Agentur der boesen Maedchen
in Begleitung eines Mannes ausgewesen und habe sich von ihm einladen lassen, wusste ich, dass ganz unbemerkt etwas Großes passiert war. Aber ich hütete mich, das zu sagen. Man muss den Leuten nicht unbedingt auf die Nase binden, dass sie Fortschritte machen, wenn sie gar nicht wissen, dass es welche sind.
Annette jedenfalls wirkte aufgekratzt und fläzte sich gleich in den größten Sessel im Wohnzimmer. Sonst saß sie immer eher auf der Stuhlkante, völlig verklemmt im Hier und Jetzt. Ich hätte nicht gedacht, dass Franz so einen belebenden Eindruck auf eine Frau haben könnte. Aber als Annette ausgiebig vom gestrigen Abend erzählte, merkte ich, dass nicht Franz sie so verändert hatte, sondern seine Kohle. Geld macht also doch sinnlich, dachte ich mir und blickte in Evas müdes Gesicht, das deutlich kundtat, dass sie Annettes Story an diesem Tag schon einmal gehört hatte. Und blitzte da nicht etwas Neid in ihren Augen? Eva kam erst wieder zu sich, als mir die Mädels ihr Projekt vorschlugen. Annette sollte den Laden leiten, schließlich hatte sie ohnehin nichts zu tun. Sie würde Aufträge annehmen und dann entscheiden, welche von uns die Passende wäre. Die Verwaltungskosten waren für Annette, alles andere ging an die jeweilige Schauspielerin. Kein Date unter fünfhundert Euro. Das schien mir vernünftig. Es war mir gleich klar, dass das Startkapital aus meiner Börse kommen musste. Also versprach ich zwanzigtausend Kröten für die ersten Investitionen und die harte Anfangszeit – und ich hoffte darauf, so ein paar neue Männer kennenzulernen, denen man nachher nicht erklären musste, warum man sie nicht mehr sehen wollte. Zwar war Sex ganz offenkundig nicht im Katalogprogramm, aber die beiden schlossen das auch nicht ausdrücklich aus. Sie hatten wahrscheinlich ganz einfach nicht daran gedacht. Und ich hütete mich, sie auf diese Lücke in ihrem Angebot hinzuweisen. Außerdem hatte ich nichts dagegen, ein bisschen dazuzuverdienen. Musste ich Franz ja nicht sagen.
»Wir wissen nur noch nicht, wie wir unser Angebot unter die Leute bringen sollen«, schloss Annette ihren langen Vortrag.
»Anzeige«, schlug ich vor.
»Ja, aber was soll drinstehen?«
»Wollen Sie Ihre Mutter erschrecken?«
Eva sah mich aufmerksam an.
»Gar nicht schlecht. Ich würde allerdings lieber die Väter erschrecken.«
»Das kannst du gerne übernehmen.«
Da war ich großzügig.
»Wollen Sie mal eine richtig anstrengende Frau kennenlernen?« Annette war in Hochform nach ihrem Erfolgserlebnis gestern Abend.
»Zu doppeldeutig«, knurrte Eva.
Das fand ich zwar nicht, aber zumindest wusste ich, was sie meinte.
Wir brauchten den ganzen Nachmittag für den Text, obwohl er schließlich doch so klang, als hätten wir ihn in fünf Minuten hingekritzelt: Rent a Woman – Mieten Sie die Frau Ihrer Alpträume: Die anstrengende Geliebte, die renitente Tochter, die böse Schwiegermutter, die erfolgreiche Ehefrau – Lernen Sie Frauen so kennen, wie sie wirklich sind. Lernen Sie, mit ihnen auszukommen. Wir gaben die Annonce gleich online auf bei einer Zeitung für die Wochenendausgabe unter Vermischtes. Nur keine Nacht darüber schlafen, wer wusste schon, wie die Mädels am nächsten Tag drauf waren. Als Kontakt nannten wir Annettes Telefonnummer. Sie konnte ihr Wohnzimmer, das ohnehin mehr wie ein Büro aussah vor lauter Wissenschaft, gleich umfunktionieren. Das wäre für den Anfang die preiswerteste Lösung.
Als alles geklärt schien, war ich müde. Zwar hatte ich die letzten beiden Abende alleine verbracht, aber das hier war Knochenarbeit gewesen, und jetzt sehnte ich mich wirklich nach einem entspannenden Kerl. Ich griff nach meinen Autoschlüsseln.
»Jetzt fahren wir zu Annette.«
»Was willst du denn bei mir?«
Annette war manchmal nicht die Schnellste im Denken. Sie hatte offenbar ganz vergessen, dass in ihrem künftigen Büro noch der Cousin hauste.
»Ich hole deinen Parasiten und quartiere ihn bei mir ein, liebe Nichte. Der hat bei dir keinen Platz mehr.«
»Und was willst du mit ihm machen?«
»Mal sehen. Wenn er was taugt, kann er bleiben.«
Annette Meine Wohnung war dunkel. Der Cousin war ausgeflogen. Pech. Es würde wohl noch dauern, bis ich ihn los würde. Ricarda sah das anders. Sie packte gleich die Sachen des neuen Verwandten zusammen, die würde sie mitnehmen. Er könnte ja dann mit dem Bus nachkommen. Wir fingen schon mal an, das Wohnzimmer umzugestalten, damit es etwas mehr wie ein Büro aussah. Fernseher
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