Afrika, Meine Passion
sind auf dem Weg, um Kaputiei Town, eine einzigartige kleine Siedlung, kennenzulernen. Dort wohnen ehemalige Straßenfrauen, Bettler, Prostituierte oder einfach extrem arme Menschen aus verschiedenen Slums. Das Großartigste ist: Sie alle haben es geschafft, der Armut zu entkommen, und können sich heute ein eigenes, fünfzig Quadratmeter großes Dreizimmer-Haus mit Bad, fließendem Wasser und Strom leisten. Wiederum hört sich diese Geschichte im Vorfeld wie ein Märchen an und ich bin neugierig, was ich sehen werde.
Als Nairobi hinter uns liegt, wird das Land weiter, offener und schöner. Wir fahren in Richtung Massai-Land. Schon sehe ich die ersten Hirten, die mit ihren Rinderherden durch das Land streifen. Mein Herz öffnet sich und ich fühle tief in mir Afrika. Wir fahren an Hunderten von weidenden Kamelen vorbei. So viele auf einmal habe ich noch nie gesehen. Den Kontrast zur Hektik in Nairobi, der ich nun schon seit Wochen ausgesetzt bin, empfinde ich als äußerst wohltuend. In der Ferne leuchtet das flache, schneebedeckte Dach des Kilimandscharo. Bei seinem Anblick werden meine Hände feucht und mein Herz beginnt, schneller zu schlagen. Unwillkürlich denke ich zurück an das Jahr 2003, als ich diesen Berg bestiegen habe. Wenn ich ihn nun so majestätisch vor mir sehe, kann ich es selbst kaum glauben, dass ich dort oben stand. Dieses Abenteuer werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Dafür war die Anstrengung zu heftig. Es war wohl auch das einzige Mal in meinem Leben, dass ich mich während des Aufstiegs gefragt habe, warum ich mir das antue. Natürlich war ich dann Tage später doch stolz auf diese Leistung. Auch hilft mir diese Erfahrung immer wieder, mich bei anderen Herausforderungen durchzubeißen, wie bei meiner Wanderung durch die nördliche Halbwüste Namibias.
Meine Gedanken werden unterbrochen, als wir nach etwa zwei Stunden die geteerte Straße verlassen und unser Wagen über eine staubige Piste holpert. Weit und breit ist nur struppiges Grasland zu sehen. Auf dem letzten Stück bis zur neu erbauten Siedlung Kaputiei Town werden wir von einer Staubwolke umhüllt. Bald sehe ich die erste Häuserfront. Backsteinhaus reiht sich an Backsteinhaus, alle mit schönen Ziegeldächern versehen.
Als ich aus dem Auto steige, bläst ein kräftiger, warmer Wind. Wir werden schon von einigen Frauen erwartet, die uns alle gleich umarmen, während sie sich vorstellen. Ein großer Massai-Mann begrüßt uns ebenfalls. Es ist schwer, alles zu verstehen, da der Wind die Worte ins weite Land weht und ich mein Ohr dem erzählenden Mzee, wie hier die älteren Respektspersonen genannt werden, nicht direkt vors Gesicht halten kann. Soviel ich erahne, ist er so etwas wie das Oberhaupt. Er trägt einen grauen Anzug, und ein grüner Hut umrahmt sein edles und schönes Gesicht. Seine Augen mustern mich ruhig und interessiert, während er mit seinem Stock in verschiedene Richtungen zeigt. Dabei erklärt er: »Dort wird einmal die Verwaltung stehen, weiter oben ist das Bohrloch für das Wasser und dort hinten befindet sich die Primarschule.« Nach einer kurzen Pause fährt er fort: »Es leben bereits 150 Familien hier, insgesamt etwa 600 Menschen. Wenn alle Häuser und die ganze Infrastruktur fertig sind, sollen hier 2.000 Familien wohnen.« Während seiner Ausführungen begrüßt mich eine Massai-Frau. Sie trägt den schönen traditionellen Halsschmuck und einige Armreifen sowie ein buntes Tuch über ihren Schultern. Die anwesenden Frauen hören aufmerksam zu und es herrscht eine angenehme Stimmung. Hier stammen alle aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen und leben wie eine große Familie zusammen. Für die Bewohner scheint es eine willkommene Abwechslung zu sein, wenn Fremde sich für ihre Gemeinde interessieren, da sie offensichtlich sehr stolz sind, hier sein zu dürfen.
Ich erfahre, dass sie gewisse Kriterien erfüllen müssen, bevor sie für ein Haus berücksichtigt werden können. Alle müssen aus den Slums kommen und in der Lage sein, die Kredite mit ihrem Einkommen zurückzuzahlen. Außerdem müssen sie erst etwas Eigenkapital ansparen. Ein Dreizimmer-Haus mit Toilette plus Dusche, fließend Wasser und einigen Stunden Strom am Tag kostet unmöbliert 150.000 Schilling, also ungefähr 1.500 Euro. Das ist zwar sehr günstig, aber für diese Menschen bedeutet es, diszipliniert zu sparen. Für den Kredit werden auch geringe Zinsen erhoben und er sollte nach 10 bis 15 Jahren abbezahlt sein. Wenn ich mich an
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