Age 17 - Camy and Rave
Psychologie.« Ein Junge mit weißblonden Haaren, der im Kontrast dazu völlig in Schwarz gekleidet war, reichte ihr die Hand.
»Das ist Piper, wir gehen in die gleiche Klasse und jobbt hier«, stellte Michael sie den anderen vor.
»Was darf ich euch bringen?«
»Soda«, riefen alle wie aus dem Mund.
Als Piper kurz darauf das Wasser für alle brachte, nahm Gabriel ihr die Gläser ab und berührte sie leicht am Arm. Sein Blick fiel dabei auf Michael, der ihn aufmerksam beobachtete.
»Ist das nicht komisch?«, lachte Piper in die Runde. »Ihr tragt alle einen Namen der Erzengel!«
Raphaela lachte leise auf. »Ja, wirklich komisch, ist uns noch gar nicht aufgefallen.«
»Zufälle gibt es.« Uriel schüttelte offenbar völlig ungläubig den Kopf.
Das Wasser rann schon gut zwanzig Minuten über seinen Körper, und Raves Haut fing langsam an, sich rot zu verfärben. Allmählich verrauchte seine Wut. Dieses Mädchen brachte ihn um den Verstand! Sie brauchte nur im gleichen Raum zu sein, und schon drehten seine Synapsen völlig durch. Das war wirklich nicht gesund. Sollte sie doch diesem Michael in die Arme laufen! Ihm war es egal. Wenn sie seine Hilfe nicht wollte, dann eben nicht. Grummelnd stellte er das Wasser ab, rubbelte sein Haar trocken und schlang sich ein Handtuch um die Hüften.
Zurück im Schlafzimmer, wühlte er in seinem Schrank nach einer frisch gewaschenen Jeans. Schwarz musste sie natürlich sein, wie seine gesamte Kleidung, dazu wählte er ein leicht glänzendes Seidenhemd. Um einen Club zu besuchen, musste schon etwas Eleganteres herhalten.
»Du hast ein Tattoo?«
Er hatte ihre Anwesenheit gespürt, sobald sie den Raum betreten hatte, ließ sich aber nichts anmerken. Offenbar hatte er die Tür offen gelassen. Er ließ das Hemd sinken, in das er gerade schlüpfen wollte. Ohne sich umzudrehen, erwiderte er: » Ja, ich habe ein Tattoo! Das macht mich aber nicht gleich zum Verbündeten von Cure, falls du das glaubst.«
Auf leisen Sohlen trat Camy hinter ihn und fuhr langsam mit einem Finger die Konturen des knienden Engels nach, der auf Raves Rücken tätowiert war. Das Abbild war einfach wunderschön und von filigranen, geschwungenen Buchstaben umgeben.
»Memento mori«, las Camy nachdenklich vor. »Bedenke, dass du sterben wirst! – Hat das eine besondere Bedeutung für dich?« Noch immer lag ihr Finger auf seinem Rücken.
Langsam drehte Rave sich zu Camy um. Ihre Berührung verursachte eine Gänsehaut, und ihm war gar nicht wohl bei dem Gedanken, lediglich mit einem Handtuch bekleidet hier herumzustehen.
»Es ist eine Warnung an mich selbst.«
»Ich dachte immer, Vampire wären unsterblich.«
»Das ist ein Märchen, genau wie der Mythos, dass Sonnenlicht uns zu Asche verbrennt.«
»Warum hast du dir einen Engel tätowieren lassen?«
»Ich … ich mag Engel eben.« Als ihre Blicke sich trafen, schien die ganze Welt stillzustehen. Wie in Zeitlupe hob er eine Hand und strich sanft ihre Wange entlang. »Auch wenn sie mir manchmal tierisch auf den Zeiger gehen. Es tut mir leid, was da gerade passiert ist. Ich lebe schon so lange. Die meiste Zeit bin ich allein. Er fällt mir nicht leicht, der Kontakt zu anderen Menschen. Kannst du … kannst du mir nicht vergeben?«
Camy schloss unter dieser zarten Berührung die Augen. Es war sehr lange her, dass jemand ihr Herz so zum Klopfen gebracht hatte. Sie konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann das zuletzt geschehen war. Eine unglaubliche Wärme ging von der Berührung aus. Sie öffnete die Augen und lächelte.
»Nein, du musst mir verzeihen. Du hast mein Vertrauen mehr als jeder andere verdient. Ich war ungerecht. Die Frage ist vielmehr: Kannst du mir vergeben?«
Ohne etwas zu erwidern, neigte er sich vor und küsste sanft, ganz sanft ihre Lippen. Er wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde, und fühlte die Angst in sich hochkriechen, sie damit vollends zu verschrecken. Erst als er keine Gegenwehr spürte, wurde sein Kuss intensiver, doch er berührte sie nur mit den Lippen, fast hätte es ein Hauch sein können. Einen kurzen Atemzug später war es auch schon vorbei. Es war ein kleiner, zarter Kuss gewesen, doch er sagte mehr als tausend Worte.
6. Kapitel
»Woher kennst du Piper?«, fragte Raphaela neugierig und fuhr kreisend mit den Fingerspitzen einer Hand auf dem Rand ihres Wasserglases entlang, sodass ein schwingender Ton erklang.
Michael blickte ihr verblüfft in die Augen. »Ich wüsste nicht, was dich
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