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Afrika, Meine Passion

Afrika, Meine Passion

Titel: Afrika, Meine Passion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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die schwer erkrankt war und Unterstützung bei der Arbeit benötigte. Mein zweites Kind brachte ich bei ihr auf die Welt, und nur eine Woche später starb meine Mutter. Ich musste erst die Beerdigung organisieren, bevor ich mit den beiden Kindern nach Hause zu meinem Mann zurückkehren konnte. Doch als ich das Haus betrat, war der Schock groß. Mein Mann hatte während meiner Abwesenheit eine zweite Frau geheiratet und in unser Haus geholt. Ich versuchte, mich mit der Co-Frau zu arrangieren, aber sie war sehr schroff zu mir und meinen Kindern. Nach eineinhalb Monaten packte ich mein Baby und mein kleines Mädchen und wir reisten nach Nairobi, wo ich im Mathare-Slum landete.
    Mit den zwei kleinen Kindern fand ich natürlich keinen Job. Niemand wollte mir Arbeit geben und deshalb blieb mir nichts anders übrig, als meinen Körper zu verkaufen. Viele junge Mütter sind gezwungen, auf diese Weise zu überleben. Ich schloss mich einer Gruppe von 205 Frauen an und wir gründeten ein richtiges organisiertes Sex-Business, um unsere Kinder zu ernähren. Ich lebte mit fünf anderen Frauen in einer Hütte und wir unterstützten uns gegenseitig. Dieses Leben war nicht leicht, aber wir hatten unsere Einnahmen. Ich arbeitete von 1995 bis 1998 in diesem Beruf, auch als ich wieder schwanger wurde. Ohne Arbeit kein Essen.
    1998 eröffnete Jamii Bora eine Geschäftsstelle hier im Mathare-Slum, und eines Tages kam eine Motivatorin zu uns und erzählte von dieser Organisation. Sie behauptete, dass wir unsere Situation mit etwas Willen ändern könnten. Aber wir akzeptierten sie nicht und weigerten uns in der folgenden Zeit sogar, mit ihr zu sprechen. Sie war jedoch sehr hartnäckig und gab nicht auf. Immer wieder lobte sie uns, dass wir gute Mütter seien und nur deswegen dieses Leben führen würden. Sie verurteilte uns nicht, sondern wollte uns im Gegenteil helfen. Außerdem erklärt sie uns wieder und wieder, wie gefährlich und riskant dieser Beruf ist. Viele in unserer Gruppe waren ja beschnittene Frauen, was den Sex erschwert. Nach Monaten, in denen sie nie müde wurde, uns zu besuchen, stimmten wir zu und sagten zu ihr: ›Okay, zeig uns den Weg, wie du uns helfen kannst.‹ Da hörten wir zum ersten Mal von Mama Ingrid, der weißen Frau, die sie um Rat bitten würde.«
    Während Jane erzählt, staune ich über das Leuchten in ihrem Gesicht. Sie erzählt alles sehr locker und offen und zudem ohne Klage oder Selbstmitleid. Auch die anderen Frauen hören interessiert zu, wie schon vorher bei Claris.
    Jane fährt mit ihrer Schilderung fort: »Bevor uns die Motivatorin an diesem Tag verließ, fragte sie uns alle, ob wir irgendetwas gelernt hätten oder ein Handwerk beherrschten. Von den 205 jungen Müttern meldeten sich nur sieben, die etwas konnten, wie Haare schneiden, Glasperlenschmuck herstellen oder Kleider nähen. Die Frau beruhigte die anderen und sagte: ›Seid nicht eifersüchtig, legt alles, was ihr besitzt, auf einen Tisch und wir werden es teilen. In den nächsten Tagen komme ich mit einer Antwort.‹
    Und Mama Ingrid hatte beschlossen, unserer gesamten Gruppe einen Kredit zu geben, damit wir einen Raum mieten, zwei Nähmaschinen aufstellen und das nötige Material für eine Schneiderei und für Schmuckherstellung und Friseurartikel kaufen konnten. Die, die etwas gelernt hatten, bildeten nun die anderen Frauen aus. Während der Ausbildung kam ein Trainer zu uns und erklärte, wie wir sparen können. Es ist hart, wenn du erst als Erwachsener lernen musst, von dem wenigen Geld, das du hast, etwas zurückzulegen. Bis jetzt hatten wir immer nur für den jeweiligen Tag gelebt und gearbeitet und nun lernten wir, für ein besseres Morgen zu sparen. Das war sehr, sehr schwer. Von den 205 Müttern beteiligten sich nur 95 an dem Projekt. Die anderen wollten den harten, disziplinierten Weg der Arbeit und des Sparens nicht gehen.
    1999 begann ich damit. Als Erstes informierte ich mich in einem Laden, wie viel die günstigste Nähmaschine kostete. Es waren 4.000 Schilling. Das hieß, ich musste 2.000 sparen, damit ich sie kaufen konnte. Ich sparte ein Jahr und einen Monat und hatte dann 2.100 Schilling. Ich kaufte eine Tretnähmaschine und vom restlichen Geld drei Secondhand-Kleider. Zu Hause schneiderte ich aus den drei Kleidern sechs Mädchenröcke und konnte diese für je 150 Schilling verkaufen. Nun hatte ich 900 Schilling in der Tasche und eine eigene Nähmaschine. Das machte mich sehr stolz. Immer noch lebte ich mit meinen

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