Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Agrarwende jetzt

Titel: Agrarwende jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Alt , Brigitte Alt
Vom Netzwerk:
Planet Erde. Menschen gibt es erst seit etwa zwei Millionen Jahren und menschliche Zivilisation seit 10 000 Jahren. Ackerbau und Viehzucht betreiben wir seit 8000 Jahren. Vor 200 Jahren setzten wir die industrielle Revolution in Gang und seit zirka 50 Jahren sind wir dabei, an dem Rad der Selbstzerstörung zu drehen. Wenn wir vernünftig sind, nützen wir die nächsten 50 Jahre, um uns wieder vom Abgrund zu entfernen.
    Die Richtung, die wir einschlagen müssen, ist klar, aber noch rasen wir weiter in Richtung Abgrund. Solange das geschieht, ist jedes andere Thema zweitrangig. Das Verhältnis Mensch-Natur hat existenzielle Dimensionen angenommen. Das Umweltthema muss reanimiert werden, und zwar für ganz Europa.
    Der Europäische Rat der Agrarminister hat 1997 das Ziel einer ökologisch-nachhaltigen Landwirtschaft formuliert: »Sie muss in der Lage sein, die Landschaft zu pflegen, die Naturräume zu erhalten, einen wesentlichen Beitrag zur Vitalität des ländlichen Raumes zu leisten und den Anforderungen der Verbraucher in Bezug auf die Qualität und die Sicherheit der Lebensmittel, den Umweltschutz und den Tierschutz gerecht zu werden.«
    Die Politik erwartet also von den Landwirten weit mehr als die Produktion von Nahrungsmitteln. Doch wie sollen diese Leistungen honoriert werden? Leider sind den schönen Worten der europäischen Agrarminister bis heute keine entsprechenden Taten gefolgt.
    »Wenn wir die Ökologie nicht endlich ernster nehmen«, sagte Michail Gorbatschow in meiner Fernsehreihe »Grenzenlos« in 3sat, »können wir alles andere vergessen. Die Globalisierung braucht soziale und ökologische Rahmenbedingungen!« Viele ökologische Probleme werden zuerst in der Land- und Forstwirtschaft als dem naturnächsten Wirtschaften sichtbar. Die herrschende Produktionsweise setzt auf Kurzsichtigkeit statt auf Nachhaltigkeit.
    Letzteres aber ist die Grundlage der Bäuerlichkeit. Ein Bauer, der lange von seiner Kuh Milch will, darf sie nicht vorzeitig schlachten, wenn er noch viele Jahre Äpfel ernten will, darf er seinen Apfelbaum nicht umsägen, und wenn er viele Ernten will, muss er mit seinen Böden schonend umgehen. Die ökologische Ordnung kennt natürliche Grenzen und kein grenzenloses Wachstum. Das Einzige, was in der Natur »grenzenlos« wächst, ist der Krebs - er wächst bis zum Tod. Die heutige Ökonomie mit ihrem Wahn des grenzenlosen Wachstums ist eine Krebswirtschaft, genau genommen eine Todeswirtschaft. Noch wächst die Zahl der Menschen und mit ihr die Zahl der Autos - aber die Bodenfruchtbarkeit und die Güte des Wassers nehmen ab. In einer zeitgemäßen Landwirtschaft muss die Biodiversität, die Lebensvielfalt im Boden, Flora, Fauna und Landschaft Vorrang haben.
    Sogar Ökonomen werden irgendwann begreifen, dass die Wirtschaft nicht unendlich wachsen kann. (Einige müssen gerade begreifen, dass auch Aktienkurse nicht unendlich steigen können!) Jedes Wirtschaftssystem ist ein Untersystem der Erde und auf der gelten Naturgesetze.
    Viele Skeptiker haben selbst in der BSE-Krise 2001 behauptet, die komplette Umstellung auf ökologischen Landbau sei nicht möglich, es wären viel zu wenig Ökoprodukte auf dem Markt. Im Frühjahr 2001 wurde tatsächlich bis zu viermal mehr Biofleisch verlangt als geliefert werden konnte. Ähnlich war der Engpass bei einigen anderen Ökolebensmitteln.
    Richtig an der obigen Behauptung ist, dass die Umstellung nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist. Jede wirkliche ökologische Wende muss organisch wachsen. Zur vollen Umstellung eines Betriebes sind drei Jahre nötig. Die ökologische Landbauwende kann also nicht mit einem Schlag eingeführt werden. Sie hat allerdings durch die Krisen der letzten Jahre einen politischen Schub bekommen. Selbst führende Funktionäre der Bauernverbände sperren sich nicht mehr grundsätzlich. Nachdem Bundeskanzler Schröder die neue Richtung vorgegeben hat, präzisierte seine neue Ministerin für »Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft«, Renate Künast, dass bis 2010 bereits 20 Prozent der Höfe in Deutschland umgestellt haben sollten. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel reklamierte daraufhin im Bundestag für die größte Oppositionspartei 100 Prozent.
    Noch nie hatte es im Bundestag eine solche Einigkeit für die Energiewende gegeben wie bei diesem »Tschernobyl der Landwirtschaft«. Der eigentliche Grund für die einmütige politische Bekundung zur »Agrarwende jetzt« ist natürlich die Angst der Parteien vor den

Weitere Kostenlose Bücher