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Afrika, Meine Passion

Afrika, Meine Passion

Titel: Afrika, Meine Passion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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die Geschichten erinnere, in denen Frauen eineinhalb Jahre brauchten, um 35 Euro anzusparen, bin ich jetzt sehr neugierig, wie diese ehemaligen Bettlerinnen und Straßenfrauen es geschafft haben. Andererseits müssen diejenigen, die in den Slums ein Dach über dem Kopf haben, ihren Landlords auch Miete bezahlen, und die schäbige Wellblechhütte gehört ihnen nie. Zudem ist bekannt, dass der Quadratmeterpreis in den Slums teilweise höher liegt als in anderen Wohngegenden.
Drei Fische – Grundstein für Claris’ Haus
    Ich werde aufgefordert, den Shop von Claris zu besichtigen. Sie gehört von Beginn an zum Projekt, das damals mit fünfzig bettelnden Frauen startete. Claris ist eine stämmige Frau, die ich auf etwa fünfzig Jahre schätze. Sie hat ein rundliches Gesicht mit kurzen Kraushaaren und relativ harten Augen, in denen sich ein entbehrungsreiches und schweres Leben spiegelt. Ihr provisorischer Laden befindet sich in einem Wohnhaus, da der geplante Supermarkt noch nicht gebaut ist. Sie verkauft im vorderen Raum, der hintere wird als Lager genutzt. Der Shop ist gut mit Waren ausgestattet. Hinter der Holztheke befindet sich ein Gestell mit Colgate-Zahnpasta, Zahnbürsten, diversen Seifen, Vaseline, Deos und Waschmittel, und sogar Always Binden sind hier für die moderne Frau im Angebot. Im Gestell daneben sind Kimbo-Fettbüchsen, Ölflaschen, Maismehlpackungen, Reis, Biskuits sowie Zündhölzer in großen Mengen aufgestapelt. Vor der Theke sehe und rieche ich kleine getrocknete Fische in einem Jutesack, auf dem eine leere Blechdose steht, die als Maßeinheit gilt. Daneben werden rote Bohnen, Tomaten, Zwiebeln und Kartoffeln angeboten. Der Kohl liegt im kühleren hinteren Teil des Shops.
    Natürlich fühle ich mich wieder an meine Zeit in Barsaloi erinnert. Während meiner vier Jahre bei den Samburu hatte ich auch einen Shop eingerichtet. Es war damals der erste und einzige Laden weit und breit in der Einöde und ich verkaufte ähnliche Artikel wie Claris. Nur musste ich täglich Hunderte Kilo Maismehl und Zucker mit der Hand abwiegen, da die Waren nicht wie heute abgepackt waren. Zahnbürsten und Zahncreme hätten wahrscheinlich keinen Absatz gefunden, denn bei den Samburu werden die Zähne mit einem speziellen Holzstück gereinigt. Ihre auffallend weißen Zähne sind wohl auf diese Art der Pflege zurückzuführen. Und mit Binden hätten die Frauen in Barsaloi sicher auch nichts anzufangen gewusst. Jetzt sieht das vielleicht schon anders aus.
    Claris erzählt stolz: »Heute können meine Söhne und ich von dem Geschäft gut leben. Das alles habe ich Ingrid zu verdanken. Sie hat mich nach 15 Jahren Leben auf der Straße motiviert, Geld zu sparen, damit sie mir später einen Kleinkredit geben kann. Sie hat immer an mich geglaubt. Mein erstes Business fing ich ganz klein an, mit drei frittierten Fischen, die ich in kleine Stücke zerteilte und verkaufte. Und nun schau, was ich inzwischen erreicht habe!« Mit einer weit ausholenden Armbewegung zeigt sie auf ihren Shop und ergänzt: »Und das ist noch längst nicht alles. Ich bin sehr glücklich und habe ein tolles Haus, das ich dir jetzt zeige. Dort werde ich dir erzählen, wie ich Mama Ingrid kennengelernt habe und wie es weiterging.«
    Ihr Haus ist schön und sauber und mit Polstermöbeln, einem Tisch mit Stühlen und einer Holzvitrine möbliert. Alles ist mit kleinen rosa oder weißen Häkeldecken geschmückt. Wir setzen uns alle ins Wohnzimmer. Der Mzee sitzt mir gegenüber. Die Frauen singen, klatschen und preisen Jamii Bora, bevor Claris zu erzählen beginnt:
    »Corinne, ich war mit einem Mann verheiratet, der mich wegschickte, weil ich ihm nur Jungen gebären konnte. Fünf Boys, das war zu viel. Jungen bringen keinen Brautpreis, sie kosten nur. Er vertrieb mich und die Kinder aus dem Haus und ich landete in Nairobi. Er selbst heiratete eine neue junge Frau. Damals sagte ich zu mir: Claris, jetzt kannst du nur noch sterben, so schrecklich ist das Leben auf der Straße. Wir waren an die fünfzig Frauen, die mit ihren Kindern auf der Straße ums Überleben kämpften, und das ging viele Jahre so.
    Eines Tages kam eine weiße Frau, Ingrid, und schenkte uns Geld. Einmal fünfzig Schilling, einmal hundert. Jedes Mal, wenn sie uns besuchte, freuten wir uns, denn das hieß Geld, und Geld bedeutete Essen. Sie war immer in Begleitung ihres kleinen adoptierten Straßenkindes, das Sehnsucht nach seinen Freunden hatte. Durch dieses Kind kamen wir mit ihr in Kontakt.

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