Agent der Leidenschaft
gibt, vorausgesetzt, du willst deine Noten verbessern.”
Joe sah den Trainer an. „Wen?”
„Elena Maldonado.”
Joe zog die Stirn kraus. „Die dünne Streberin mit der Brille und der wirren Haarmähne?”
„Genau die.”
Joe lachte. „Die hat gesagt, sie würde mir helfen?”
„Stimmt.”
„Das muss ein Witz sein. Sie grüßt ja nicht mal. Sie ist wie eine Maus - kommt in die Klasse und sitzt da und schreibt alles mit.”
„Na und, dieses Mitschreiben kann aber bestimmen, ob du die High School abschließt und aufs College gehst oder eben im Knast landest wie dein Bruder. Du hast die Wahl.”
Der Gedanke, aufs College zu können, elektrisierte Joe. Es war die Chance, der Armut zu Hause zu entfliehen. Die Chance, etwas aus sich zu machen. Die Chance, für seine Mutter sorgen zu können, die ihr ganzes Leben hart dafür gearbeitet hatte, um seinen Bruder und ihn durchzubringen.
„Was meinst du?” fragte der Trainer in die Stille. „Willst du daran arbeiten, dass deine Noten besser werden, damit du weiter Football spielen kannst? Wenn du das nämlich willst, dann setzte ich alle Hebel in Bewegung, um dich nächstes Jahr in einem College unterzubringen. Aber du wirst hart dafür arbeiten müssen.”
Joe räusperte sich. „Wenn Sie sicher sind, dass es Elena nichts ausmacht, möchte ich gern bei ihr Nachhilfeunterricht nehmen.”
„Eine gute Wahl, mein Sohn”, sagte Trainer Torres. „Ich sage es ihr. Alles Weitere könnt ihr beide unter euch abmachen.”
An diesem Tag verließ Joe das Büro des Trainers leicht verwirrt. Wenn er künftig an seinen Noten arbeiten würde, würde er künftig keine Zeit mehr haben, um mit seinen Freunden loszuziehen.
Der Gedanke an das College ließ ihn lächeln. Das wäre die Sache wert. In Wahrheit schämte er sich für das, was AI getan hatte, auch wenn er ihm keine Vorwürfe machte. Mitten im zweiten Jahr war er abgegangen, weil er seine Mom überzeugt hatte, dass er sich einen Job besorgen würde. Er hatte ihr aber nicht gesagt, dass dieser Job nicht ganz legal war. Wenn man an der Grenze lebte, konnte man auf viele Arten Geld machen, solange man sich nicht erwischen ließ.
Am nächsten Tag wartete Joe bis zum Ende der Geschichtsstunde, ehe er zu Elena ging. Schon früher, in der Englischstunde, hatte er sie beobachtet. Sie hielt immer den Kopf gesenkt und sah nie in seine Richtung.
Er ging zu ihrem Tisch, als sie gerade ihre Bücher in den Rucksack packte.
„Hi”, grüßte er.
Sie sah nicht auf. „Hi.”
„Der Trainer meint, du willst mir in Geschichte und Englisch helfen?”
Sie nickte.
„Wo wollen wir das denn machen - bei dir oder bei mir?”
Elena hob den Kopf und sah ihn mit großen Augen an. „Bei mir geht es nicht. Mein Dad mag es nicht, wenn ich jemanden mitbringe.”
Joe wusste, dass ihr Vater ein ziemliches Wrack war und die meiste Zeit in einer der drei Bars der Stadt verbrachte. Sie wollte Joe einfach nicht zu Hause haben, falls ihr Vater betrunken heimkäme. Was Joe ihr nicht zum Vorwurf machte. Zumindest hatte sie einen Vater. Seiner war abgehauen, als Joe fünf war.
„Willst du dann zu mir kommen?” fragte er, wobei ihm die Vorstellung ein Graus war, dass sie die elende Hütte sah, in der er lebte. Er wusste, dass ihr Zuhause viel netter war. Die Maldonados lebten am Stadtrand in einem großen Haus, das ihr Vater geerbt hatte.
„Was ist, wenn wir hier in der Schule arbeiten?” fragte Elena. „Wir könnten uns in der Bibliothek oder in der Cafeteria treffen. Da finden wir immer einen freien Tisch.”
„Klar doch”, meinte Joe. „Was du willst. Wann können wir anfangen?”
„Hast du kein Footballtraining?”
Er nickte. „Wir sind um fünf fertig. Ich könnte dich danach treffen.”
Sie nickte. „Okay.”
„Heute?”
„Ja.”
Mehrere Wochen hatten sie zusammengearbeitet, ehe Joe den Schutzwall hatte durchbrechen können, den Elena um sich errichtet hatte. Er entdeckte, dass sie eine reizende Person war und einen wundervollen Humor besaß. Ihre Ausgelassenheit und ihre Verletzlichkeit hatten es ihm angetan.
Sie war zu schlank gewesen, mit ihrem wilden Haar und der zu großen Brille auf der Nase. Aber irgendwie hatte sie eine Art, ihn anzusehen, die sein Herz rasen ließ.
Er konnte sich nicht erinnern, wann er das erste Mal erotische Gedanken wegen dieses Mädchen bekommen hatte, das ihm in der Schule half. Wie wäre es, sie zu küssen? Wie würde sie reagieren, wenn er sie berührte? Würden seine Fantasien
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