Afrika Saga 02 - Feuerwind
abgewaschen hatten und sich Catherine insgeheim über Leons weiche Hände amüsiert hatte, die offensichtlich noch nie ein schwereres Werkzeug als einen Stift gehalten hatten, fielen sie todmüde in die Kissen.
Maria öffnete die vielen kleinen Knöpfe ihres Oberteils und legte sich, nur mit einem Unterhemdchen bekleidet, aufs Bett. »Meine Güte, ist das herrlich heiß. In Deutschland ist es jetzt so kalt, dass einem die Haut schmerzt.« Sie schaute aus dem Fenster, dessen Ausschnitt ein Bild von wilder Schönheit rahmte. Vorn wippte ein Wedel der Palme, die vor der Veranda wuchs, die riesigen Blätter einer wilden Banane standen wie ein Scherenschnitt vor der Kulisse der schäumenden Brandung, die langsam im Nachtdunst versank. Sie seufzte und beobachtete entzückt einen kleinen Gecko, der über dem Fenster kopfüber die grob verputzte Wand herunterlief und Mücken fing. All die vertrauten Sachen erschienen ihr neu und wunderbar.
»Wir sind im Übrigen am Sinclair-Haus vorbeigeritten und haben Lilly gesehen, gesprochen haben wir sie nicht.«
Catherine nickte. »Sie wird geglaubt haben, dass sie so etwas wie weiße Mäuse sieht, denn eigentlich bist du ja noch in Deutschland.
Aber vielleicht hört sie dann endlich auf zu trinken. Es ist tragisch mit ihr. Der Alkohol hat sie aufgehen lassen wie ein Hefekloß, nun hat sie einen Bandwurm geschluckt, um dünner zu werden.«
»Sie schien sich auf eine längere Reise zu begeben, denn einige ihrer Zulus waren dabei, einige Packpferde zu beladen. Sah aus, als wollte sie in den Busch reiten.«
Catherine schüttelte kategorisch den Kopf. »Lilly? Niemals. Lilly hasst jede Form von Bewegung. Außerdem ist Andrew im Busch. Es ist Jahre her, dass sie mit ihm auf Jagd gegangen ist. Du musst dich getäuscht haben.« Sie begann ihr Haar mit kräftigen Strichen zu bürsten.
Maria zuckte mit den Schultern. »Vielleicht habe ich mich geirrt.
Aber ich glaube schon, dass es Lilly war.«
Catherine legte ihre Bürste beiseite, nahm ihr Haar im Nacken zusammen und schlang ein Band darum. »Jetzt möchte ich nur noch wissen, warum wir Bartholomew nie kennen gelernt haben.
Schließlich schickt es sich, dass du einen Mann, den du liebst, deinen Eltern präsentierst.«
Maria setzte sich auf und lief flammend rot an, wollte etwas sagen, biss sich auf die Lippen, schluckte. Schwieg. Dann stand sie auf und ging ans Fenster, drehte ihrer Mutter dabei den Rücken zu.
Draußen war es jetzt stockdunkel, und alles, was Maria im Schein der Petroleumlampe, die auf einem Tisch stand, erblickte, war ihr eigenes Spiegelbild und das ihrer Mutter, die sich jetzt umwandte und sie befremdet musterte.
»Maria!«
Maria ballte die Fäuste, schloss kurz die Augen, dann ging ein Ruck durch ihren schlanken Körper, sie drehte sich um und sah ihrer Mutter in die Augen. »Er war kein Europäer.«
»Ja, und?«, fragte Catherine sichtlich befremdet.
»O, verstehst du denn nicht, Mama, er war nicht weiß! Seine Mutter war eine Kap-Malayin, ihr Großvater war Franzose, ihre Großmutter war halb Äthiopierin und halb Malayin vom Kap, ein betrunkener Bure machte ihrer Tochter ein Kind, und das war Bartholomew.«
»Warum glaubst du, dass wir ihn abgelehnt hätten? War er gewalttätig und hat dich geschlagen? War er ein Dieb?«
»Nein, natürlich nicht! Er war ein wunderbarer Mann, er hat nie einem Lebewesen etwas zuleide getan …!« Ihre Stimme versagte.
»Dann hätten wir ihn mit offenen Armen willkommen geheißen«, sagte Catherine fest und schämte sich abgrundtief, ihre Tochter so zu belügen, aber sie tat es bewusst und nur, damit Maria es leichter hatte, über ihren toten Freund zu reden, sich nicht mehr zu verstecken brauchte. Es würde keine Konsequenzen mehr nach sich ziehen.
Bartholomew gab es nicht mehr. Sie war sich sicher, dass sie den Menschen Bartholomew genauso in ihr Herz geschlossen hätte, wie Maria es tat. Aber als Schwiegersohn? Sie dachte an Lulamani, an Kinder, die nicht weiß und nicht braun waren und nirgends hingehörten, und ein zentnerschweres Gewicht legte sich auf ihr Herz.
Aber als sie sich Maria zuwandte, war ihr nichts anzumerken.
Mit leuchtenden Augen küsste sie ihrer Mutter zärtlich die Wange.
»Danke, Mama, danke.« Sie ließ sich wieder aufs Bett fallen. Einen Augenblick war nur das Rauschen des Meeres zu hören.
Beide Frauen hingen ihren Gedanken nach.
»Ich habe noch gar nicht nach Stefan gefragt«, bemerkte Maria nach einer Weile. »Wo ist er? Ich wünschte,
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