Agent der Sterne
war der einzige Mensch, der die Nummer dieses speziellen Handys kannte (ich hatte insgesamt zwei), so dass mir sofort klar gewesen war, wer mich anrief.
»Tom!« Miranda klang sehr aufgeregt. »Erinnern Sie sich an Jim Van Doren?«
»Klar.« Während der vergangenen Woche hatte Van Doren alle paar Stunden angerufen, weil er ein Interview mit mir führen wollte. Irgendwann hatte ich zu Miranda gesagt, dass ich für ihn grundsätzlich gerade nicht erreichbar war. »Was ist mit ihm?«
»Wo sind Sie?«, fragte Miranda. »Sind Sie in L. A.?«
»In Glendora. Das liegt eine Dreiviertelstunde außerhalb der Stadt.«
»Eben ist die aktuelle Wochenausgabe von The Biz erschienen«, sagte Miranda. »Sie müssen sofort nach L.A. zurückfahren und sich eine besorgen. Sie sind auf dem Cover. Aber die Story wird Ihnen überhaupt nicht gefallen.«
»Warum? Was schreibt er über mich?«
»Ich lese Ihnen den Titel auf dem Cover vor«, sagte Miranda. »›Tom Stein ist der angesagteste junge Agent von Hollywood. Aber warum benimmt er sich so merkwürdig?‹«
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Ominöser Agent
Tom Stein ist der angesagteste junge Agent von Hollywood
Aber warum benimmt er sich so merkwürdig?
von James Van Doren
Auf den ersten Blick sieht Tom Stein gar nicht wie der typische Hollywood-Millionär aus. Vielleicht liegt das daran, dass er eine Fünf-Gallonen-Wasserflasche in seinem Auto herumfährt. In der Flasche befindet sich schwefelhaltiges Wasser, wie er sagt, aus einer Quelle irgendwo in der Wüste, zu der sich die Agenten von Lupo Associates begeben, wenn sie sich ein wenig gestresst fühlen. Die Tatsache, dass Stein diese Flasche in seinem Auto hat, verrät uns zwei Dinge. 1. Er ist gestresst. 2. Im Moment hat er gar nicht genug Zeit, um sich gestresst zu fühlen.
Aber wer kann es ihm übelnehmen? Vergangene Woche hat Stein den größten Coup seiner jungen Agentenkarriere gelandet, als es ihm gelang, für seine Klientin Michelle Beck einen Scheck über 12,5 Millionen Dollar aus dem Hut zu zaubern – für ihre Rolle in der Fortsetzung zu Mord an der Erde. Natürlich gab es schon höhere Schecks für andere Schauspielerinnen, aber nicht viele und schon gar nicht so schnell. Michelles letzte Gage für eine Nebenrolle im soeben abgedrehten Stachel des Skorpions betrug gerade mal 650.000 Dollar – ein Zwanzigstel ihres jetzigen Marktwertes. Oder um es anders auszudrücken: Steins 10% sind fast doppelt so viel Geld wie die bislang höchste Gage seiner Klientin.
Steins Erfolg ist ein weiteres Beispiel für den knallharten Hollywood-Kapitalismus. Aber nun stellt sich die Frage: Zu welchem Preis? Denn kurz nach Steins bahnbrechendem Erfolg mit Michelle Beck fiel seinen Freunden und Kollegen auf, dass der bislang liebenswürdige Stein immer verschlossener und geheimnistuerischer wurde. Und seine Klienten haben ganz besonders unter seinem merkwürdigen Verhalten zu leiden, denn ohne Vorwarnung hat Stein sie an eine untergeordnete Agentin abgegeben, deren Unerfahrenheit und (von manchen Leuten behauptete) Unfähigkeit ihre Karrieren ins cineastische Nirwana befördern könnte. Womit haben sie das verdient?, fragen sich diese Schauspieler. Und welches Geheimnis verbirgt Tom Stein vor allen anderen? Ist seine Überfliegerkarriere genauso schnell vorbei, wie sie begonnen hat?
(Fortsetzung auf S. 65)
Die Story wäre witzig gewesen, wenn jemand anderer darin die Hauptrolle gespielt hätte. In Ermangelung realer Fakten hatte Van Doren eine faszinierende Geschichte über einen gestressten und paranoiden Menschen zusammengesponnen. Er spekulierte, dass ich unter allem Möglichen litt, von ungelösten sexuellen Konflikten über Drogenabhängigkeit bis hin zu einem »spätblühenden Ödipus-Komplex«, der mit meinem Vater zu tun hatte, der schließlich ebenfalls Agent gewesen war. Meine erste Million war demnach meine Strategie gewesen, mit der ich meinem Vater »die Krone entrissen« hatte, gegründet auf die Informationen, die der Psychologe Van Doren angeblich ausgegraben hatte.
Da The Biz nun einmal von Leuten außerhalb der Szene gemacht wurde, waren die Zitate meiner Kollegen und Freunde recht dürftig. Sie stammten hauptsächlich von Highschool-Bekanntschaften und Nachbarn im College-Wohnheim, die mich im Allgemeinen als »freundlich« und »fleißig« beschrieben. Nichts, worüber man sich aufregen müsste, weil die Einschätzungen zutreffend und zudem vage gehalten waren. Diese Leute hätten einen Lawinenrettungshund mit den gleichen
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