Afrika Saga 02 - Feuerwind
Oktave.
»Erzähle ich dir gleich, jetzt lass uns erst deinen Patienten wegbringen. Wenn der aufwacht, wird er einen dicken Kopf haben und äußerst schlecht gelaunt sein. Dann möchte ich ihm nicht in die Quere kommen.«
Es war ein vernünftiger Vorschlag. Catherine packte den Affen unter den Achseln. »Du nimmst die Füße«, befahl sie, und gemeinsam mit ihrer Tochter schleppte sie den betrunken lallenden Pavian in den Schatten, und sie legten ihn ab. Schwer atmend standen sich die beiden Frauen gegenüber, keine sagte ein Wort, sie tasteten sich gegenseitig mit den Augen ab. Langsam streckte Catherine ihre Hand aus und berührte ganz sachte Marias Wange mit den Fingerspitzen, als fürchtete sie, sie würde sich als ein Trugbild herausstellen und wie Nebel auflösen. Ihre Hand glitt über die Wange zu den Schultern und über den Rücken ihrer Tochter, der gerade und steif war, als hätte sie einen Stock verschluckt.
»Kleines.« Sie presste Maria an sich, streichelte ihr Gesicht, hielt sie fest, bis sich die Muskeln unter ihrem Streicheln entspannten und sie die Arme ihrer Tochter um sich spürte.
»Ich bin so froh, ich bin so froh«, flüsterte Maria. »Mama, ich bin so froh.« Sie löste sich, trat einen Schritt zurück und nahm die Hand des jungen Mannes und holte tief Luft. »Mama, darf ich dir meinen Mann, Leon Mellinghoff, vorstellen?«, strahlte sie.
Die Stille, die ihren Worten folgte, war von der Art, wie sie auf eine Explosion folgt. Catherines Ohren dröhnten, alle Geräusche schienen sich zu entfernen, und für Sekunden spürte sie ihren Körper nicht mehr, als triebe sie gestalt- und gewichtslos mit der Brise hinaus aufs Meer.
»Mama?«
Erst als Maria sie berührte, kehrte sie zurück in die Wirklichkeit.
»Was hast du gesagt, ich habe das nicht verstanden.« Ich kann das unmöglich richtig verstanden haben! Sie merkte, dass sie am ganzen Körper zitterte, bis ins Zentrum ihres Seins.
»Wir haben geheiratet, der Kapitän des Schiffs hat uns getraut…«
Bevor Catherine reagieren konnte, trat der junge Mann zu ihr, nahm ihre Hand, küsste sie und richtete diese unglaublich blauen Augen auf sie. »Gnädige Frau, ich bitte Sie nachträglich um die Hand Ihrer Tochter.«
Mein Gott, muss ich stinken, nach Pavian und Cognac und weiß der Himmel, nach was sonst noch, war alles, was ihr durch den Kopf ging.
Es war höchst selten, dass Catherine um Worte verlegen war, aber jetzt hatte es ihr restlos die Sprache verschlagen. »Aber … wieso seid ihr … wer sind Sie …«, stotterte sie endlich.
»Mama, bitte hör mir zu.« Maria ergriff ihre beiden Hände. »Es ist eine lange Geschichte, und die werde ich dir in Ruhe nachher erzählen. Du musst nur wissen, dass wir rechtmäßig als Mann und Frau leben. Wir haben uns vom Kapitän trauen lassen und den Segen der Kirche von einem Pfarrer empfangen, der an Bord war, ehe wir … damit uns keiner voreheliche Unzucht vorwerfen kann …«
Catherine zuckte bei diesem Wort heftig zusammen, wollte etwas sagen, machte aber dann nur eine schwache Handbewegung, die Maria bedeutete, fortzufahren.
»Mama, wir sind Mann und Frau. Hast du mich verstanden?«
Jetzt erreichte sie ihre Mutter. »Was ist passiert?«, fuhr Catherine sie heftig an. »Was ist passiert, mein Kind, dass du deinem Vater und mir keine Nachricht schicken konntest? Was ist passiert, dass du auf diese Art … dass ihr …« Mit einer hilflosen Handbewegung verstummte sie, vermochte nicht das Wort ›Heirat‹ in den Mund zu nehmen. »Warum haben wir so lange nichts von dir gehört? Warum?«
Maria zögerte nur einen winzigen Augenblick, dachte zurück an den Weg, den sie bisher gegangen war, dann fasste sie sich ein Herz.
»Alles fing mit Bartholomew an«, begann sie.
»Bartholomew.« Ihre Mutter fixierte sie mit einem Blick, in dem ihre ganze Qual, so lange nichts von ihrer Tochter gehört zu haben, ihre Erleichterung, sie gesund zu sehen, aber auch Verständnislosigkeit und Schmerz lagen. Wie zur Abwehr hob sie die Hand. »Wieder ein Name, der mir unbekannt ist, der aber, so scheint's, zu deinem Leben gehört. Wer ist Bartholomew?«
Maria studierte ihre Schuhspitzen, sie brachte es nicht fertig, dem anklagenden Blick ihrer Mutter zu begegnen. »Er ist tot…« Sie verstummte.
Catherine wartete, ob sie weiterreden würde, aber Maria schien die Worte nicht herauszubekommen. Sie stand da, starrte auf ihre Schuhspitzen und malte Muster in den Sand.
»Nun gut, deine Antwort wird
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