Afrika Saga 02 - Feuerwind
er wäre hier.«
»Vor einigen Wochen tauchte er überraschend hier auf, musste aber gleich wieder fort, weil er eine Safari angenommen hatte.«
Plötzlich hätte sie ihr gern von Benita Willington erzählt und ihrer absurden Hoffnung, aber dazu war jetzt nicht die richtige Zeit. Nicht, nachdem ihr Maria von Bartholomew erzählt hatte. Irgendwann später vielleicht, wenn es dann überhaupt noch von Belang war. Schließlich war Stefan verheiratet, und er und das Fräulein Willington hatten sich nur einmal gesehen, und die Wahrscheinlichkeit, dass das wieder geschehen würde, besonders in diesen unsicheren Zeiten, war nicht sehr groß. So lehnte sie sich hinüber und küsste ihre Tochter auf die Wange. »Schlaf gut, mein Kind.«
»Geht es Stefan gut? Ich vermisse ihn sehr.« Marias Stimme wurde schläfrig.
»Es geht ihm prächtig.«
Zufrieden seufzend drehte sich Maria auf die Seite.
Catherine konnte nicht gleich einschlafen, zu sehr kreisten ihre Gedanken um den drohenden Krieg und ihre ungewisse Zukunft.
Irgendwann tief in der Nacht schwamm sie mit dem Gedankenstrom fort, dachte noch einmal an Stefan und verlor sich in ihren Träumen.
Drei Zimmer weiter lag Leon auf der harten Matratze, sah dem Mondstrahl zu, der durchs Zimmer wanderte, lauschte dem Donnern der Brandung und dem zarten Kichern der Geckos und dachte über seine Schwiegermutter nach, die einen wilden Affen wie einen Menschen behandelte und ebenso selbstverständlich mit einem Gewehr hantierte wie mit dem Kochlöffel. Er sah seine eigene Mutter vor sich und fühlte zum ersten Mal Mitleid mit ihr, auch wenn er sich nicht erklären konnte warum. Er beschloss, ihr bald zu schreiben.
23
Es bereitete Stefan keine Mühe, den König aufzuspüren. Die Jagdgesellschaft Cetshwayos hatte keinerlei Anlass, ihre Anwesenheit zu verschleiern, und so konnte Stefan ihren Spuren, die so breit und auffällig waren wie die einer sorglosen Elefantenherde mit größter Leichtigkeit folgen. Mangaliso hatte ihn schon als Kind in den Busch mitgenommen und Spuren lesen gelehrt. Heute war er so gut wie sein bester Spurenleser, er konnte aus den kleinsten Zeichen am Wegesrand eine Geschichte lesen.
Am dritten Tag hörte er in der Nähe von Kwabulawayo, der ehemaligen Residenz König Shakas, das hohe Schreien der Treiber und die dumpfen Schläge der Pangas auf den Schilden, mit denen sie die Elefanten zusammentrieben. Cetshwayos Lager musste unmittelbar vor ihm liegen. Da es sicher war, dass der König Wachposten im Busch verteilt hatte, saß er ab und ging langsam zu Fuß weiter. Seine Pferde waren die Jagd gewohnt. Sie setzten ihre Hufe fast lautlos, kein Schnauben verriet sie. Das Gelände war felsig, mit dichtem Busch überwuchert. Den ersten und den zweiten Kreis der Wachen passierte er unbemerkt. Es dauerte länger, als ihm lieb war, aber er schaffte es.
Endlich erreichte er eine Felsnase, schob sich langsam auf dem Bauch so weit vor, dass er über die Kante hinuntersehen konnte. Der Felsen, auf dem er lag, ragte im Rücken von Cetshwayos Jagdlager auf, der Abhang fiel scharf unter ihm ab. König Cetshwayo und sein Gefolge lagerten an einem kleinen See. Stefans Augen waren scharf genug, um den König zu erkennen, der auf seinem geschnitzten Stuhl in der Mitte seiner Jäger saß. Er ließ seine Augen weiter wandern. Die Jagd musste bereits erfolgreich gewesen sein. Die Häuter waren mit mehreren riesigen Kadavern beschäftigt, und die ersten Feuer brannten, in denen Elefantenfüße rösteten.
Rasch suchte er die Wächter in der wimmelnden Menge der Zulus und entdeckte sie schnell. Sie waren in mehreren, immer weiter entfernten Kreisen aufgestellt. Es gab einen inneren Kreis der königlichen Leibwächter in unmittelbarer Nähe des Königs und mindestens drei weitere, die bis zu einer halben Meile entfernt das Lager absicherten. Cetshwayo saß in ihrer Mitte wie eine Spinne im Netz.
Zwei äußere Kreise mit Wächtern hatte Stefan hinter sich gelassen.
Sein verrücktes Vorhaben, einfach mit seinem Fluggerät wie ein Geier mitten hineinzuschweben, erschien ihm jetzt nicht mehr so verrückt.
Außerdem rechnete er damit, dass das Überraschungsmoment sein größter Verbündeter sein würde.
Er grinste in sich hinein. Vielleicht genügte ja schon der Anblick, wie er halb nackt, nur mit umgeschnallter Pistole als urweltlicher, geflügelter Dinosaurier unbeholfen vom Himmel herabschwebte, um Cetshwayo zu Tode zu erschrecken. Er verdrängte die Vorstellung, dass er,
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