After Moonrise (German Edition)
Kühlschrank, holte eine Dose Sprite heraus, öffnete sie und reichte sie Lauren. „Das hilft. Spülen Sie sich den Mund aus und trinken Sie dann langsam ein paar Schlucke.“
Lauren griff nicht nach der Dose. Sie stand einfach an der Spüle, wischte sich immer und immer wieder den Mund ab und starrte leer aus dem Küchenfenster hinaus auf Raefs Garten.
„Lauren?“
Sie blinzelte nicht einmal. Er riss ihr das Papiertuch aus der Hand und warf es in die Spüle, dann packte er sie an den Schultern und drehte sie um, bis sie ihn ansah.
„In Ordnung. Das reicht jetzt. Kommen Sie zurück.“
Sie starrte einfach weiter geradeaus auf sein Schlüsselbein. Bisher hatte er gar nicht gemerkt, wie klein sie war – fast schon zierlich. Und ihre scharfen graublauen Augen starrten immer noch ins Leere. Raef schüttelte sie an den Schultern. Nicht zu grob, doch fest genug, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Körper zu richten. Mit möglichst tiefer, emotionsloser Stimme wiederholte er: „Ich sagte, das reicht. Kommen Sie zurück, Lauren! “
Als hätte er einen Schalter umgelegt, kehrte das Leben in ihre Augen zurück. Lauren blinzelte und sah zu ihm hoch. „Raef? Was …“ Sie fing an, am ganzen Körper zu zittern, und weil er vollkommen überfordert von der Situation war, tat er das Einzige, was ihm einfiel – er umarmte sie fest.
Sie verbarg ihr Gesicht an seiner Brust und bebte.
„Hey, ist schon gut. Sie sind wieder da. Es geht Ihnen gut“, sagte er lahm und bemerkte, wie klein sie doch war – wie viel wog sie? Vielleicht fünfzig Kilo?
„Es wird immer schlimmer“, sagte sie an seiner Brust.
„Wo waren Sie? Wohin gehen Sie, wenn das mit Ihnen passiert?“, fragte er.
Sie löste sich aus seiner Umarmung, trat zurück und sah ihn überrascht an. „Meine Güte, Raef! Ich habe noch nie darüber nachgedacht, wohin ich gehe, nur, was ich empfinde. “ Sie schüttelte den Kopf und ging zurück an den Frühstückstisch, schob ihren halb leer gegessenen Teller zur Seite und setzte sich schwerfällig hin. Mit beiden Händen ergriff sie ihren Kaffeebecher und nahm einen großen Schluck. Raef rückte seinen Stuhl zurecht und setzte sich ebenfalls.
„Beschreiben Sie es mir“, sagte er dann.
Sie sah ihn über den Becherrand hinweg an. „Es ist neblig dort. Und kalt. Nass ist es auch.“
„Nass? Regnet es?“
Lauren schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht. Vielleicht ist es nicht richtig nass, ich fühle mich dort, als würde ich ertrinken“, sagte sie.
„Könnte Teil des spirituellen Aussaugens sein. So wird es wohl von Ihrem Körper und Ihrem Geist interpretiert.“
„Es ist so schwer, irgendetwas Genaues darüber zu sagen, weil alles in Schwarz-Weiß ist, dazu noch neblig und verschwommen, wie in den alten Stummfilmen. “ Sie kniff nachdenklich die Augen zusammen. „Im Grunde ist es einem Stummfilm sogar sehr ähnlich. Die Dinge springen, wie Filmaufnahmen, die stehen bleiben.“
„Ist außer Ihnen noch jemand dort?“
„Ja“, antwortete sie ohne zu zögern, dann fügte sie etwas langsamer hinzu: „Aubrey ist dort, und auch noch andere Menschen. Sie kommen und gehen, nichts als vage Bilder. Ich weiß nur, dass sie alle leiden. Sie leiden Schmerzen. “ Wieder schüttelte Lauren den Kopf. „Ich wusste es die ganze Zeit, ich wollte nur nie darüber nachdenken, weil es so unglaublich schrecklich dort ist. Aber das muss der Ort sein, wo der Mörder die Seelen seiner Opfer festhält.“
„Das Land der Toten“, sagte Raef.
„Was?“
Er schnappte sich das schmale Buch, das Lauren auf die Küchenanrichte gelegt hatte. „Hier steht etwas darüber. Und das ist es, wovon Aubrey spricht, wenn sie zu ihm zurückgerissen wird.“
„Brotkrumen. Sie versucht, uns mit Brotkrumen zu sich zu führen, aber sie werden immer wieder aufgefressen“, sagte Lauren.
„Vielleicht nicht ganz. “ Er stand auf, schenkte ihnen Kaffee nach und holte einen Notizblock und einen Stift. „Also, immer wenn Aubreys Gefühle sich verändern – immer, wenn sie versucht, von ihrem Tod oder ihrem Mörder zu reden –, kann er das spüren und reißt sie fort. Richtig?“
„Richtig. Aber das passiert so schnell, dass sie uns nie richtig etwas mitteilen kann.“
„Trotzdem versucht sie es“, sagte Raef. „Vielleicht sollten wir besser zuhören.“
„Okay, aber das fällt mir nicht gerade leicht, weil ich ihren Schmerz spüre und mit ihr fortgerissen werde. Zumindest ein Teil von mir – der Teil, der mit
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