Agent der Sterne
sich formlose Yherajk neben den Tragen sammelten und sie zogen. Van Doren und ich blickten uns gegenseitig an. Wir hatten keine Ahnung, was wir jetzt mit uns anfangen sollten. Gwedif, der bei uns blieb, bot uns einen Besichtigungsrundgang an. Ich war einverstanden, und Van Doren trottete hinterher. Anscheinend gefiel ihm die Vorstellung, diesmal tatsächlich zu verstehen, was er sah.
Der Rest des Schiffs war visuell genauso reizlos wie der Teil, den wir bereits zu Gesicht bekommen hatten. Korridore und Räume, die aus dem Gestein des Asteroiden gehauen waren, geglättet und mit der Technik der Yherajk eingerichtet. Wir hätten uns genauso gut in irgendeinem wissenschaftlichen Labor auf beziehungsweise unter der Erde befinden können. Keine Spur von Ästhetik, nur reine Funktionalität.
Gwedif bemühte sich, uns von unseren Sorgen um Miranda und Michelle abzulenken und gestand selbst ein, dass das Raumschiff für uns vermutlich kein allzu aufregender Anblick war. Das Problem war eben, dass unsere beiden Spezies unterschiedliche primäre Sinnesorgane besaßen, sagte er. Riechen sei äußerst faszinierend, versicherte er uns. Natürlich würden die meisten Gerüche an Bord des Schiffs uns aus den Socken hauen, wenn wir keine Nasenstöpsel tragen würden. Selbst Gwedif sah ein, dass dieser Umstand uns daran hinderte, die Wunder des Schiffes angemessen zu bestaunen.
Der Bereich des Schiffs, den ich am interessantesten fand, war das, was Gwedif als Kunstgalerie bezeichnete, wo sich die Tivis befanden, über die Gwedif mit Carl gesprochen hatte. Genauso wie alles andere sahen auch die Tivis eher unscheinbar aus – wie flache Schalen, die man auf dem Boden stehen gelassen hatte, mit schwarz verkrusteten Ablagerungen, die von Drähten umgeben waren. Gwedif führte uns zu einem und schlug vor, uns etwas näher heranzusetzen. Dann schob er einen Tentakel in einen Schlitz im Boden.
Unmittelbar darauf erwärmte sich das Tivis. Offenbar fungierten die Drähte als Heizelemente. Durch meine Nasenstöpsel nahm ich einen ätzenden Geruch wahr, aber gleichzeitig wurde ich von einer wehmütigen Empfindung überwältigt, vermischt mit Untertönen des Glücks und einer winzigen Spur Bedauern. Es war das Gefühl, das man bei einem Wiedersehen mit seiner früheren Freundin hatte, wenn man erkannte, dass sie ein wunderbarer Mensch war und man ziemlich blöd gewesen war, als man sie hatte sausen lassen, selbst wenn man inzwischen glücklich verheiratet war. Ich schilderte Gwedif meine Eindrücke, aber ohne das dramatische Beiwerk.
»Also funktioniert es«, sagte er. »Ein Tivis soll bestimmte Emotionen durch Gerüche stimulieren. Dieses Werk…« – er zeigte auf die Schale, vor der wir hockten – »… ist im Grunde recht simpel. Nur eine einzige Hauptemotion mit wenigen harmonisch abgestimmten Zutaten. So etwas könnte fast jeder von uns machen. Es entspricht einem menschlichen Malen-nach-Zahlen-Bild. Unsere Tivis-Meister können Werke mit unglaublicher emotionaler Tiefe schaffen, indem sie mehrere Emotionen in unerwarteten Kombinationen übereinanderschichten. Manche Tivis können einen ziemlich aufwühlen.«
»Das glaube ich gern«, sagte ich. »Diese Dinger könnten auf der Erde der große Renner werden. Du musst mich mit einigen der Leute bekanntmachen, die sie herstellen.«
»Suchst du schon jetzt nach Klienten?«, fragte Gwedif.
»Ihr alle seid bereits meine Klienten, Gwedif. Ich muss nur noch herausfinden, wer von euch meine besondere Aufmerksamkeit benötigt.«
Wir probierten ein paar weitere Tivis aus, bevor ich unruhig wurde und zum Krankenwagen zurückgehen wollte. Wenn ich mir schon Sorgen machte, wollte ich es lieber in der Nähe von etwas Vertrautem tun. Van Doren kam mit. Wir hielten uns dort etwa eine Stunde lang auf, bis Van Doren das Handschuhfach durchstöberte und einen Stapel Spielkarten fand. Wir spielten Romme. Van Doren machte mich gründlich fertig. Anscheinend war ihm die Vorstellung fremd, sich mit einem freundschaftlichen Kartenspiel auf angenehme Weise die Zeit zu vertreiben. Als ich keine Lust mehr hatte, nahm ich mir eine Decke aus dem Krankenwagen, breitete sie auf dem Boden des Hangars aus und zwang mich zu einem weiteren Nickerchen.
Diesmal wurde ich geweckt, indem mir jemand den Fuß in die Magengrube stieß. Ich schlug nach dem Bein. Der Fuß stieß noch einmal gegen mich.
»Wach auf«, sagte jemand. Es war Michelles Stimme.
Hastig rappelte ich mich auf und knallte mit dem Hinterkopf gegen
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