Agentur der boesen Maedchen
bessere Hälfte, schluckte er widerspruchslos. Auch als Ricarda boshaft hinzufügte, er könnte das mit der Nichte ja weglassen und damit was fürs Image tun, gab er keine Antwort. Er verschwand schnell aus seinem früheren Haus, verfrachtete mich in den Sportschlitten, und es ging los. Unterwegs gab’s kurze Anweisungen.
»Erzähl keinesfalls von deinem letzten Arztbesuch, das wollen die Kollegen nicht hören.«
Ich sparte mir die Antwort auf diesen dämlichen Tipp. »Also keine Magengeschwüre oder Nierensteine.«
Ich blickte angestrengt aus dem Fenster und bereute, mitgekommen zu sein.
»Oder Regelschmerzen oder so was Frauliches.«
»Onkel Franz, jetzt reicht’s aber.«
»Und nenn mich nicht Onkel Franz. Bitte nicht Onkel!« Ich musste grinsen. Jetzt hatte ich ihn in der Hand. Der gute Onkel wollte, kein Onkel sein. Das ließ sich verwenden.
Hatte ich vorher noch nervös an der Fingernagelhaut herumgezupft, so sah ich nun dem Abend gelassen entgegen.
Onkel Franz gab entsetzlich an, sprach mal von seiner Bekannten und mal von seiner Mitarbeiterin, meinte aber immer mich. Ich nahm eine gehörige Menge Schampus zu mir, gönnte mir etwas Lachs, war aber doch darauf bedacht, nicht zu kleckern. Nachdem ich etwas intus hatte und sah, wie die anderen Damen mit ihren Typen umsprangen, wurde ich etwas mutiger.
»Franz, würdest du mir bitte noch etwas Brot vom Büfett holen?«
Es klappte tatsächlich. Der Onkel hüpfte, als müsste er mich und die anderen beeindrucken. Mehrmals lud er mein Tellerchen wieder nach meinen Anweisungen voll und brachte das leere zurück zum Büfett. Damit ersparte er mir, auf den Stöckelschuhen durch den halben Raum zu balancieren.
Als er dann versuchte, mich auf die Wange zu küssen, trat ich ihm mit dem Absatz auf die Zehen, so dass er sich leicht hinkend wieder entfernte.
Ich sah mich ein bisschen um. Aber es war nicht leicht, sich hier zu amüsieren. Die Damen unterhielten sich über Gymnastik und Mode, die Herren befassten sich tatsächlich mit Innereien und den Möglichkeiten einer Praxiserweiterung. An ein Gespräch war nicht zu denken. So wandte ich mich wieder dem Onkel zu. Ich ließ ihn meinen Umhang hinaus- und später wieder hereintragen, er begleitete mich an die frische Luft, als mir schlecht wurde, holte mir dann ein neues Glas, später noch eins, er hatte sogar Verständnis dafür, dass ich noch vor Mitternacht die Schnauze voll hatte und nach Hause wollte. Da ich mich nicht noch einmal in seinen tiefergelegten Sportwagen hineinfalten wollte, bezahlte er ein Taxi und fragte, ob er nicht mal wieder auf meine charmante Begleitung zurückgreifen dürfte, natürlich zu ähnlichen Bedingungen.
Auf dem Heimweg kam ich ins Grübeln. Ich hätte nie gedacht, dass man Geld verdienen kann, indem man einen Mann zum Idioten machte. Ich hatte tatsächlich noch viel zu lernen.
Eva Dem Kinobesuch mit Jens und Clara war gestern ein gemeinsames Abendessen gefolgt. Warum ich mich dazu hatte breitschlagen lassen, wusste ich an diesem frühen Morgen nicht mehr so genau. Ich konnte mich nur erinnern, dass der Unternehmersohn einiges dafür bezahlt hatte, während ich ihm ein paar Frechheiten um die Ohren klatschte. Mit Vor- und Hauptspeise, einem halben Liter Wein sowie Nachtisch und Zigarre blätterte der fast fünfzig Euro für mich hin. Die Zigarre war gut fürs Image. Für mein Wohlbefinden war sie leider nicht so gut.
An diesem Morgen stieg nun eine vage Ahnung in mir auf, dass ich mich mit dem Kerl jetzt duzte, aber in Sachen Pinkeln im Stehen hatte ich sicherlich keine Kompromisse gemacht. Das Schwierigste war, dass ich mich gut amüsiert hatte. Das widersprach meinen bisherigen Erfahrungen und machte es vielleicht nötig, alte Positionen neu zu überdenken.
Bei meinen Kopfschmerzen an diesem Morgen war das unmöglich. Leider konnte ich Jens für diesen Kater nicht die Schuld geben. Er hatte nur bezahlt, getrunken hatte ich selbst.
Die Arbeit konnte mir heute gestohlen bleiben. Ich hatte mich krank gemeldet beim Frauenverlag. Seit Montag herrschte immer noch dicke Luft, und ich hatte weder Lust, Karin zu begegnen, noch wollte ich mir von Lucie noch mal sagen lassen, dass ich etwas diplomatischer sein sollte. Ich hatte schließlich gelernt, dass es finanziell einträglicher war, nicht als Feministin zu arbeiten, sondern als eine aufzutreten.
Vielleicht lag Clara nicht ganz falsch, dachte ich, als ich die Kaffeemaschine anwarf. Ich musste mich nicht verstecken. Rent a
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