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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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nahm mir vor, jeden Morgen erst alles ins Reine zu bringen, bevor ich mit der eigentlichen Arbeit begann. Die Luft war trocken und verbraucht, tagsüber wurde zuviel geraucht, und man schwitzte erbärmlich in den stickigen Zimmern.

    Mein Schreibtisch kam als einziger von allen ohne Maschinen aus, seine spartanische Erscheinung gefiel mir, denn sie paßte zu meiner Arbeit, die Strenge und Konzentriertheit ausstrahlen sollte. Ich hatte mit den alten Büroutensilien zu tun, mit kleinen, sich verlaufenden Hügeln von Klammern, mit einer herumschlingernden Schere, mit einem Locher, Stiften aller Art und unzähligen Leitz- Ordnern, die ich mit einem routinierten Griff des Zeigefingers zum Griffloch aus dem bis zur Decke gehenden Büroschrank hinter mir angelte. Die meisten Mitarbeiter schrieben ihre Artikel zu Hause, und die Manuskripte waren schon in ihrem Erscheinungsbild von ganz unterschiedlicher Qualität; einige waren bereits von Korrekturen überzogen und erweckten sofort den Verdacht vieler Mängel; andere schienen makellos, weil sie am Computer entstanden waren, doch gerade vom sauberen Schriftbild durfte man sich am wenigsten täuschen lassen. Ich arbeitete langsam, genau, und neben mir lagen zwei Bände des Duden wie schwere Gesetzbücher, die für alle Fragen die letzten, befriedigenden Antworten enthielten. Ich bemühte mich, so wenig wie möglich zu verändern, doch der Stil der meisten Artikel war zerfahren und schludrig. Manchen merkte man sofort an, wie schwer sich die Verfasser getan hatten; jedes Wort wirkte erzwungen, gewaltsam in eine fremde Umgebung gestellt. Die meisten aber hatten ein zu rasches Tempo, und die erstbesten Floskeln verdeckten wie schmierige Flecken die treffenden Wendungen. Ich besaß eine heftige Aversion gegen diese nachgebende Schlaffheit, und die gängigen Erkennungsmarken des Scene -Jargons erweckten einen solchen Gräuel in mir, daß ich die Sätze meist neu schrieb.
    Worte wie geil, echt, irre oder total waren nur mißbrauchte, bequeme Verstärker, durch die man sich an matte Denkgewohnheiten
anbiederte; Verben wie einbringen oder durchblicken lösten bei mir ein leichtes Frösteln aus, denn sie zeugten von einer weichen, diffus bleibenden Haltung. Mit meinen Korrekturen stieß ich meist nicht auf viel Verständnis; einige argwöhnten, ich redigiere die notwendige power heraus, andere bemängelten, man entferne sich zu sehr von den Ansprüchen der Leser, die sich angeblich in diesen dürftigen Schablonen wiederfinden wollten. Doch ich ließ mich auf keine Kompromisse ein, schließlich war ich angestellt, das sprachliche Niveau des Blattes zu heben; Rücksichten auf einen latenten Analphabetismus waren da am wenigsten angebracht.
     
    Die Vormittagsstunden waren ruhig, ich saß oft allein im Büro und wurde nur durch Anrufe gestört. Ich beriet Kunden bei der Aufgabe ihrer Kleinanzeigen und versuchte, ihre Wortakrobatik vor allem da zu entschärfen, wo sie die Grenze zu betulicher Lächerlichkeit überschritt. Später kam Männie hinzu und streifte eine Weile unruhig durch die Räume, als suche er eine am falschen Ort abgelegte Meldung. Männie war viel für das Magazin unterwegs; er hatte sich auf kleinere Botengänge spezialisiert, und diese in meinen Augen aufreibende Tätigkeit entsprach genau seiner rastlosen Art, die durch eine seltsame Gier auf Neuigkeiten angetrieben wurde. Er mochte mich, es war leicht zu erkennen, mit wem er gut konnte; stumm machte er uns einen Kaffee und bot mir Zigaretten an, um mich in Laune zu bringen. Er trug teure Turnschuhe, und er kauerte sich meist auf den Boden, mit dem Rücken gegen eine Wand, den Kopf erhoben, als müsse er sogar noch mitbekommen, was draußen am Himmel geschah. Er hatte Spaß daran, von mir etwas vorgelesen zu bekommen,
und ich unterhielt mich gern mit ihm, weil er aufmerksam war und nicht den geringsten Ehrgeiz verspürte, mir dreinreden zu wollen. Er selbst benutzte die gängigen Scene-Vokabeln ohne Scheu, doch er hatte Freude an meiner Kritik.
    Männie war wie die anderen älter als ich, und doch hatte er sich etwas Sprunghaftes, Waches erhalten. Er hatte keine großen Ansprüche, am wichtigsten war ihm, er wußte dort, wo sich die Fronten abzeichneten, Bescheid. Er interessierte sich vor allem für die neuesten Songs, Musik hielt ihn in Aktion, doch er bedrängte mich nicht damit, weil er wußte, daß mir die feinen Unterschiede zwischen den tonangebenden Gruppen wenig bedeuteten. Noch immer hieß es, er handle mit

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