After Moonrise (German Edition)
gegenwärtiges Problem konzentrieren. ‚Was wäre, wenn‘ sind die grausamsten Worte, die es gibt, wenn du es zulässt.“
Stimmt. Sie schürten die Angst, bewiesen aber nichts und brachten sie auch nicht weiter. Und sie könnten genauso gut falsch sein und ihre Sorgen unbegründet. „Wenn das Gemälde einen Blick in die Zukunft zeigt, warum verpasse ich dann im Hier und Jetzt so viel von meinem Leben? Warum habe ich Blackouts, Lana aber nicht?“
„Vielleicht hat sie welche. Vielleicht hat sie gelogen. Warum will sie nicht, dass du zu After Moonrise hier in Oklahoma City gehst?“
Gelogen … gelogen … Lana könnte sie belogen haben. Sie hatten immer alles miteinander geteilt. Geld, Kleider, Autos, Essen, Sorgen und Schmerz, Freude und Glück. Brutale Ehrlichkeit war stets ihr Motto gewesen.
Sehe ich in diesen Jeans fett aus?
Wie ein Nilpferd .
Was, wenn mein Date mich küssen will?
Will er nicht, so wie du nach Knoblauch stinkst .
„Vielleicht wollte sie nicht, dass ihre Kollegen mitbekommen, wie wahnsinnig ich bin“, sagte Harper. Vielleicht. So viel ‚vielleicht‘ .
Levi legte ihr die Hände auf die Schultern. „Ich bitte einen meiner Freunde, sie aufzuspüren, zu verfolgen, zu überwachen. Wir sorgen dafür, dass sie in Sicherheit ist, ich verspreche es dir.“
Er hatte nicht gesagt „und sie zu verhören“, aber sie hörte die Worte in seinem Tonfall. Wie wenig Harper auch gefiel, wie die Dinge sich entwickelten, ein Verhör war jetzt notwendiger als jemals zuvor. „Danke. Sie ist meine beste Freundin. Ich habe sie lieb, egal was ist, und sie mich genauso. Ich will nicht, dass ihr etwas geschieht.“
„Das wird es nicht.“
Emotionen schnürten Harper die Kehle zu, und ihr Kinn fing an zu beben.
„Was hast du heute vor?“, fragte er.
„Ich will das Gesicht des Mörders malen. “ Sie musste es malen. Sie durfte nicht länger Widerstand leisten.
Allein an ihn zu denken ließ einen Funken des Zorns in ihr aufflackern. Wenn er dem Mädchen auf dem Bild wehgetan hatte – oder es noch vorhatte –, dann hatte er auch anderen Frauen wehgetan, und es würden gewiss noch mehr werden. Man musste ihn aufhalten.
„Okay. In Ordnung. Ich gebe dir ein paar Stunden, aber dann befolgen wir Lanas Rat und fahren nach Tulsa. Wir nehmen dein Bild mit, egal in welchem Zustand es sich befindet, lassen die dort einen Blick darauf werfen und erzählen ihnen, was passiert ist. Ich will wissen, was sie zu sagen haben.“
„O-okay. “ Vielleicht hatten sie auch eine Erklärung für ihre Blackouts. Denn … so wundervoll es auch war zu wissen, dass sie mit ihrem Leiden nicht allein dastand, war es doch gleichzeitig bizarr, dass sie und Levi beide darunter litten und dass die Blackouts bei ihnen beiden zur gleichen Zeit angefangen hatten. „Musst du nicht zur Arbeit?“
In seinen Blick traten Schuldgefühle, die er rasch verbarg. „Heute nicht. Warum fängst du nicht einfach an? Ich mache den Anruf wegen Lana, besorge ein paar Sachen aus meiner Wohnung und komme dann zurück. Ich will nicht, dass du heute allein bist.“
„Okay“, wiederholte sie und sah auf die Notiz hinab. Warum war Lana einfach gegangen, ohne noch einmal mit ihr zu reden? Weglaufen sah ihr nicht ähnlich. Schließlich war Lana noch nie vor einer Herausforderung geflohen, egal welcher. Und wohin war sie verschwunden? Genau wie Harper hatte sie keine Familie. Sie hatten nur einander. Jetzt war sie irgendwo da draußen, allein und verängstigt.
Starke Hände legten sich ihr an die Wangen. „Harper. Sieh mich an.“
Eine Träne lief ihr die Wange hinab, doch sie gehorchte.
„Es wird alles gut. “ Sanft wischte Levi die Träne mit seinem Daumen fort.
„Ich mag diese Unsicherheit nicht. Ich mag es nicht, dass jedes Mal, wenn ich eine Antwort finde, tausend weitere Fragen auftauchen. Und ich hasse es, Angst zu haben.“
Er küsste sie auf die Nasenspitze. „Ich lasse nicht zu, dass dir etwas geschieht. Ich gebe dir mein Wort. “ Er wartete nicht auf ihre Antwort, bat nicht um Erlaubnis, er neigte einfach nur seinen Kopf und eroberte ihren Mund.
Ohne zu zögern schlang sie die Arme um ihn, hielt sich fest und versank Stück für Stück in seinem Kuss. Warfroh über ihn, froh über das hier, war schockiert, wie sehr sie ihn berühren musste und seine Berührung brauchte, aber noch mehr, weil sie keinerlei Panik verspürte. Das hier war echt, und sie brauchte es. Das war genau das, von dem sie bisher nicht gewusst
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