugel wie ein Häschen auf den Biss der Kobra.
    Als Schmolli realisierte, dass Michael und ich langsam aber sicher in Panik gerieten, verdunkelte sich seine Physiognomie. Jetzt legte sich nichts nach alter Schmolli-Manier in Runzeln. Damit wäre ich zurechtgekommen. Vielmehr meinte ich, etwas Diabolisches in seinen Augen funkeln zu sehen. In meiner Vorstellung sah ich ihn bereits einen Revolver hervorholen und auf uns anlegen. Ich Idiot! Wie hatte ich es so weit kommen lassen können? „Nein, nein, keine Angst, ich pass schon auf. Da passiert schon nichts“, hörte ich mich jetzt wieder zu jedem sagen, der es hören wollte oder auch nicht. In Sekundenbruchteilen zogen die letzten Tage mit Michael noch einmal an mir vorbei. So schön war alles gewesen. Und jetzt? Hinten saß Michael, mittlerweile mucksmäuschenstill und mit Tränen in den Augen. Mein Gott, welche Angst musste er durchleben, schoss es mir durch den Kopf. Er hatte sich doch auf mich verlassen. Ich durfte nicht aufgeben, musste einfach noch einen Versuch wagen. Gerade, als sich mein Körper anspannte, die Muskeln sich zusammenzogen, mein Betriebssystem der Hardware den Befehl gab, loszuschlagen, geschah etwas, womit ich nicht gerechnet hatte.
    Schmolli stieg seelenruhig aus dem Taxi aus und steckte sich eine Zigarette an. „Scheiße“, hörte ich mich sagen. „Scheiße“, sagte auch Michael. Und ließ gleich noch ein paar mehr derbe Worte der Erleichterung folgen. Unser Dasein würde nicht hier zwischen Brettwurzelbäumen und Würgefeigen enden. Wir hatten überreagiert. Aber wenn Schmolli aufgefallen war, wie wir uns in die Hosen machten, warum gab er keine Entwarnung? Ein Wort hätte genügt. Ich war immerhin kurz davor gestanden, wie Rocky Balboa auf ihn einzudreschen. Es gab nur eine Antwort: Er machte sich noch mehr in die Hosen als wir.
    Aber was um Himmels willen konnte bloß so schlimm sein, um hier mitten im Wald, als erwachsener Mann und keine zehn Minuten weg von zu Hause, solch einen Bammel zu bekommen? Natürlich: Eine Frau war schuld. Genauer gesagt: Polizeioffizierin Kayihura. Ehrfurcht, ja, devote Unterwürfigkeit lag in Schmollis Stimme, als er ihren Namen aussprach und sich ein paar Mal beschwörend auf der Zunge zergehen ließ. Sie war die schärfste, die karriere- und dienstgeilste Verkehrspolizistin von ganz Fort Portal.

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