Agentur der boesen Maedchen
er enttäuscht, als Clara mich vorstellte.
»Jens, mein Freund - Eva, meine Mutter.«
Jens gab mir die Hand und schien etwas erstaunt. »Sie habe ich mir ganz anders vorgestellt«, gab er offen zu.
»Das Indienkleid und die Latzhose sind gerade in der Wäsche und die Doppelaxt ist zerbrochen, als ich gestern einem Typen den Schädel eingeschlagen habe.«
Clara kicherte nervös und nestelte an Jens’ Jackett, so wie sich eine doofe Frau eben verhielt, wenn sie ihren Typ von irgend etwas Peinlichem ablenken wollte. Jens aber war keinesfalls erschüttert. Er grinste etwas, verstand also meine Bemerkung als humorvollen Beitrag zur Konversation und sah mich dann doch wieder ganz ernst an. Fast begann ich, ihn sympathisch zu finden, bis mir wieder einfiel, dass einer, dem er nicht so ganz unähnlich war, mich in jungen Jahren geschwängert und sich später allen finanziellen Verpflichtungen entzogen hatte. Sollte er verbrutzeln in der Karibik oder wohin er sich sonst abgesetzt hatte. Jens nahm den Gesprächsfaden unbeirrt wieder auf.
»Clara sagt Sie arbeiten irgendwas Feministisches?« fragte er, als wir die letzten Schritte zur Kinokasse hinter uns brachten. »Verdient man da überhaupt was?«
»Die Pauschale ist gering. Aber für jeden abgeschnittenen Schwanz gibt’s fünfzig Euro, und das läppert sich dann schon, wenn man hinterher ist.«
Ich musste ein bisschen übertreiben, schließlich hatte Clara mich als Emanze verkauft. Und wenn er unbedingt eine kennenlernen wollte, das konnte er haben. Jens grinste nochmals, blickte unauffällig an sich runter und schob verlegen den Kaugummi in die andere Backe. Clara versuchte abzulenken.
»Seht mal, wie viele Leute schon an der Kasse stehen …« Aber Jens redete scheinbar unbeeindruckt weiter.
»Und wie war das Geschäft heute?«
»Ganz ehrlich, ich könnte noch fünfzig Euro vertragen.«
Jens sah mich durchdringend an.
»Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Das Kino, die Getränke und das Popcorn zahle ich, dafür werde ich heute noch verschont.«
»Aber nur, wenn Sie nie wieder in meine Blumenvasen pinkeln.«
Clara hatte recht gehabt. Mit Emanze-Sein ließ sich Geld verdienen. Es war zwar ein kleiner Anfang, aber es war einer. Und ich hatte gar keine Skrupel, mich von einem Kerl einladen zu lassen.
Ricarda Annette und ich verbrachten den Nachmittag mit Shopping. Ich kannte mich bei den Klamotten aus, und sie brauchte was für den Abend mit meinem Ex. Annette entschied sich für etwas Schlichtes knapp um die fünfhundert Euro, damit blieb mehr Kohle für sie selbst übrig. Franz würde nicht nach der Quittung fragen. Der war froh, dass er nicht alleine zu seinem Empfang musste.
Anschließend gingen wir ins Café.
»Vielleicht solltest du das öfter machen, ältere Herren begleiten.«
Annette war entsetzt.
»Aber das ist doch kein Beruf für mich. Ich mache das jetzt nur ausnahmsweise, um dir zu helfen.«
»Red keinen Unsinn, du tust es fürs Geld, und das ist auch gut so. Deiner alten Tante brauchst du keinen Gefallen zu tun.«
»Also gut, ich tu’s fürs Geld.«
»Na also, das ließe sich doch wiederholen.«
»Ach, du meinst, ich quatsche heute Abend die Ärzte an und frage sie, wer demnächst eine nette Begleitung braucht, ohne Körperkontakt und so?«
»Das mit dem Körperkontakt musst du schon selbst entscheiden. Ich wäre da nicht so, wenn sie jung und reich sind.«
Die Bedienung zögerte, die Kaffeetassen und das Gebäck abzustellen. Sie sah verwirrt von einer zur anderen, und es war völlig klar, dass sie uns in diesem Moment alles zutraute. Womit sie bei mir auch nicht falsch lag. Allerdings dachte die Kleine vermutlich eher, Annette wäre die Frau fürs Bett. Nachdem sich das Fräulein verzogen hatte, rührte Annette angestrengt in ihrer Tasse.
»Du musst doch gar nichts tun, ich kann ja Franz mal fragen, ob seine Kollegen auch Aushilfen brauchen«, schlug ich vor.
»Auf keinen Fall.«
Annette hatte eine seltsame Vorstellung von Frauenbefreiung. Sie meinte wohl, man müsste dann für sich selbst sorgen. Dass man sich mit anderer Leute Geld sehr frei fühlen konnte, war ihr neu. Es wird noch einige Zeit dauern, bis sie das kapiert hat, dachte ich. Ich habe auch lange gebraucht.
Annette Onkel Franz schien eher angenehm überrascht zu sein, als er seine frühere Frau abholen wollte und mich im Abendkleid vorfand. Ricardas knappe Erklärung, dass eine attraktive junge Nichte immer noch besser als Begleitung wäre als die abgetakelte
Weitere Kostenlose Bücher