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Afrika Quer (German Edition)

Afrika Quer (German Edition)

Titel: Afrika Quer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Boehm
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von Kaffeefeldern, von der Seidenwurmaufzucht und Faserplantagen. Zwischendurch war er auch einmal Abteilungsdirektor der staatlichen nigerianischen Fluggesellschaft, aber bevor er 1995 seinem Vater als Emir nachfolgte, auch Chef seiner eigenen Straßenbaufirma.
    Ich konnte mir die Antwort auf meine Frage schon denken. In Afrika zieht eigentlich jeder eine staatliche Stelle der Selbstständigkeit vor. Aber immerhin schien er Erfolg als Geschäftsmann gehabt zu haben, und deshalb fragte ich ihn, ob es ihm vor sechs Jahren überhaupt reizvoll erschien, Emir von Dutse zu werden.
    Er erwiderte exakt dieselben Worten wie später auch der traditionelle Heiler Sana Tembini im malischen Mopti: „In unserer Tradition will jeder die Nachfolge seines Vaters antreten.“
    Finanziell dürfte ihm der Beruf des traditionellen Herrschers außerdem keine Nachteile eingebracht haben. Der Emir von Dutse hat mehr als 100 Hofbeamte, Berater, Zeremonienmeister, Fahrer, Leibwachen, Pferdeknechte, Köche und rund 200 Angestellte seines Sicherheitsapparates in den Landkreisen und Dörfern.
    Das Emirat Dutse hat etwas mehr als eine Million Untertanen, erstreckt sich über ein Drittel der Fläche des Jigawa-Bundeslandes und reicht fast bis an die nigrische Grenze. All diese Angestellten bezahlt der Emir aus den Zuwendungen der Gemeindeverwaltungen in seinem Emirat. Alle liefern fünf Prozent ihrer Einkünfte an ihn ab.
    Dass dieser äußerst sanft wirkende Mann jedoch noch eine andere, dunklere Seite hatte, dass er der oberste Polizist seines Emirates war, fand ich anfangs vorstellbar.
    Mir gegenüber hatte sich der Emir würdevoll, aber völlig unprätentiös gegeben. Er ist sechsundfünfzig Jahre alt, auf mich wirkte er jedoch viel jünger. Während sich seine Höflinge in leuchtend roten Turbanen und grün-roten Boubous zu ihrem Dienstantritt vor ihm niederknieten und in langen, formelhaften Sätzen ihre Loyalität bekundeten, war es mir nicht vorgekommen, als redete ich mit einem Herrscher, sondern eher mit einem fremden Mann, dem ich zufällig in einem Zugabteil gegenüber saß und sofort sympathisch fand. Ich sprach den Emir nicht mit Königliche Hoheit an, wie es sich gehört hätte. Und er beantworte meine Fragen in geschliffenem Englisch und jenem getragenen Ton, den ein Amt wie seines wohl wie eine zweite Natur mit sich bringt. Aber es gab kein Thema, dem er ausgewichen, keine Frage, die er nicht beantwortet hätte. Ich führte ein ganz normales Interview.
    Dennoch hatte der Emir für mich etwas der Wirklichkeit enthobenes, eine unirdische Sanftheit ausgestrahlt. Deshalb wunderte ich mich nun so über den Mann, der mir gegenüber saß und auf einmal ganz irden über die wöchentlichen Polizeiberichte aus seinen Landkreisen sagte: „Es gibt so viele Dinge, die wir wissen wollen. Sind neue Leute in die Region gezogen? Wer sind sie? Was wollen sie? Was machen sie hier?“
    Aber dann, wusste ich natürlich auch, haben für Afrikaner diese Fragen selten etwas ungehöriges, weil es hier kaum so etwas wie eine Privatsphäre gibt, und man sie deshalb auch nicht verletzen kann.
    Der Emir sagte, dass die von ihm eingesetzten Beamten die Aufgabe hätten, Gefahren schon im Vorfeld zu erkennen, Verdächtige zu finden und im Notfall auch bei Konflikten zu vermitteln.
    Die Bedeutung seines Sicherheitsapparates hat er bestimmt nicht übertrieben. Zwar wäre natürlich eigentlich die Bundespolizei für diese Aufgaben zuständig, aber wie das ganze Land sind die nigerianischen Ordnungshüter besonders notorisch für ihre Korruption.
    Und wer schon einmal auf einem afrikanischen Polizeirevier war, weiß ohnehin, dass afrikanischen Polizisten fast nie ihre Aufgaben erledigen. Dass man Benzin für ihre Dienstfahrzeuge mitbringen muss, ist das mindeste. Und dass man einen kleinen Beitrag in die Mannschaftskasse zahlt, immer zu empfehlen.
    Der Emir sagte nur und meinte es wahrscheinlich noch nicht einmal ironisch: „Die Polizisten sind bei uns ortsfremd, deshalb können unsere Leute die Arbeit viel besser erledigen.“
    Nach einer Stunde war es Zeit für den Emir, sich anderen Aufgaben zuzuwenden. In einem Konvoi von fünf Autos und einem Polizeiwagen mit Blaulicht vorneweg besuchte er wie jeden Morgen eine von ihm protegierte Schule. Sie sei besonders gut ausgerüstet, habe Computer schon für die jüngsten Schüler, erzählte er stolz.
    Und während er in einem großen, schwarzen Mercedes mit dem Nummernschuld „EMIR OF DUTSE“ und einem Stander auf

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