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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Lorgnon vor die Augen und las einen Absatz durch. »Ich möchte dir etwas vorlesen. Es ist Tim Robertsons neuer Leitartikel. Er sagt, dass Lord Chelmsford und Bartie Frère, unser Hochkommissar, schon lange nach einem Grund suchen, um in Zululand einmarschieren zu können. Sie brauchen nur noch einen Funken, um die Lunte zu zünden, wobei die meisten Leute die Meinung vertreten, dass der Vorfall mit Sihayo ka Xongo Anlass genug wäre, schreibt Tim.« Sie spähte über den Rand der Zeitung zu Lilly hinüber. »Davon hast du sicher auch gehört? Die Frauen, die ihren Männern untreu waren und nach Natal geflohen sind? Gut, ich sehe, du weißt, wovon ich rede. Wenn das also schon genügen würde, um einen Krieg zu beginnen, was würde passieren, wenn Cetshwayo einen Weißen, noch dazu einen so angesehenen wie Stefan Steinach, töten lässt? Mir scheint das genau das Ereignis zu sein, was das Pulverfass Natal zum Explodieren bringen wird. Jeder Mann, der eine Waffe hat, wird nach dem Blut Cetshwayos schreien. Das gibt ein Gemetzel!«
    Die beiden Frauen sahen sich entgeistert an.
    »Ich begreife einfach nicht, was Andrew davon hätte, wenn wir gegen die Zulus in den Krieg ziehen«, murmelte die alte Dame nach einer Weile. »Wo läge sein Vorteil?«
    »Wenn er denn wirklich dahinter steckt, das wissen wir ja gar nicht«, verteidigte Lilly ihren Mann, gleichzeitig aber dröhnten ihr seine Worte im Ohr: »Lord Sinclair und Lady Sinclair. Wie würde dir das gefallen?« Je mehr sie darüber nachgrübelte, desto rätselhafter erschien ihr die ganze Sache. Sie verzog ihr Gesicht. Ihr Mitbewohner hatte erneut einen Bauchkrampf ausgelöst. Während sie versuchte, ihn wegzureiben, verwünschte sie ihren Einfall, auf diese Weise schlank zu werden. Hätte sie geahnt, was dieser verwünschte Wurm in ihr anrichten würde — Leibschmerzen und diese unaussprechlichen, mehlweißen, sich ringelnden Scheußlichkeiten, die immer häufiger aus ihr herauskrochen - hätte sie sich die Sache noch einmal überlegt. Sie schüttelte sich, zwang ihre Gedanken zurück zu ihrem Mann.
    Lord Sinclair. Diesen Titel konnte man nicht kaufen, den musste man sich verdienen. Für welche Tat erhoffte er sich einen solch hohen Lohn? Wofür verlieh die Königin einen Titel? Für Verdienste um das Empire, nichts weniger.
    »Wir stehen vor einem Krieg«, murmelte Mila. Sie starrte auf die Zeitung. »Jetzt wird mir das wirkliche Motiv dieser Kriegshetzer klar.
    Sie wollen sich Zululand unter den Nagel reißen, dieses herrliche, grüne Paradies, und es dem britischen Empire einverleiben …« Ihre Stimme wurde dünn vor Schmerz.
    Lilly war es, als hätte ihr jemand mit Schwung in den Bauch getreten. Lord Sinclair! Wenn Andrew es schaffen würde, Zululand für die britische Krone zu erobern, würde ihm die Königin sicherlich diesen Titel verleihen. Sie umklammerte die Lehne ihres Korbsessels.
    Lulamani. Stefan. Die Gewehre. Ihre Gedanken liefen Amok. Lulamani tot, Stefan übt Rache, Cetshwayo lässt Stefan töten, die Briten greifen an, die Zulus haben nutzlose Gewehre, würden bei einem Angriff dem Feuer der britischen Soldaten schutzlos ausgeliefert sein. Ihr Herz hämmerte. Könnte Andrew so perfide handeln? Gleichzeitig mit der Erkenntnis, dass das durchaus im Charakter ihres Mannes wäre, schlug eine Welle von Enttäuschung über ihr zusammen.
    Ihr Verdacht, dass Andrew ihr gegenüber nicht aus Fürsorge gehandelt hatte, sondern aus Eigennutz, verdichtete sich. Er brauchte sie, weil ein geschiedener Mann in der hauchdünnen Oberschicht ihrer kolonialen Gesellschaft nichts werden konnte. Nur eine Hand voll Familien durfte sich dazu zählen, und die Frauen bestimmten im Hintergrund, wer zu ihrem exklusiven Kreis zugelassen wurde und wer nicht. Ihre Familie, die Kappenhofers, gehörten von Anfang an dazu. Würde Andrew sie verlassen, wäre seine Karriere in Natal zu Ende. Dafür brauchte er sie.
    Das junge Mädchen in ihr, die lebenslustige, sprühende Lilly, die sie einmal gewesen war, die sich in Andrew Sinclair verliebt hatte, diesen schneidigen, gut aussehenden Mann mit dem Charme und Temperament eines Südländers, den Mann, der mit Worten Schlösser bauen und Träume malen konnte, diese Lilly weinte hemmungslos.
    Aber Mila merkte nichts davon, niemand merkte es je, denn es flössen keine Tränen, und ihr Gesicht blieb dabei unbewegt. Darin hatte sie viel Übung.
    »Möchtest du noch Tee?«
    Lilly tauchte aus den kalten Tiefen ihrer Gedanken auf. »Ja, bitte

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