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Afrika, Meine Passion

Afrika, Meine Passion

Titel: Afrika, Meine Passion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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wirklich niederschmetternd. Ich wurde sofort in eine andere Klinik gebracht, die darauf eingerichtet ist, die Geburt so durchzuführen, dass das Kind möglichst nicht infiziert wird. Unter diesen Umständen wurde meine Spitalrechnung bezahlt, doch das war nur ein kleiner Trost. Ich war gerade 22 Jahre alt und hatte mein Todesurteil erfahren. Zu Hause teilte ich dem Mann mit, dass er mich mit dem Aidsvirus angesteckt hat. Ich bat ihn, den Arzt aufzusuchen, damit er ebenfalls behandelt werden kann. Doch er reagierte erbost und warf mir vor, es sei umgekehrt, ich hätte wohl ihn angesteckt. Das Kind sei demnach sicher nicht von ihm. Ich solle verschwinden, denn er wolle mit mir nichts mehr zu tun haben.«
    Irene spricht fast flüsternd über ihre Ansteckung. Niemand hier in der Nachbarschaft weiß davon, weil es immer noch als großes Stigma betrachtet wird. Sie hat Angst, ausgegrenzt zu werden. Einmal in der Woche muss sie ihre Medikamente in der Klinik abholen. Dabei nimmt sie einen beträchtlichen Umweg in Kauf, um nicht gesehen zu werden.
    Ihre kleine Tochter lutscht zufrieden an ihrem Lollipop und ist mittlerweile völlig verklebt und verschmiert, was allerdings niemanden stört. Draußen beginnt jemand, ein Metallstück zu bearbeiten, was einen fürchterlichen Lärm verursacht. Irene scheint an dieses Geräusch gewöhnt zu sein. Sie lässt sich nicht ablenken und erzählt weiter: »Als mich dieser Mann wegschickte, wurde mir klar, dass mich nie mehr ein Mann heiraten würde. Ich war noch jung, hatte schon zwei Kinder und nun diese Krankheit. Keinen Ehemann zu haben, ist in meiner Kultur eine Schande. Ich verlor jeden Mut und wusste keinen Ausweg mehr. Ich hatte nichts zu essen und arbeiten konnte ich auch noch nicht, da ich gerade erst das Baby bekommen hatte. Erneut zog ich in diese Hütte. Der Raum war völlig leer und die Miete musste ich auch selbst aufbringen.
    In dieser Zeit verließ mich der Lebenswille. Mit meinen letzten Schillingen kaufte ich Rattengift. Ich legte mich auf den kalten Lehmboden, mein Baby trank an meiner Brust und ich dachte über mein kurzes Leben nach. Ich fror, denn nachts ist es auf dem Boden in dieser Blechhütte sehr kalt. Ich wollte mich wirklich umbringen. Verzweifelt fragte ich mich, warum das alles mir passieren muss, während andere Mädchen erfolgreich die Schule abschließen und ein gutes Leben führen konnten. Warum habe ich nicht abgeschlossen? Warum bin ich mit allem so unglücklich geworden? Warum bestraft mich das Leben so hart? Warum ist das Leben gerade zu mir so unfair? Während ich all diese Fragen stellte, begann ich zu beten und betete die halbe Nacht hindurch. Und nach und nach verließ mich der Mut zum Selbstmord, weil mir klar wurde, dass dies vor Gott eine Schande ist. So entschied ich, es Gott zu überlassen, wann meine Zeit zu gehen gekommen ist. Lange konnte es sowieso nicht mehr dauern. In den folgenden Tagen lag ich in der dunklen Hütte und dämmerte vor mich hin. Irgendwann klopfte jemand an die Hütte. Ich konnte kaum auf den Beinen stehen, als ich die Tür öffnete. Eine Frau stand davor und fragte, ob sie mir helfen könne. Sie sei von der Kirche geschickt worden. Ich konnte es kaum glauben. Sie versprach, als Erstes etwas Essen und ein Bett vorbeizubringen, damit mein Baby und ich nicht mehr am Boden liegen müssten. Meine ältere, inzwischen zweijährige Tochter hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Ich hatte einfach keine Kraft, sie abzuholen.
    Da mein Beten zu einem Ergebnis geführt hatte, vertraute ich seit diesem Tag auf Gott und ich begann, meinen Glauben zu vertiefen. Abends lag ich öfters wach im Bett und betete: ›Lieber Gott, zeig mir den Weg, wie es mit mir im Leben weitergeht. Gib mir Kraft, damit meine Kinder und ich überleben können.‹ Dennoch wurde ich immer dünner durch das Stillen und das wenige Essen, das ich nur unregelmäßig zu mir nehmen konnte. So kam der Tag, an dem mich die Kraft erneut verließ und ich wieder keinen Ausweg mehr sah. Und da geschah ein Wunder, denn Pater Elly schaute zum ersten Mal bei mir vorbei.«
    An dieser Stelle schaltet sich Pater Elly persönlich in das Gespräch ein: »Als ich hierherkam und Irene mit ihrem neugeborenen Baby fand, dachte ich erst, diese Frau kann nicht überleben, so dünn war sie. Die Haut fiel ihr über die Knochen. Ich besuchte sie mehrere Male, brachte Essen und erzählte ihr von Solidarités und dem Gartenbau in Säcken.«
    Ein Flugzeug fliegt dröhnend über den Slum,

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