Afrika, Meine Passion
begleitet vom Lärm des Klopfens auf Metall. Die Kleine im Stühlchen möchte zur Mama. Irene greift ihren Arm, zieht sie auf ihren Schoß und fährt fort:
»Ja, als Pater Elly mich aufsuchte, spürte ich zum zweiten Mal Gottes Hand über mir. Gott hat mir jemanden geschickt. Er hat meine Bitte erhört. Diese Erkenntnis erfüllte mich mit Zuversicht und ich hörte mir an, was Pater Elly mir vermitteln wollte. Er erzählte mir von den ›Sack Gardens‹ und von Solidarités. Er meinte, wenn ich mich entschließen könne mitzumachen, würde er mich bei der Erstbepflanzung unterstützen, da ich noch zu schwach sei, 100-Kilo-Säcke mit Erde und Steinen zu füllen. Die Organisation erließ mir auch den Kaufpreis der Säcke, weil ich extrem arm und schwach war. Normalerweise muss man, um sich bei Solidarités beteiligen zu können, die Säcke bezahlen und die Erde selbst besorgen. Erst musst du etwas tun, nur dann bekommst du die Anleitung und die Setzlinge. Da Pater Elly versicherte, dass ich mit dieser Arbeit schnell zu eigenem Gemüse kommen könne, erklärte ich mich bereit, so hart wie möglich zu arbeiten. Auch habe ich einen Platz in der Kirche gefunden, wo ich mich wohlfühle. Ich traf andere Menschen und konnte zum ersten Mal über meine Krankheit sprechen, da ich damit nicht alleine bin.«
Ich frage Irene direkt, was sich in ihrem Leben verändert hat. Ihr Gesicht hellt sich auf und sie lacht: »Hey, mein Leben hat sich komplett verändert. Ich habe jetzt einen Garten, erlöse daraus 200 bis 300 Schilling die Woche und habe selbst noch genügend Gemüse zu essen. Ich konnte etwas sparen und habe damit das Mandazi-Business eröffnet. Ich stehe um fünf Uhr morgens auf, um die Mandazi zu backen und anschließend zu verkaufen. Danach arbeite ich an den Säcken im Garten.«
Ich erkundige mich nach der Miete und bin ich erstaunt zu hören, dass sie 1.000 Schilling, also ungefähr 10 Euro aufbringen muss. Da Irene meine Verwunderung bemerkt, erklärt sie: »Corinne, als ich so krank und schwach war, ist mein Kind fast gestorben. Es war hier so kalt, dass mein Neugeborenes die ganze Nacht zitterte. In der Klinik sagten die Ärzte, wenn ich meine Tochter nicht wärmer halten kann, werde sie sterben. Deshalb erbarmte sich mein Landlord und installierte kostenfrei Elektrizität. Diese Lampe erwärmt den Raum nun ein wenig, dafür aber ist die Miete doppelt so hoch.«
Ich kann nicht glauben, dass eine einfache Lampe diesen Raum erwärmen kann. Doch Pater Elly erklärt, dies sei eine spezielle Wärmelampe, wie sie auch zum Ausbrüten von Küken verwendet wird.
Da Irene immer noch einen sehr gebrechlichen Eindruck macht, bin ich etwas verblüfft, als sie behauptet, dass sie nun alle ihre Säcke selbst bewirtschaften kann. In nur einem dreiviertel Jahr hat sie sich anscheinend so gut erholt, dass sie es alleine schafft. Ich bin tief beeindruckt von ihrem Überlebenswillen.
Einige Säcke müssen erneuert werden, da sie wegen der Sonneneinstrahlung etwa nach einem Jahr auseinanderfallen werden, erwähnt Irene, als sie später mit uns in ihrem Garten steht. Er ist nicht so ordentlich wie der von Anne. Weggeworfenes Papier und Abfall liegen zwischen den weißen Gemüsesäcken. Dennoch steht auch sie stolz zwischen ihren Plastiksäcken, aus denen hohes Grünzeug wächst. An der Rückwand ihrer Behausung steht »Keep in peace again«.
Bevor wir uns verabschieden, möchte ich von Irene wissen, ob sie unter diesen Umständen einigermaßen zufrieden ist. »Ja, ich bin sehr glücklich«, sagt sie mit einer wesentlich festeren Stimme als zu Beginn. »Ich habe dem Mann verziehen, der mich infiziert hat. Es ist sowieso nicht mehr zu ändern. Ich träume von einem Schulabschluss und von einer Ausbildung. Vielleicht schaffe ich es ja, noch einmal zwei Jahre in die Abendschule zu gehen, damit ich später einmal ein besseres Geschäft betreiben kann.«
Wieder hat mich ein Schicksal zum Staunen gebracht. Diese junge Frau hat den Mut nicht verloren, obwohl sie noch weit entfernt ist von einem komfortablen Leben. Sie träumt nicht von einem besseren Haus, einem Fernseher oder etwas anderem Materiellen. Nein, sie träumt von einem Schulabschluss!
Doreens unbändiger Lebenswille
Mittlerweile ist es sehr heiß geworden und auch unsere Mägen melden sich. Die Mitarbeiterin von Solidarités kennt ein Lokal hier in Kibera, in dem wir ein Mittagessen einnehmen können, bevor wir den letzten Besuch machen. Das Lokal ist sehr einfach, aber
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