Aggression: Warum sie für uns und unsere Kinder notwendig ist (German Edition)
sich vorstellen. Wenn du ein solches Kind triffst, braucht die ganze Familie dringend Hilfe – am besten schon gestern! Versuch nicht, an dem Symptom des Kindes zu laborieren und seine Eltern zu ermutigen, ihm Grenzen zu setzen. Das macht alles nur noch viel schlimmer. Diese Kinder kommen unschuldig zu ihrem Verhalten – das reale Verhaltensproblem haben die Eltern.
Als Lehrer musst du diesen Kindern Sympathie und Empathie entgegenbringen, du musst sie mit einem authentischen Feedback konfrontieren und dafür Sorge tragen, dass ihre Eltern sinnvolle Hilfe und Anregungen erhalten. Es wird nicht lange dauern, und diese Kinder werden ihr soziales Verhalten ändern. Die Aggression anderen Kindern gegenüber wird aufhören, sie war bloß ein Symptom ihrer Einsamkeit und ein verzweifelter Hilferuf nach echter menschlicher Interaktion.
Wenn wir ein ähnliches Verhalten bei älteren Kindern wahrnehmen, ist die Herangehensweise dieselbe: Wir sollten die Einladung annehmen, achtsam und respektvoll sollten wir die Welt dieser Kinder betreten und die Empfehlungen, die ich weiter unten beschreibe, befolgen. In der Welt dieser Kinder wirst du sehr schmerzhafte Erfahrungen entdecken – du kannst nicht viel oder nur sehr wenig machen. Unglücklicherweise. Aber glücklicherweise kannst du durch dein echtes Interesse das Symptom minimieren – zumindest dann, wenn du zugegen bist.
Die wesentlichen Qualitäten, mit denen wir Erwachsene – Eltern, Erzieher, Lehrer, Pädagogen, Nachbarn – das Leben von Kindern, die aggressiv oder öfters aggressiv sind, in ihren sozialen Beziehungen bereichern können, sind:
Dialog,
Interesse,
Neugierde,
Anerkennung,
persönliches Feedback.
Dies sind die fünf konstruktiven Qualitäten, die im Leben eines aggressiven und/oder gewalttätigen Menschen Früchte tragen werden, ungeachtet des Alters, und du kannst dir sicher sein, dass du damit das Leben des anderen Menschen bereicherst, aber auch dein eigenes sowie deine Beziehung zu diesem Menschen.
Weder zusammen noch einzeln gehören diese Qualitäten zu einer Methode, sie stellen eher eine Art dar, zu sein und sich zu beziehen – sich auf Kinder und Erwachsene zu beziehen, deren Verhalten die Integrität anderer Menschen verletzt oder ihr eigenes Leben gefährdet.
Eltern als »Rabauken«
Eine andere unglückliche Tatsache ist, dass immer mehr Eltern damit beschäftigt sind, ihre eigenen Kinder vor Leiden und Frustrationen zu schützen – und dabei verhindern, dass ihre Kinder grundlegende soziale sowie existentiell wichtige Fertigkeiten erwerben; sie beschweren sich im Kindergarten, wenn ihr Kind gebissen oder geschlagen worden ist, und fordern, dass »schwierige« Kinder aus dem Kindergarten oder Klassenzimmer ausgeschlossen werden. Meiner Meinung nach ist das eine sehr bedauerliche Entwicklung; die Philosophie, auf der sie beruht, spiegelt folgender Spruch ganz genau wider: »Jeder ist sich selbst der Nächste!«
Ein weiterer destruktiver Aspekt dieser Tendenz ist, die Gesellschaft in Gewinner und Verlierer einzuteilen und die Rechnung unschuldige Kinder begleichen zu lassen. Solche Eltern praktizieren eine selbstgerechte Art, schwache Kinder zu mobben, ohne dabei ihre Hände schmutzig zu machen. Für sie ist das eine Frage der »Demokratie«. Und wenn dann die Mehrheit der Eltern auf ein armes Kind losgeht, ist das nur noch widerwärtig.
Solltest du zu diesen Eltern gehören und dich durch meine scharfen Worte ungerecht behandelt fühlen, musst du wissen: Es gibt hierzu Alternativen. Einige Lehrer gehen einer jämmerlichen Aufgabe nach: Sie bewältigen schwierige Situationen, indem sie Kinder einfach fallen lassen. Die eine Alternative lautet demnach, mit dem Lehrer zu sprechen und herauszufinden, was er braucht, um mit dem Konflikt besser umzugehen, und diese Information der Schulleitung weiterzuleiten, damit diese für Supervision und Coaching Mittel zur Verfügung stellt. Eine andere Alternative ist, dein eigenes Kind davon zu überzeugen, dass der Unruhestifter aus dem Kindergarten oder der Schule ein- statt ausgeschlossen werden muss. Lade das »schwierige Kind« zu dir ein und versuche, eine Beziehung zu ihm herzustellen. Nicht indem du lieb und nett bist, sondern einfach nur, indem du ihm in einer freundlichen Art sagst, dass du seine Schwierigkeiten verstehst. Biete ihm deine Hilfe an und lass ihn wissen, wo deine Grenzen sind. Gib ihm keine Chance – sei seine Chance! Damit machst du gleichzeitig deinem eigenen Kind ein
Weitere Kostenlose Bücher