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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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dich nicht getäuscht? Es ist kein Zweifel möglich?“, vergewisserte sich der Ritter.
    „Ich habe das herzogliche Banner genau erkannt!“, beteuerte der Posten. „Es war Albrecht – und er befand sich mit etwa drei Dutzend Bewaffneten auf dem Weg nach Landshut!“
    „Dann in die Sättel und schnurstracks nach Vohburg!“, befahl der Kleinadlige grinsend. „Jetzt können wir uns allesamt eine Menge Meriten verdienen!“ Er hastete ins Freie, brüllte nach den Rosswachen und schien es kaum mehr erwarten zu können, bis die Tiere herangebracht wurden. Wenig später befanden sich die dreizehn Reiter auf der Heerstraße und jagten mit verhängten Zügeln auf die Grafenstadt zu; die während der Nacht überrumpelten Bauern waren gefesselt in ihrer Kate zurückgelassen worden.
*
    „Nicht so fest! Es ziept ganz schlimm!“, protestierte Sibylla. „Du tust mir weh!“
    „Aber wir müssen dein Haar durchkämmen, wenn du die Zöpfchen haben willst“, erwiderte Agnes. Seit die Dreijährige sie in Beschlag genommen hatte, fühlte sie sich ein wenig besser. „Ein Dutzend Bürstenstriche bloß noch“, setzte sie hinzu. „Komm, wir zählen mit, dann geht es schneller: Einer für Papi …“
    „Und einer für Mami“, fiel das Mädchen getröstet ein, „und einer für mich …“
    „Und einer für den Onkel Betzwie…“, wollte die Blonde das Spiel fortsetzen, als sie plötzlich unten im Hof den Aufruhr vernahm. Pferdegetrappel, dutzendfach, fing und verstärkte sich in der Mauerschlucht zwischen Tor und Palas, dazu wurden erregte Rufe laut, und jetzt begann hektisch auch noch die Glocke im Portalturm zu läuten.
    Die Bürste fiel zu Boden, Agnes sprang auf und eilte, ohne auf die neuerlichen Proteste ihrer Tochter zu achten, zum Fenster. Kann es denn sein, dass Albrecht unvermutet zurückgekehrt ist?, dachte sie zunächst noch – doch dann erkannte sie, dass es sich bei den Eindringlingen um Fremde handelte. Zwölf oder dreizehn waren es, ein Ritter befand sich unter ihnen, und der war es auch, welcher jetzt auf einmal den Befehl gab, die Schwerter zu ziehen.
    Zitternd, verstört musste die Vierundzwanzigjährige mitansehen, wie die wenigen Reisigen, die in der Vohburg zurückgeblieben waren, in einen toten Winkel abgedrängt wurden. Trotz ihrer Furcht riss die Bernauerin das Fenster auf, wollte ihre Empörung hinunterrufen in den Hof. Aber ehe sie einen Laut herausbrachte, war unvermittelt der Pfarrer da, und die Blonde hörte, wie er den Kleinadligen anherrschte: „Was soll das bedeuten?! Ihr dringt hier ein, brecht den Burgfrieden! Bitter zur Rechenschaft ziehen wird man Euch!“
    Gleich darauf drang die andere Stimme herauf zum Erker; die Antwort des Gepanzerten: „Kusch, Pfaffe! Befehl von Herzog Ernst zu München haben wir!“
    Vom Glotzäugigen, vom Feind, vom ewigen Widersacher! Das Begreifen hämmerte Agnes durch den Schädel; gleichzeitig wummerte die furchtbare Angst der Nacht, die Beklemmung ihres Albtraumes in sie zurück. Was in der Dunkelheit aber bloß vage gewesen war, gestaltete sich jetzt in entsetzlicher scharfkantiger Realität aus; sie wusste plötzlich unverbrüchlich: Der Überfall galt ihr; ihr und dem Kind!
    Fliehen!, schartete es sich ihr ins Gehirn; sie wollte vom Fenster zurückweichen, spürte jedoch mit demselben Herzschlag, dass ihre Knie wie Watte nachgaben, dass ihre Beine sie scheinbar nicht mehr tragen wollten. Und eine unsichtbare Mauer schien zwischen ihr und Sibylla zu sein; ein irgendwie nebliger Wall, den ihre ausgestreckten Hände unmöglich zu durchdringen vermochten. Dennoch krallte sie sich hinein, dennoch kämpfte sie wimmernd dagegen an – erst als sie sich mit der Dreijährigen bereits viel höher im Palas befand, wurde ihr bewusst, dass die Lähmung von ihr gewichen war, dass sie das Entkommen geschafft hatten; vorerst zumindest.
    Glasklar arbeitete ihr Verstand wieder; an den Tag erinnerte sie sich, an dem Albrecht ihr den verborgenen Gang gezeigt hatte. Bis jetzt war die Blonde lediglich instinktiv in die Richtung der Kammer mit der schweren Eichentruhe gelaufen, hatte das heulende Mädchen einfach mitgezerrt. Doch nun nahm sie Sibylla auf den Arm, drückte sie, hielt sie fest und flüsterte ihr atemlos zu: „Ganz leise musst du sein, bitte! Dann kann ich dich in ein Versteck bringen, wo uns keiner entdeckt! Aber es wird nur gelingen, wenn du still wie ein Mäuschen bist!“
    Das Schluchzen der Kleinen verebbte, löste sich in krampfartiges, stoßendes

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