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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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weggestoßen; wieder begann er leise auf sie einzureden, erhielt jedoch keine Antwort. Obwohl sie da war, obwohl sie ganz offensichtlich über den Beischlaf hinaus seine Nähe und seine Umarmung brauchte, schien sie dennoch unendlich weit entfernt zu sein. Erst nach einer ganzen Weile versiegten ihre Tränen; sie richtete sich über ihm auf, nahm sein Gesicht in ihre Hände wie etwas sehr Zerbrechliches und fragte: „Musst du denn wirklich nach Landshut reiten?! Kannst du denn keinen Boten hinsenden und ausrichten lassen, dass dir an der Jagd nichts liegt?! Ist es denn tatsächlich so wichtig, dass du dich auf der Trausnitz 79 mit Herzog Heinrich triffst?!“
    Albrecht brachte es vom Verstand her nicht unter einen Hut: zuerst das wilde Beilager, dann ihre Tränen und nun das Profane. Könnte es sein, dass sie wieder schwanger ist?, durchfuhr es ihn. Ist sie deswegen so im Widerspruch mit sich selbst? Sein inwendiges Verprelltsein wich einer tiefen Zärtlichkeit. „Ich würde doch auch lieber bei dir bleiben, mein Herz“, erwiderte er, „das weißt du doch! Aber wenn ich die Einladung zurückweisen würde, hätten wir am Ende beide den Schaden. Dass mein Verwandter mich zum gemeinsamen Waidwerk geladen hat, kann doch nur bedeuten, dass er im Streit mit Ernst auf meiner Seite steht. Ganz offensichtlich will er den Bruch zwischen dem Alten und mir kitten – und wenn einer dies überhaupt noch schaffen kann, dann eben nur der Landshuter! Ich tue es also für uns, für unsere Liebe, wenn ich an die Isar reite. Aber das habe ich dir doch schon mehr als einmal erklärt, seit Anfang des Monats der Kurier kam, und daher verstehe ich auch nicht, warum du dich jetzt auf einmal so dagegen sperrst und offenbar sogar Albträume deswegen hast …“
    „Es ist … nur ein Gefühl gewesen“, murmelte Agnes. „Ich weiß, ich bin nur ein dummes Weib; jetzt schäme ich mich plötzlich …“
    „Du bist nicht dumm, musst dich auch nicht schämen“, versetzte der Wittelsbacher. „Du bist bloß durcheinander; nach allem, was wir in letzter Zeit durchgemacht haben, wäre es kein Wunder! Aber ich verspreche dir, ich werde gute Nachrichten mitbringen, wenn ich in einer Woche von der Jagd mit Herzog Heinrich heimkehre.“
    „Ja“, flüsterte die Mooräugige. „Du hast es mir versprochen, und ich glaube dir. – Schlaf jetzt noch ein bisschen, aber halte mich bitte weiter in deinen Armen dabei! Ich brauche es; ich brauche es so sehr …“
    Wenig später ging der Atem des Dunkelhaarigen wieder regelmäßig und tief; Agnes freilich vermochte nicht wieder einzuschlummern. Eingekrümmt lag sie da; sein Körper, seine Hände waren wie eine Schale um sie – doch jenseits der Bettstatt war das Fenster kantig in die Mauer gekerbt, und der Nachthimmel dahinter wirkte trotz der Sterne grausam leer. Je mehr er gegen die Morgendämmerung hin fahl wurde, umso weiter schien seine Substanz zurückzuweichen in ein undefinierbares, totenblasses Nichts. Und wieder fühlte Agnes die Beklemmung aufwuchern, doch diesmal – vom Verstand gelenkt – schaffte sie es, nicht noch einmal zu weinen.
    Eine Stunde nach Sonnenaufgang dann trat das Paar hinaus auf den Hof. Die Blonde hatte es sich nicht nehmen lassen wollen, bis zuletzt bei ihrem Gatten zu sein. Noch einmal, ehe Albrecht sich in den Sattel schwang, sank sie in seine Umarmung hinein; danach schien jeder Huftritt der angaloppierenden Rösser sie messernd zu schmerzen. Sie blickte der Kavalkade nach, so lange sie konnte; als die Reiter zuletzt auch vom Turm aus nicht mehr zu sehen waren, floh sie zu Sibylla. Das Leben suchte sie bei der Dreijährigen, das Fleisch und Blut gewordene Unterpfand für ihre Liebe – dennoch, als sie das Kind an der Brust hielt, hatte sie das Empfinden, als wichen das Leben und die Liebe unaufhaltsam von ihr weg.
    Davon ahnte der Dunkelhaarige nichts, während er unter zirrenfrostigem Himmel nach Südosten sprengte, und auch dem ruinösen Bergfried, der nach etwa zwei Meilen zur Rechten des Trupps auftauchte, schenkte er keinerlei Beachtung. Vier, fünf Pfeilschussweiten entfernt, preschten die Pferde an dem Hügel vorüber; einige Hundert Meter weiter verschluckte sie der Wald.
    Der Landsknecht, der in der Morgendämmerung den Aufstieg zum zerwitterten Zinnenkranz tatsächlich geschafft hatte, stieß einen gellenden Pfiff aus und beeilte sich, wieder nach unten zu kommen. „Sie haben die Straße passiert!“, meldete er atemlos dem Einschildner.
    „Und du hast

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