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Agent der Sterne

Titel: Agent der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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ahnen können«, fuhr sie fort. »Es ist nicht mein Preis. Es ist der Preis für Rachel Spiegelman, die erlebte, wie der Hass auf das dämonisierte ›Fremde‹ ihre Welt zerstörte. Und sie widmete den Rest ihres Lebens der Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir alle Menschen als Brüder betrachten, ungeachtet ihrer Hautfarbe oder ihres Glaubens.
    Der Preis ist auch für Avika Spiegelman, die ihre Vorurteile hinsichtlich meines Aussehens abschüttelte und mir ermöglichte, die größte Rolle meines Lebens zu übernehmen. Er gehört auch jenen, die ursprünglich gegen meine Mitwirkung am Film protestierten, weil sie die Chance nutzten, mich in der Rolle zu erleben, und erkannten, dass ich zwar nicht wie Rachel aussehe, aber im Herzen mit ihr verwandt bin. Immer wieder habe ich Menschen jeglicher Couleur gesehen, die hinter das äußere Erscheinungsbild blickten, die hinter die Fremdheit blickten und erkannten, was uns alle in Wirklichkeit miteinander verbindet.
    Und nun frage ich mich, ob Sie, Sie alle, jeder einzelne von den Milliarden Menschen, die diese Show verfolgen, noch einen Schritt weitergehen können.«
    Michelle machte eine kurze Atempause. »Denn ich bin nicht so, wie Sie mich sehen. Ich bin nicht das, wofür Sie mich halten. Dieses Gesicht ist eine Maske. Dieser Körper ist eine Verkleidung. Wer ich bin und was ich bin ist etwas, das Sie noch nie zuvor gesehen haben.«
    An dieser Stelle begannen die Leute zu flüstern. Einige machten sich zweifellos Sorgen, dass Michelle nun mit irgendeinem New-Age-Gesülze über das Einssein aller Menschen loslegte. Andere vermuteten, dass Michelle diese globale Bühne dazu benutzen wollte, um sich als Lesbierin oder Scientologin zu outen. Doch einige bemerkten, dass der untere Teil von Michelles Kleid plötzlich kristallklar geworden war. Genauso wie Michelles Beine.
    »Dieser Preis sagt mir«, fuhr Michelle fort, »dass Sie daran glauben, dass ich in mir gesucht und etwas grundsätzlich Menschliches gefunden habe, eine Gemeinsamkeit, die uns alle miteinander verbindet. Aber könnte ich dieses grundsätzlich menschliche Element auch dann in mir finden, wenn ich gar kein Mensch wäre?«
    Inzwischen war es unübersehbar. Michelle war von den Zehen bis zu den Achselhöhlen völlig durchsichtig geworden.
    »Was wäre, wenn ich Ihnen sage, dass das, was Ihre grundsätzliche Menschlichkeit ausmacht, etwas ist, das Sie mit anderen gemeinsam haben, mit Wesen, die sich so sehr von Ihnen unterscheiden, dass sie Ihnen auf den ersten Blick fremdartig oder gar furchteinflößend vorkommen? Wesen, deren äußere Erscheinung Ihnen Angst einjagen könnte. Wären Sie zu diesem Sprung in der Lage, und könnten Sie verstehen, dass wir uns im Innern gar nicht so sehr voneinander unterscheiden?«
    Nun war Michelle komplett transparent. Als wäre sie durch eine unbeschreiblich fein gearbeitete und wunderschöne Figur aus mundgeblasenem, schimmerndem Glas ersetzt worden. Sie trat vom Pult zurück und konnte nun von einer Milliarde sprachlosen Angehörigen der Menschheit betrachtet werden.
    Als sie erneut sprach, hallte ihre Stimme, weil sie nicht nur durch die Elektronik, sondern auch durch ihren kristallinen Körper verstärkt wurde.
    »Könnten Sie akzeptieren, dass ein anderes Volk, das Ihnen unähnlich und doch so ähnlich ist, Ihnen in Freundschaft die Hand zum Gruß reicht? Denn wir sind da, meine Freunde.«
    Wir erfuhren nie, welcher Film in diesem Jahr als bester Film ausgezeichnet werden sollte.

22
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    Alles in allem nahmen die Menschen es recht positiv auf. Das einzige Land, in dem es Ärger gab, war Nordkorea.
    Die Tatsache, dass ein Alien sich auf unseren Planeten eingeschlichen, die Rolle eines Superstars übernommen und den Oscar als Beste Schauspielerin gewonnen hatte, erzielte den erwünschten Effekt, der Welt zu demonstrieren, dass die Yherajk ein wesensmäßig gutartiges Volk waren. Wären sie kriegerisch veranlagt gewesen, hätten sie uns einfach mit Raumschiffen überrennen können – oder ein Football-Team zusammenstellen, um zu versuchen, den Super Bowl zu gewinnen. Ein Erfolg bei der Oscar-Verleihung war die am wenigsten bedrohliche, aber dennoch öffentlichkeitswirksamste Methode, eine Spezies mit einer anderen bekanntzumachen.
    Auch der zweite Punkt, auf den Michelle in ihrer Rede hingewiesen hatte, wurde allgemein verstanden – dass wir trotz aller Unterschiede im Grunde sehr ähnlich waren. Michelle hätte niemals einen Oscar bekommen, wenn sie nicht in der Lage

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