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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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Den kostenlosen Appetitanregern ließen wir zumeist überdimensionale Grillteller mit in Stücke geschnittenem saftigen Rindfleisch, krossen Hähnchenstücken, würzigen Spießen und Bergen von frischen Pommes fritesfolgen.
    Eine der wichtigsten Hygieneregeln für das Reisen in Afrika, nämlich unter keinen Umständen etwas zu essen, was auf der Straße angeboten wurde, ignorierten wir dabei gänzlich. Es kam für Michael und mich nicht infrage, dass uns dieses kulinarische Himmelreich verschlossen bliebe. Gelegentlich trafen uns die ob solcher Dreistigkeit erstaunten Blicke vorbeilaufender ausländischer Touristen, die sich artig daran hielten, nur ja nichts außerhalb ihres Hotelrestaurants zu essen. Mit emporgestrecktem Kinn auf uns weisend betrachteten sie mich, der sein Kind durch solchen Leichtsinn augenscheinlich dem Tod weihte, und Michael, der mit fettverschmiertem Mund gerade seinen vierten Hühnchenspieß futterte, mit einer Mischung aus Mitleid und - ja, auch mit etwas Neid in den Augen. Wahrscheinlich hätten sie nur zu gern einmal von unseren knusprigen Fleischstücken abgebissen ...
    Wegen solcher Fressorgien kannten uns die Verkäufer bereits am zweiten Tag und grüßten schon von Weitem. Mit einladenden Handbewegungen versuchten sie, uns wieder auf einen der Stühle zu bugsieren, auf denen wir bereits am Vortag gesessen und geschlemmt hatten. Wir kamen meist nicht umhin, uns zumindest eine Kleinigkeit für zuhause einpacken zu lassen, ehe wir von dannen ziehen durften. Aber ganz egal, ob Imbissbudenbesitzer oder Maiskolbenverkäufer, jeder war überaus freundlich und der allabendliche Bummel ging vergnüglich und amüsant vonstatten.
    Letzten Endes fanden wir jeden Abend, bevor wir nach Hause gingen, irgendwo ein gemütliches Plätzchen, an dem wir eine der kleinen Tassen mit dem hier überall angebotenen und reichlich gesüßten Kaffee trinken konnten, während wir dabei die vorbei ziehenden Passanten beobachten durften. An diese Momente werde ich mich sicher bis an mein Lebensende erinnern. Es waren für mich jedes Mal Augenblicke des größten Glücks, nach einem ereignisreichen Tag, frisch geduscht und gut gesättigt, zum krönenden Abschluss bei einer guten Tasse Kaffee all die Erlebnisse noch einmal Revue passieren zu lassen.
    Meistens waren wir beide gut gelaunt, und Michael lief zu wahrer Höchstform auf, wenn er jemanden mimisch nachmachte oder verballhornte. Seine geistreichen Persiflagen waren legendär und gingen in den Mythenschatz unserer persönlichen Kommunikation ein. Sie wurden bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholt und ausgebaut, wobei jeder von uns seinen Teil dazu beitrug. Wenn er zum Beispiel die Unterhaltung zwischen mir und einem älteren Taxifahrer aus Nairobi nachmachte, der mein in reinstem Schulenglisch ausgesprochenes Fahrtziel „South B“, erst verstehen wollte, nachdem ich es in allen mir möglichen Varianten betont hatte, ging es dabei oft gehörig unter die Gürtellinie, wurde aber niemals verachtend. Trotzdem biegen wir uns bis heute vor Lachen über das überzogen gebellte „Sassabi“ des Taxifahrers. Unzählige derartige Geschichten bilden den Kitt unserer Vater-Sohn-Beziehung und nur allzu oft lassen sich anbahnende Konfliktsituationen durch einen gezielt eingestreuten Kalauer aus zurückliegenden Reisetagen entschärfen.
    Viel spektakulärer als unsere anregenden Unterhaltungen war jedoch der Strom der vorbei ziehenden Passanten, deren Gesichter häufig Rückschlüsse auf ihre Herkunft zuließen. Auch wenn der arabische Typus die Mehrheit bildete, fielen uns trotzdem zahlreiche Schwarzafrikaner, Somalier und Menschen mit indischer oder chinesisch-mongolischer Abstammung auf. Wie durch ein Kaleidoskop betrachtet, zog ein Alt und Jung aller Rassen, Farben und Formen vorüber und gestattete uns einen tiefgreifenden Einblick in die Vielfalt des hiesigen Schmelztiegels der Kulturen.
    Da war der tief gebeugte Alte, der mit nur mehr einem Auge unter seiner ins Gesicht gezogenen Schirmmütze der New York Yankees hervorlugte. Im Kontrast dazu trug er den für die Region typischen, knöchellangen Überwurf. Seine Füße schlurften in billigen, dunkelbraunen Plastiksandalen über die steinigen Gassen. Nur mit Mühe das Gleichgewicht haltend, umklammerte er mit seiner knorrigen Hand einen dünnen, hölzernen Gehstock, der sinnbildlich für sein gebrechliches Erscheinungsbild schien. Warum war er trotzdem allein unterwegs und wurde nicht wenigstens von einem

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