Age 17 - Camy and Rave
erschrocken auf.
»Wieso bist du nicht in der Schule?«, fragte er und ließ sich in den einzigen Sessel fallen. Camy schaltete den Fernseher aus und zog ratlos die Schultern hoch. »Ich kann nirgendwohin. Sie suchen sicherlich nach mir, und wenn Michael mich findet, ist es aus mit mir.«
Ihre Worte klangen so hoffnungslos, wie nur die eines verlorenen Engel klingen konnten, so entmutigt, dass sie Raves Herz berührten. Er stand auf und setzte sich zu ihr auf die Couch. Leicht legte er den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. »Hey, so aussichtslos ist die Lage nicht.«
Doch Camy hörte ihm gar nicht zu. Sie weinte stattdessen hemmungslos. Ihre Schultern bebten, und Rave konnte nicht anders, als sie an seine breite Brust zu ziehen. Tränen, die wie Edelsteine im Licht funkelten, rannen ihr die Wangen hinunter, und Rave fing sie mit seinen Fingern auf.
»Du bist wirklich ein Engel, niemand sonst weint solche Tränen«, flüsterte er fasziniert.
Ein flüchtiges Lächeln huschte über Camys Gesicht. Rave sah sie an und war wie verzaubert. Zum ersten Mal lächelte sie ihn offen an, und er nahm aus den Augenwinkeln wahr, wie die Welt um sie beide herum sich veränderte. Ein Strahlen legte sich über das eben noch düstere Zimmer, als würde es mit Sternenstaub berieselt. Camys strahlte ihn an, in ihren Augen funkelten Tausende Bernsteine, und ihm war, als legte sich ein sanftes Glitzern über ihr dunkles Haar.
»Natürlich bin ich ein Engel, was glaubst du denn? Dass ich dich angelogen habe? Wie habe ich wohl erkannt, was du bist ... hast du etwa getrunken? Du riechst nach Alkohol!« Camy rückte ein Stück von ihm ab und rümpfte die Nase.
Ihr bissiger Ton holte Rave auf den Boden der Tatsachen zurück. Abrupt ließ er sie los und brachte nun seinerseits etwas Abstand zwischen sie beide. Auch wenn ihr Duft nach frischen Äpfeln noch immer sein Gehirn vernebelte, Camys Feindseligkeit machte ihm einmal mehr klar, dass er auf der Hut sein musste. Zwar hatte sie ihre Flügel, und damit auch ihre Kräfte verloren, aber ihr freches Mundwerk schien davon nicht betroffen.
Camy ließ sich erschöpft auf die Couch fallen. »Es tut mir leid«, flüsterte sie leise, »ich wollte dich nicht so anfahren. Aber mein Leben steht auf dem Spiel! Ich werde noch ganz verrückt bei dem Gedanken daran, was passiert, wenn Michael Wind davon bekommt, was mit meinen Flügeln passiert ist.«
»Was genau geschieht denn, wenn er davon erfährt?«
»Ich werde gebannt.« Angsterfüllt starrte sie Rave an. »Das heißt, mir bliebe nur das Leben eines ganz normalen Menschen. Ich altere innerlich zu meinem tatsächlichen Alter, könnte krank werden und würde mit Bestimmtheit irgendwann sterben ... Michael weiß es vermutlich schon.«
»Wie alt bist du denn in Wirklichkeit?«
»Ich bin sechsundachtzig Jahre alt.«
»Also müssen wir die Flügel zurückbekommen, um dein Leben zu retten!«, flüsterte Rave leise. Camy hob den Kopf, den sie kurz zuvor verzweifelt in ihren Händen vergraben hatte, und sah ihm stumm in die Augen.
» Wir ? Warum … warum willst du mir helfen?«
Weil du das schönste Wesen bist, das ich je gesehen habe!, ging es ihm durch den Kopf. Und doch sprach er den Gedanken nicht laut aus. Nein, das war etwas, was er für sich behalten würde, vermutlich für immer. Laut sagte er: »Es sieht so aus, als suchen wir nach der gleichen Person!«
Erschrocken riss Camy die Augen weit auf. »Was? Sag mir sofort, was du herausgefunden hast!«
Rave zog die Schultern hoch. »Ich habe dir bereits alles gesagt, was ich weiß, den Rest müssen wir zusammen herausfinden.«
»Warum bist du hinter diesem Typen her?«
Nervös strich Rave sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. »Das kann ich dir nicht sagen. Aber damit unsere Tarnung nicht auffliegt, sollten wir weiter die Highschool besuchen.« Camy schüttelte den Kopf, und er sah die blanke Angst in ihren Augen. Nur zu gern wollte er ihr helfen, die Flügel wiederzubekommen, doch was er mit Cure zu schaffen hatte, konnte er beim besten Willen nicht preisgeben.
Michael saß allein an einem Tisch in der Cafeteria der Highschool und aß in aller Seelenruhe einen Apfel. Er betrachtete das rege Treiben der Schüler um sich herum. Einigen saßen in großen Gruppen um die Tische und diskutierten lautstark, andere aßen schweigend zu Mittag oder hatten die Nasen tief in ihren Büchern vergraben.
»Entschuldige, ist hier noch frei?«
Eine sanfte Frauenstimme riss ihn
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