Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika
mehrtägige Tour in das Kiunga Marine National Reserve, in dem die nur 9 Quadratkilometer große Insel Kiwaiyu liegt, war tatsächlich eine Verlockung. Als ich ihm andeutete, dass wir sehr wohl an einem Besuch Kiwaiyus interessiert wären, aber noch keinen zuverlässigen Kapitän samt Dau gefunden hätten, schenkte er uns ein so breites Lachen, dass ich meine direkte Antwort beinahe wieder bereute.
Er drehte sich von uns weg und sagte etwas auf Suaheli in Richtung der um den einsamen Wolf versammelten Gruppe. Wie auf ein Kommando sahen alle in unsere Richtung, selbst den Wolf durchzuckte es. Kaum hörbar vor sich hinmurmelnd erhob er sich behäbig aus seinem Plastikstuhl und schlurfte gefolgt von seinen Anhängern ein paar Meter zu einer bereits vor Jahrhunderten an der Hafenpromenade verankerten eisernen Kanone. „Kommt und lasst uns in Ruhe reden, hier stören wir nur“, forderte Barak uns auf, ihm zu den anderen hinüber zu folgen.
Auch Michael war nicht entgangen, welch abenteuerliche Gestalt der Anführer der Gruppe mit seinem bisweilen herablassenden Verhalten darstellte. Wahrscheinlich war ihm das Leuchten in meinen Augen aufgefallen, als er mit ernstem Gesicht verheißungsvoll aussprach, was auch ich dachte: „Papa, hast du den wilden Typen gesehen? Der schaut aus wie ein Seeräuberkapitän mit seiner Mannschaft. Meinst du wirklich, wir könnten mit ihm für ein paar Tage raus segeln?“
„Jetzt lass uns doch erst einmal anhören, was er zu sagen hat. Vielleicht macht er uns ja ein Angebot, dass wir nicht ablehnen können“, antwortete ich ihm, dabei nicht außer Acht lassend, dass in der Frage meines Sohnes vielmehr die Herausforderung als der Zweifel herauszulesen war.
Die ganze Szene hatte etwas Verheißungsvolles. Eine Gruppe junger Männer um ihren Führer geschart, der das Wort an zwei Fremde, einen Vater mit seinem Sohn, richtete. Wir saßen auf der Lafette einer Kanone, vor der exotischen Kulisse des alten Dauhafens von Lamu. „Mein Name ist Buba“, stellte sich der Leitwolf vor. Seine Stimme war rau und seinem Atem entströmte ein säuerlicher Geruch, der von dem nicht lange zurückliegenden Genuss der hier allgegenwärtig konsumierten Kat-Blätter herrührte. Bei Kat, auf Suaheli auch Mira`a genannt, handelt es sich um die Blätter des Katstrauches, einer hauptsächlich in Äthiopien, dem Jemen und Somalia verbreiteten Droge, deren berauschende Wirkung sich in Kenia einer immer größeren Beliebtheit erfreut. In ihren Ursprungsgebieten Volksdroge wie bei uns das Bier, führt die Sucht nach dem Konsum des Amphetamins viele Familien in den wirtschaftlichen Ruin. Dass jetzt auch noch Drogen mit ins Spiel kamen, verlieh unserer nächtlichen Zusammenkunft den nötigen Kick.
„Ich habe eine Dau und eine Crew. Wir können mit euch zu jeder Insel fahren, die ihr wollt. Wenn ihr schwimmen und schnorcheln wollt, gibt es hier ganz in der Nähe auf verschiedenen kleinen Nachbarinseln oder auf Sandbänken sehr schöne Strände. Wir können unterwegs Fische fangen und für euch zubereiten. Am eindrucksvollsten wäre aber eine Fahrt nach Kiwaiyu“, klärte uns Kapitän Buba auf und wirkte dabei leicht lethargisch. Es schien, als wäre seine zurückgezogene Art weniger ein Zeichen seiner Überheblichkeit, als vielmehr Ausdruck seines Rauschzustandes nach dem übermäßigen Genuss von zu viel Mira`a. Uns war aufgefallen, dass außer ihm nur ein weiterer aus der Gruppe ähnlich abwesend wirkte und sich wie Buba fortwährend frische Kat-Blätter aus einer in der Jackentasche verborgenen Plastiktüte in den Mund schob. Nachdem ein paar Mal darauf herumgekaut worden war, wurden die Blätter in den Backentaschen gesammelt, was natürlich von außen leicht zu erkennen war und wie die symptomatischen glasigen Augen jeden Kat-Kauer verriet.
„Für die Tour nach Kiwaiyu sollten wir mindestens drei Tage veranschlagen“, ergänzte Buba und blickte mich als seinen augenscheinlichen Ansprechpartner unseres Traveller-Duos auffordernd an. Ich war in meiner Meinung gespalten. Obwohl die Fahrt nach Kiwaiyu genau unseren Vorstellungen entsprach, hatte ich doch große Zweifel, und fürchtete, dass es zu riskant sein könnte, uns für mehrere Tage von diesen wilden Vögeln abhängig zu machen. Wären wir erst einmal auf See und entfernt von jeglicher Zivilisation, müssten wir uns auf Kapitän und Crew bedingungslos verlassen können. Auf keinen Fall wollte ich eine Entscheidung treffen, ohne vorher Michaels Meinung
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