Agnetha Fältskog. Die Stimme von ABBA (Die ABBA-Tetralogy) (German Edition)
Valente klingt, und das Studio tobt. Das Lied ist nicht besser oder schlechter als das von Frida, sicherlich weniger eindrucksvoll arrangiert, doch Agnethas Präsenz und der Ausdruck in ihrem Gesicht überstrahlen alles, was Frida bieten kann, und das so sehr, dass sie Frida auch in Folge über Jahre den Charterfolg vermiesen wird, und das nur, weil Agnethas Lieder den kleinen schwedischen Schlagermarkt beherrschen. Schon bei dieser ersten Begegnung hat Agnetha damit deutlich klargestellt, dass ihr als „Küken“ der Vortritt gebührt. Frida ist nach der Sendung wie vor den Kopf geschlagen, und wird in der Folge damit zu kämpfen haben, dass ihre Karriere auch weiterhin nicht so recht in Schwung kommen will, während Agnetha im Lauf des Jahres 1968 zum landesweiten Star aufsteigt, zum Liebling der Nation. Es ist kein guter Start für die Beziehung zwischen diesen beiden Frauen, die später bei ABBA viele Jahre zusammenarbeiten werden müssen. Sie werden dabei wiederholt feststellen, dass sie sich nicht hassen. Aber dass es keine Liebe zwischen ihnen gibt, kann jeder erkennen, der einmal ein ABBA-Konzert besucht hat. Und die Presse, die Frida in dieser Beziehung immer als die ewige Zweite beschreiben werden, die von Anfang an hinter einem blonden Backfisch zurückstehen muss, wird diese Animosität vertiefen. Schon weil Frida sicherlich Starpotential hat, wie später ihre Solo-Platte „Frida ensam“ mit dem Hit „Fernando“ eindrucksvoll beweisen wird. Niemand weiß außerdem, dass Frida ebenfalls das Talent hat, annehmbare Lieder zu schreiben. Man wird das erst feststellen, als Frida längst ihre Zeit bei ABBA hinter sich hat und schon vor dem Rückzug aus dem Musikgeschäft steht.
Bei Agnetha steht von Anfang an durch ihren ersten Hit fest, dass sie Kompositionstalent hat. Sie sieht sich auch selbst als Liedermacherin und will auch gleich auf dieser Schiene weitermachen. Wo andere von ihrer Erscheinung und ihrer Stimme gefangen sind, wäre es ihr selbst lieber, wenn sie nicht persönlich vor dem Publikum stehen und singen müsste, sondern ihre Lieder an Menschen weiterreichen könnte, die das gerne tun. Ihr neues Lied „Försonade“ (Versöhnt) lässt Agnetha deshalb über ihre Plattenfirma dem bekannten schwedischen Schlagersänger Gunnar Wiklund anbieten, der es für den Eurovision Song Contest singen soll. Doch Wiklund lehnt ab, und Agnetha spielt das Lied für ihre zweite Single ein, die im Februar 1968 erscheint. Sie ist sehr überrascht, als die Single unerwartet wie Blei in den Regalen liegen bleibt. Wo sind die Käufer geblieben, die sich gerade noch ihre erste Single aus der Hand gerissen haben? War alles nur ein leerer Traum? Auch bei Cupol ist man betroffen. Little Gerhard muntert sie dann auf. Er meint, dass sie nicht zu sehr auf den schwedischen Markt achten soll. Der ist ohnehin zu klein, um langfristig in ihm zu überleben, meint er. Agnethas Blick soll lieber ins Ausland gehen. Nach Deutschland beispielsweise. Dorthin hat Cupol ja schon längst die Fühler ausgestreckt. Agnetha weiß nicht, was sie davon halten soll. Nach Deutschland zu gehen – dazu hat sie eigentlich keine rechte Motivation. Sie kann auch gar nicht Deutsch. Bislang hat sie noch bei der Autofirma gearbeitet, doch diese Zeit geht nun zu Ende, als sie eines Tages bei der Arbeit vor Erschöpfung ohnmächtig wird.
Agnetha: „Eine der Mädchen dort sagte mir, dass ich blass bin. Das ist das letzte, woran ich mich erinnern kann, bevor ich umfiel.“
Agnetha ist an dem Tag völlig erschöpft. Sie hat seit Wochen kaum geschlafen, kaum gegessen und raucht wie ein Schlot. Das kann so nicht weitergehen, findet auch ihre Familie. Birgit Fältskog wäre es lieber, wenn Agnetha ihr „Hobby“ - nämlich die Musik - etwas einschränken würde. Vom ersten Hit waren noch alle aus dem Häuschen, doch der Misserfolg der zweiten Single zeigt natürlich auch, dass das Musikgeschäft seine Tücken hat.
Agnetha: „Meine Mutter gab mir ein Ultimatum. Ich sollte entweder weiter in der Telefonzentrale arbeiten oder nur mehr singen. Ich wählte das Singen und ich glaube, meine Eltern waren nicht besonders glücklich darüber, dass ich mich so entschieden hatte.“
Das kleine Mädchen aus Jönköping möchte also unbedingt ein Popstar sein. Sie ist bereit, dafür hart zu arbeiten. In den ersten Monaten wird ihr der Weg zum Erfolg tatsächlich schwer gemacht. Sie wird von den Zwängen im Plattengeschäft schnell ins Korsett genommen, muss sich
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