Agrarwende jetzt
Tiere bestimmt.
Sechs Milliarden Menschen halten sich heute 20 Milliarden Nutztiere, um uns mit Fleisch, Milch und Eiern zu versorgen. In kleinbäuerlichen Betrieben werden auch heute noch Gras, Heu und Abfälle verfüttert, aber in dem Augenblick, in dem Tiere in Massentierhaltung mit Soja und Getreide gemästet werden, treten sie in Nahrungskonkurrenz zum Menschen.
Jedes der 1,3 Milliarden Rinder auf unserer Erde hinterlässt eine Spur der Verwüstung, hat Jeremy Rifkin in seinem Buch »Das Imperium der Rinder« errechnet:
• 18 000 Quadratmeter Regenwald werden in Südamerika für ein Rind in Weideland umgewandelt.
• Der Anbau des Futters für ein einziges Mastrind verbraucht 600 000 Liter Wasser.
• 200 000 Liter des Klimakillers Methan rülpst ein Rind im Laufe seines Lebens in die Luft. Und Methan ist etwa 20-mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid.
• Für Energie- und Futtermittelanbau werden pro Rind 2500 Liter Treibstoff verbraucht. Dadurch entstehen 3000 Kilogramm Kohlendioxid.
Zu Beginn der BSE-Krise in Deutschland kommentierte »Der Spiegel«: »BSE mag die Welt derzeit in Atem halten. Der wahre Rinderwahnsinn jedoch spielt sich seit Jahrzehnten hinter den Kulissen der weltweiten Fleischindustrie ab. Der globale Tanz um das saftige Kalb verursacht ökologische Schäden, die ohne Beispiel sind.«
1000 Liter Benzin werden benötigt, um eine durchschnittliche deutsche Familie ein Jahr mit Rindfleisch zu versorgen. Jeremy Rifkin hat vorgerechnet, dass für jeden »Hamburger« bei McDonald’s im Schnitt sechs Quadratmeter Urwald in Getreideland umgewandelt werden.
Rinder, das heißt unser Rindfleischverzehr, spielen eine entscheidende Rolle bei der Nahrungskrise der Weltbevölkerung. Das Lebendgewicht der Rinder übertrifft das der sechs Milliarden Menschen um das Dreifache. Auf jeden Bewohner Südamerikas kommt ein Rind, in Australien leben sogar 40 Prozent mehr Rinder als Menschen.
Ein deutscher Mensch isst im Laufe seines Lebens durchschnittlich sieben Rinder. Kostbare Lebensräume wie Savannen oder tropische Regenwälder sind Opfer des menschlichen Rinderwahns. Unser Fleischhunger produziert bereits weit mehr Treibhausgase als unsere nicht gerade umweltverträglichen Autos. Apokalypse Cow! Ein Rindermastbetrieb mit 10 000 Tieren produziert so viel organischen Abfall wie eine Großstadt mit 110 000 Einwohnern.
1950 wurden im Schnitt für jeden Menschen unserer Erde knapp 20 Kilogramm Fleisch erzeugt - heute sind es beinahe 40 Kilogramm. Und die Zahl der Fleischesser steigt täglich.
Unsere fleischliche Ernährungsweise ist die größte Kalorienverschwendung aller Zeiten. Zur Produktion von einer Kalorie tierischer Nahrung brauchen wir:
• Bei Hühnerfleisch zwölf Kalorien Getreide,
• bei Rindfleisch neun Kalorien Getreide,
• bei Milch fünf Kalorien Getreide,
• bei Eiern vier Kalorien Getreide,
• bei Schweinefleisch drei Kalorien Getreide.
Ich wiederhole: Die Behauptung, gegen zu wenig Nahrungsmittel in der Welt helfe nur mehr die Nutzung von Agrarchemie und Gentechnik, ist ein unverantwortlicher Mythos. Solange zum Erzeugen eines Kilogramms Rindfleisch neun Kilogramm Getreide nötig sind, brauchen wir weder Gentechnik noch mehr Agrarchemie noch mehr Intensivlandwirtschaft. Den Teufel treibt man nicht mit Beelzebub aus.
Eine weitere Gefahr der Genmanipulationen sind die steigenden Allergieanfälligkeiten. Doch auch hier gilt: Die Risiken der Genmanipulationen tragen wir Konsumenten, die Gewinne kassieren die Konzerne.
Die Chemiekonzerne, die Atomlobby und die Agrarlobby leben von der großen Lüge, dass ihre Produkte preiswert sind. Wenn aber realistisch und marktwirtschaftlich gerechnet wird, das heißt, wenn die möglichen Folgekosten nach dem Verursacherprinzip mitbedacht werden, wird schnell klar, dass sich Chemielandwirtschaft so wenig rechnet wie Genmanipulation oder Atomenergie.
Diese alles beherrschende Lüge , das Lebensfeindliche sei preiswert und das Lebensfreundliche sei teuer, gilt es zu entlarven. Auch Umweltverbände und Ökobauern tappen häufig in diese Falle. Die Befreiung aus ihr führt zum 100-prozentigen ökologischen Landbau und zu 100-prozentiger Versorgung mit erneuerbaren Energien. Karl Ludwig Schweisfurth, der Pionier unter den Ökometzgern und Ökobauern, sagte mir im Mai 2001 während einer Podiumsdiskussion zum Thema »Fleisch hat Zukunft«: »Ich bin der Einzige in der Branche, der zurzeit Geld verdient. Wer nicht ökologisiert, ist
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