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Agrarwende jetzt

Titel: Agrarwende jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Alt , Brigitte Alt
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erhielt die bayerische Landwirtschaft eine dreiviertel Milliarde Mark Subventionen - also zirka ein Zehntel dessen, was die Landwirte an unbezahlter Arbeit für die Gesellschaft leisteten. Würden die Bäuerinnen und Bauern den gesamten Wert ihrer Leistungen für Wirtschaft und Gesellschaft erhalten, wäre die »Notlage der Landwirtschaft« schlagartig gelöst.
    Diese Berechnungen wurden unabhängig von der Frage ökologische oder konventionelle Landwirtschaft angestellt. Für die ökologische Landwirtschaft allein fielen sie noch günstiger aus, weil die Gesundheits- und Umweltleistungen natürlich höher wären.
    1994 wurden in Österreich 2000 repräsentativ ausgesuchte Menschen gefragt: »Der ländliche Raum in Österreich ist trotz Landflucht durch seine Bauernhöfe und die bäuerliche Bevölkerung geprägt. Wie wichtig ist Ihnen selbst, dass die Bauern in Österreich weiterhin so wie heute erhalten bleiben?«
    83 Prozent antworteten mit »sehr wichtig« und zwölf Prozent mit »wichtig«. Was aber ist uns diese Wertschätzung finanziell wert? Politik und Gesellschaft werden sich nicht länger um die Beantwortung dieser Frage drücken können, wenn Landwirte - konventionelle und biologische - eine Zukunft haben sollen. Wenn das Bauernsterben der letzten 35 Jahre unverändert weiterginge, gäbe es in Europa in 35 Jahren keinen einzigen Bauern mehr!
    Dass es schon heute in Deutschland Dörfer gibt, in denen man keine Kartoffeln bekommen kann, die vor Ort produziert wurden, ist eine Kulturschande. Und dass in vielen Dörfern kein Liter Milch mehr zu haben ist, der dort gemolken wurde, ist eine Katastrophe.
    Wenn ein Bauer aufgeben muss, ist das jedes Mal das Vernichten einer jahrhundertealten Tradition. Wenn ein Bauernhof stirbt, ist das jedes Mal nicht nur eine menschliche, sondern auch eine kulturelle und eine ökologische Katastrophe - und langfristig erst recht eine ökonomische. Bauernsterben gefährdet unsere Landschaften und Wälder, die Naherholung und den Fremdenverkehr, aber auch die Ernährung und die Lebenskultur im ländlichen Raum.
    Professor Bechmann hat errechnet, was die 100-prozentige ökologische Agrarwende kostet und ob und wie sie finanzierbar ist. Lässt sich die Agrarwende gegen den Widerstand derer, die heute an der konventionellen Landwirtschaft verdienen, durchsetzen?
    Ökologische Krisen sind vorprogrammiert, und wie die BSE-Krise gezeigt hat, beschleunigen hauptsächlich Krisen den Wandel - selbst gegen starke Widerstände. Allerdings sind die Kosten des Wandels in Jahrzehnten nicht exakt zu berechnen. Wenn auf internationalen Klimakonferenzen hauptsächlich US-amerikanische, kanadische und australische Delegierte darauf verweisen, dass »Klimaschutz zu teuer« sei, fragen die Umweltvertreter ebenso hartnäckig zurück: »Wie teuer wird es, das Klima nicht zu schützen?«
    Realisten wissen, dass das teurer wird als vorbeugender Klimaschutz. Je rascher und je intensiver Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden, desto eher besteht die Chance, die ganz großen Katastrophen vielleicht noch zu vermeiden.
    Wer sich, bezogen auf Deutschland, eine Zahl gemerkt hat - 114 Milliarden jährliche Kosten wegen falscher Ernährung -, kommt auf ähnlich grundsätzliche Überlegungen bei den Kosten für den ökologischen Landbau.
    Arnim Bechmanns Zahlen sehen so aus: Er hält es für realistisch, dass die Umstellung in Deutschland 30 Jahre lang pro Jahr etwa zehn Milliarden Mark oder fünf Milliarden Euro kosten wird. Da das Tempo der Umstellung anfangs relativ langsam ist - zwei Prozent der Höfe stellen sich jährlich bis 2010 um - und sich erst ab 2020 deutlich beschleunigt - pro Jahr stellen sich dann fünf Prozent um -, kostet die jährliche Transformation heute weniger als die angenommenen fünf Milliarden Euro und ab 2020 mehr. Arnim Bechmann:
    »Dafür entstünden keine Folgekosten für Umweltbelastungen und -zerstörungen. Diese zehn Milliarden Mark würden unsere Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel um weniger als fünf Prozent anheben. Selbst wenn diese Kosten doppelt so hoch wären, wie wir unterstellen, so würde sich das Argument, ökologischer Landbau ist für die Bundesrepublik zu teuer, nicht ernsthaft aufrechterhalten lassen.«

3. Widerstände gegen die Agrarwende
    Alle Berechnungen bleiben schöne Theorie, wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht gesundheits- und kostenbewusster werden, das heißt immer nur kaufen, was am billigsten ist.
    Die Chemieindustrie, die

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