Afrika Saga 02 - Feuerwind
aufgebrachtes Schnattern und drehte sich um. Hinter zwei aufeinander gestapelten Stühlen, unter einem Schopf weißer Haare hervorschielend, starrten sie blutunterlaufene Augen an.
Ihr wurde der Mund trocken. Ihr Gewehr stand im Schlafzimmer. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie, was sie vor sich hatte. Einen Pavian.
Der Affe war beunruhigend groß, sein Gesichtsausdruck bösartig und sein Gebiss, das er ihr entgegen bleckte, Furcht erregend. Sein Fell sträubte sich, er zog die Schultern hoch und machte einen Satz auf sie zu. Catherine sprang rückwärts, schlug mit dem Rücken gegen das Mauerwerk und schrie auf. Der Affe antwortete mit wütendem Kreischen. Jetzt erst bemerkte sie das Blut, das aus einem tiefen Schnitt über seinem Handgelenk strömte. Sein Kopffell hatte er sich mit der noch nassen, weißen Wandfarbe verschmiert.
Er gehörte zu einer Herde Paviane, die im Busch am Haus wohnte und sie mit ihrem Schabernack ständig zum Narren hielt. Erst kürzlich war sie während einer mondhellen Nacht von einem Höllenlärm aus dem Bett gejagt worden. Mit mulmigem Gefühl im Magen hatte sie daran gedacht, dass sie einige Tage zuvor die Überreste einer Antilope in der Astgabel des großen Feigenbaums entdeckt hatte, der in Sichtweite des Lobster Potts in der Nähe eines sumpfigen Tümpels wuchs. Ein sicheres Anzeichen, dass ein Leopard in der Umgebung lebte.
Eben jenen Leoparden vermutend, der nun offenbar versuchte, in den Hühnerstall einzudringen, war sie mit rasendem Puls hinausgerannt, das Gewehr im Anschlag, bereit, ihr Leben und das ihres Federviehs gegen die Raubkatze zu verteidigen. Doch statt des Raubtiers sah sie sich einer Gruppe halbwüchsiger Pavianmännchen gegenüber, die wie ungezogene Jungs durch den dicht belaubten Feigenbaum tobten, kreischend vor Vergnügen geklaute Hühnereier auf das Blechdach des Stalls warfen und sich an dem Knall, dem anschließenden Zerplatzen der Eier und dem empörten Gegacker der Hennen lautstark ergötzten. Und dieser Affe, es war ein Männchen, wie sie mit schnellem Blick feststellte, war einer von ihnen. Das bewies ein Riss in seinem Ohr.
Das Tier streckte seinen Unterkiefer vor und presste ein hohes Wimmern heraus. Im Nu war Catherines Zorn verflogen. Vermutlich hatte das Affenmännchen in der Fensterscheibe sein eigenes Spiegelbild entdeckt, es als Rivalen angesehen und hatte sich verteidigt. Ohne an die Gefahr zu denken - nicht umsonst nimmt sogar ein Leopard vor einer Herde rabiater Paviane Reißaus ging sie in die Hocke, streckte ihre Hand aus und begann, das Tier mit sanften, gurrenden Tönen zu locken. Der Affe bleckte noch einmal seine Zähne, wandte seinen Kopf zur Seite, schnatterte schrill und kratzte sich am Kinn. Er war sichtlich irritiert.
»Komm«, flüsterte Catherine, »komm schon, ich tu dir nichts, aber du wirst sterben, wenn ich dir nicht helfe.« Sie schnalzte sanft mit der Zunge, der Pavian jammerte leise.
Es dauerte eine gute halbe Stunde, ehe sich das Tier so weit vorwagte, dass sie es berühren konnte, und weitere fünfzehn Minuten, ehe es ihr gestattete, die Wunde anzuschauen. Catherine war betroffen. Der Schnitt sah übel aus. Eigentlich musste er verbunden werden, und natürlich kannte sie jede Menge Mittelchen und Kräuter, die sie ihm auf die Wunde schmieren könnte, aber der Affe würde vermutlich keine zwei Minuten brauchen, um einen Verband zu lösen.
Sie kaute auf ihrer Unterlippe, wünschte, sie hätte Karbolsäure im Haus, wie sie Ma Cullen in großen Mengen in ihrem Hospital verwendete.
Cognac, dachte sie, schon ihr Vater hatte auf ihren Schiffsreisen mangels anderer Mittel an Bord kleinere Wunden mit Cognac benetzt und meinte, sie würden dann nicht so leicht mit den Fäulnisbakterien befallen werden, die sich angeblich überall in der Luft befanden und nur darauf warteten, sich in Wunden einzunisten. Die Blutlache zu Füßen des Affen vergrößerte sich, er sackte sichtlich in sich zusammen. Irgendwie musste sie die Blutung stoppen. Langsam erhob sie sich, zog sich zur Tür zurück und rannte ins Schlafzimmer, wo ein paar Flaschen Wein und auch eine halb leere Cognacflasche und Vorräte ihrer Kräutermedizinen lagerten. Sie klemmte sich die Cognacflasche unter den Arm und wählte den irdenen Topf mit zerstoßener Umsinsiborke, der sie noch einige Kräuter und Honig beigemischt hatte. Ein hervorragendes Mittel gegen Wundbrand, wie sie herausgefunden hatte. Im Hinausgehen fiel ihr Blick auf ihr Nähzeug. Warum
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