Agrarwende jetzt
Finanzminister aller Länder vereinigt euch endlich gegen die internationale Öl- und Benzinlobby! Diese 600 Milliarden Dollar Steuerersparnis mit entsprechender Umweltbelastung sind politischer Wahnsinn.
Oder wie sinnvoll ist der 3500-Kilometer-Transport eines lebenden Tieres aus Polen zum Schlachten nach Spanien oder gar Nordafrika und schließlich zum Verzehr nach Deutschland? Wirtschaften auf Kosten der Tiere und auf Kosten der Umwelt ist unterm Strich immer die teuerste Lösung. Das auf Export und Überschüsse angelegte Agrarsystem trägt in sich die Symptome einer maroden Weltagrarpolitik: vorgestern Schweinepest, gestern Rinderwahn, heute Maul- und Klauenseuche und morgen ein neuer Hormonskandal.
Immer mehr Fleischesser beschleicht der Verdacht, dass die industrialisierte Tierzucht ehemalige Bauernhöfe in Stätten für Seuchen verwandelt. Es wird nicht reichen, Tier- und Fleischtransporte für einige Wochen zu verbieten. Das alte System hat keine Zukunft mehr. Betroffen sind nicht nur Vieh und Farmer. In England zum Beispiel auch die Tourismusbranche, die volkswirtschaftlich gesehen eine größere Rolle spielt als die gesamte Landwirtschaft. Das ist zunächst einmal vorbei. Allein konsequente ökologische Tierhaltung und ökologische Landwirtschaft wird das Vertrauen der Touristen zurückgewinnen.
2. Ökolandwirtschaft kann nicht alle ernähren!
Zunächst einmal: Die konventionelle, subventionierte Landwirtschaft produziert heute pro Hektar ein Drittel mehr als der ökologische Landbau. Aber dieses Drittel entspricht exakt jenen Überschüssen, die heute - wiederum hoch subventioniert - in der EU vernichtet werden müssen. Und damit der politische Wahnsinn komplett ist, bekommen Bauern auch noch eine »Flächenstilllegungsprämie«. Dieses Wort ist nicht nur das »Unwort des Jahres« - es müsste das »Unwort des Jahrzehnts« werden. Und in dieser Situation sorgen sich die Agrarlobbyisten über »Versorgungsmängel beim ökologischen Landbau«. Mit solchen Methoden und »Argumenten« wurde schon immer von den wahren Problemen abgelenkt. Die Vertreter des Wahnsinns sind geradezu rührend »um die Gesundheit der Menschen« besorgt.
Dass Europas Ernährung durch ökologische Landwirtschaft gesichert werden kann - auch bei einer flächendeckenden Umstellung -, hat Arnim Bechmann schon 1993 in seiner Studie »Landwirtschaft 2000 - Die Zukunft gehört dem ökologischen Landbau« und 1995 noch einmal in einer umfassenden Studie für meine ARD-Reihe »Zeitsprung« errechnet. Und inzwischen gab es auch beim ökologischen Landbau Ertragssteigerungen. Ähnliche Berechnungen gibt es für die USA, Österreich, die Schweiz und andere Industriestaaten.
Auch hier gilt: Probleme haben wir durch Überschussproduktion in der alten Landwirtschaft, nicht durch Mangelerträge beim ökologischen Landbau. Trotzdem werden natürlich die alten Mythen voller »Besorgnis um die Ernährungssicherheit« gepflegt.
Im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh drehte ich eine Fernsehreportage über die Ernährungssituation von 10 000 Ureinwohnern. Bis 1970 hatten sie in der Nähe von Hyderabad grünes, fruchtbares Land bewirtschaftet und genug zu essen. Danach verkarstete und erodierte ihr Land hauptsächlich wegen des Klimawandels und wegen einer katastrophalen Abholzung. Die Folge der Bodenerosion war, dass die Böden das Regenwasser nicht mehr halten konnten, es ungebremst die Berge hinunterschoss und der Grundwasserspiegel dramatisch sank. Die Bauern konnten auf dem verwüsteten Land nichts mehr anbauen und mussten in die Slums der Großstädte flüchten. Dort fanden sie - manchmal - Arbeit als Kulis und Tagelöhner und verdienten - manchmal - eine Mark am Tag! Ihre Kinder gingen nicht zur Schule, sondern in die Fabrik. Doch ab 1990 wurde alles anders.
Die Einheimischen lernten - finanziert von der deutschen Andheri-Hilfe in Bonn - moderne Wasserbewirtschaftungsmethoden wie den Bau von Dämmen, das Anlegen von Terrassenfeldern und das Bohren von Brunnen. Heute ist das Land wieder grün und fruchtbar, und der Grundwasserspiegel steigt. Sämtliche Bauern dieser Gegend arbeiten selbstverständlich ökologisch und lehnen Kunstdüngereinsatz sowie gentechnisch veränderte Pflanzen ab. Alle Flüchtlinge - es waren über 5000 - sind wieder in ihre sechs Dörfer zurückgekehrt.
Sie haben heute nicht nur ausreichend Lebensmittel für sich, sondern verdienen mehr Geld als je zuvor durch den Verkauf von Obst, Gemüse und Reis. Die Bäuerinnen
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