Age 17 - Camy and Rave
genau, was Camy jetzt brauchte. Vorsichtshaber schloss sie die Tür ab, auch wenn sie nicht wirklich wusste, ob das einen Vampir überhaupt am Eindringen hindern konnte.
Als sie nach einer halben Stunde das Bad verließ, fand sie Rave wartend im Zimmer vor. Verlegen schlang sie das Duschtuch enger um ihren Körper. Rave erhob sich und ging hinüber zu dem großen Kleiderschrank im Raum, wo er etwas herauszog und ihr reichte.
»Ich habe ein frisches T-Shirt für dich, dein altes ist total im Eimer. Und hier ist dein Handy, du hast es gestern bei dem Überfall verloren. Ich habe es ausgeschaltet, weil die ständigen Anrufe mich nervten.«
Camy nahm das Handy an sich, als würde es sich um etwas sehr Kostbares handeln. »Mein Gott, das ist bestimmt Ela, sie macht sich ganz sicher Sorgen um mich!«, rief sie, als sie die Anruferzahl auf dem Display sah.
»Wie geht es dir denn heute Morgen?«, unterbrach er sie.
Camy, die gerade das Handy eingeschaltet hatte, schaute verwirrt auf. »Gut, danke. Ich habe nur ein bisschen Kopfweh.«
Er nickte stumm, doch Camy starrte die ganze Zeit auf das kleine Gerät. Einen Moment später hatte sie die Zahlenkombination eingetippt und rief die Mailbox ab, nachdem sie den Lautsprecher angeschaltet hatte. Drei Sprachnachrichten.
»Hi, Camy! Ich mache mir Sorgen, es ist schon nach elf, und du bist noch nicht zurück. Bitte melde dich bei mir« , ertönte Raphaelas Stimme.
Beim zweiten Anruf klang sie schon besorgter: »Camy, bitte ruf mich dringend zurück!. Uri und Gabe suchen dich bereits. Ich hoffe, es geht dir gut, melde dich bitte.«
Die letzte Nachricht, die Raphaela hinterlassen hatte, war schon fast panisch: »Camy, wir können dich nicht finden und haben Michael hergebeten! Wir treffen ihn heute Morgen um sechs. Sorry, es ging nicht anders. Aber wir machen uns große Sorgen! Bitte melde dich doch endlich, wenn du das abhörst.«
»O Gott, ich muss los.« Camy nahm das frische T-Shirt, verschwand erneut kurz ins Bad und kam wenig später angezogen wieder heraus.
»Was ist los?«, wollte Rave wissen und starrte Camy verwirrt an. Sie trug ihr Haar heute seitlich gescheitelt, und die Verletzung an ihrer Lippe war fast verheilt. Das schwarze T-Shirt schien zwar offensichtlich eine Nummer zu groß zu sein, aber er fand, es stand ihr außerordentlich gut.
»Wer ist dieser Michael?«, fragte Rave, der die Nachrichten mitgehört hatte, und ein merkwürdiger Ton schwang in seiner Stimme mit. Wenn Camy es nicht besser gewusst hätte – fast klang er ein wenig eifersüchtig.
»Du kennst ihn«, erwiderte Camy, während sie eilig ihre Schuhe anzog.
»Michael? Nie gehört.«
»Mal im Ernst, du hast noch nie vom Erzengel Michael gehört?«
Irritiert zog Rave eine Augenbraue hoch. »Du meinst den Erzengel Michael ...?«
»Ja, genau den. Den Fürsten des Lichts, Überwinder der Kräfte der Finsternis, höchsten Kämpfer des Lichts. Den Michael, der mich verbannen wird, wenn er erfährt, dass ich meine Flügel verloren habe. Rave, ich muss hier schleunigst verschwinden! Wenn er mich findet, dann ...«, verzweifelt krallte sie sich nun an seinen linken Arm.
»Aber er weiß doch gar nicht, wo er dich suchen soll! Du bist bei mir sicher«, unterbrach Rave ihren Redefluss.
Camy hielt kurz inne, seufzte und setzte sich dann aufs Bett. »Wo sind wir hier eigentlich?« Rave hatte zwar erwähnt, dass sie sich in seinem Haus befanden, doch wo genau sie nun waren, wusste Camy nicht.
»Das Schulgelände liegt direkt auf der anderen Seite. Trotzdem kann dir hier nichts passieren.« Rave nahm das Handy aus ihrer Hand und schaltete es wieder aus. »Damit sie dich nicht orten können«, erklärte er dann und setzte sich zu Camy auf die Bettkante.
»Was soll ich denn jetzt tun?« Hilflosigkeit machte sich in Camy breit. Sie konnte weder Kontakt mit ihren Freunden aufnehmen, noch gab es irgendjemand anderen, dem sie vertraute. Der Einzige, der ihr helfen wollte, war ihr ärgster Feind. Frustriert schlug sie die Hände vors Gesicht. Als sie ihren Tränen freien Lauf ließ, zog Rave sie behutsam in seine Arme.
Ihr Geruch brachte ihn fast um. Sie roch wie eine Frühlingswiese nach einem Gewitter, so rein und sauber. Vorsichtig strich er mit einer Hand über ihren Rücken und sog immer wieder ihren Duft ein. Am liebsten hätte er sein Gesicht in ihrem Haar vergraben. Schon spürte er, wie sich sein Gebiss veränderte. Er wollte das nicht, doch nichts konnte diese für Vampire typische
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