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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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irgendjemandem gewarnt worden sein. Wie man mir hinterbracht hat, ist das Bett schon zusammengestürzt, nur hat halt ... Agrippina nicht darunter gelegen.«
    »Aber darauf kam es an, nicht wahr?« Gefährlich leise sagt der Kaiser das, und wer ihn kennt, weiß, dass nun höchste Vorsicht geboten ist.
    »Und du, mein werter Tigellinus, was hast du zu sagen?«
    Tigellinus war an dem missglückten Anschlag ebenfalls beteiligt und fühlt sich kaum wohler als sein Kollege Anicetus.
    »Wir werden es eben noch einmal probieren müssen! Wie wäre es ... wie wäre es mit Gift?«
    »Dummkopf!«, herrscht Nero ihn an. »Glaubst du nicht, dass ich nicht auch schon daran gedacht habe? Aber die Elende schluckt jeden Tag ihre kleine Portion, da wird ihr eine größere Gabe nichts mehr ausmachen. Früchte, die man ihr schickt, nimmt sie nicht mehr an. Die Speisen müssen in ihrem Beisein gekocht werden. Und sie geht nie zur Tafel ohne diverse Fläschchen mit Gegengiften, die sie sich von ihrer orientalischen Sklavin zubereiten lässt. Außerdem halten sich in den Gassen hartnäckig die Gerüchte, dass Claudius und Britannicus an Gift umgekommen seien. Einen weiteren Giftmord, und das an der Tochter des ach so beliebten Kriegshelden Germanicus, wird das Volk nicht hinnehmen. Das würden mir selbst meine Prätorianer nicht verzeihen.«
    Anicetus spielt mit dem kleinen goldenen Dolch, der ihm bei der Beförderung zum Flottenkommandant überreicht wurde. Plötzlich rafft er sich auf.
    »Und wenn wir sie durch einen gedungenen Sklaven erdolchen lassen? Den Sklaven könnte man unmittelbar nach der Tat beseitigen!«
    »Glänzend, mein Anicetus, glänzend!« Voller Wut wirft Nero einen halb angebissenen Apfel nach seinem Berater und verfehlt dessen Kopf nur knapp.
    »Bin ich hier nur von Narren und Hohlköpfen umgeben? Wer möchte das Geschrei in Rom hören, wenn die Mutter des Kaisers erdolcht wird? Mit den Fingern werden sie auf mich zeigen. Kein Gassenjunge, der mir nicht Muttermörder nachrufen wird!«
    »Es müsste wie ein Unfall aussehen«, murmelt Tigellinus, »dann könntest du dich ganz deiner Trauer hingeben, und die Welt würde dich bemitleiden anstatt anklagen.«
    »Ein Unfall?« Nero zieht die rechte Augenbraue hoch. Sein Blick verheißt erstmals ein gewisses Wohlwollen.
    »Aber wie?«
    »Auf See!«, ruft Anicetus plötzlich und steht auf.
    »Auf See?«, fragt Nero und wird ganz nervös.
    »Auf See ist keine Art von Unfall unmöglich!«
    »Anicetus hat Recht. Du würdest der Verstorbenen einen Tempel bauen, eine kleine Priesterschaft stiften, und niemand würde dich für das verantwortlich machen, was Wind und Wellen verursacht haben.«
    »Das hört sich soweit gut an, aber wie soll es gehen?«
    Anicetus’ Gestalt strafft sich. Jetzt ist seine Stunde gekommen. Lange hat er darauf gewartet, seinem Herrn so zu dienen, dass er endlich merkt, wie unentbehrlich er ist.
    »Erinnerst du dich an die letzten Wasserspiele, die du dem Volk geschenkt hast?
    Nero nickt düster. »Hat eine Unmenge Geld gekostet! Aber was soll das jetzt ...?«
    Anicetus unterbricht den hohen Herrn ungern, jetzt aber sprudelt es aus ihm heraus.
    »Das Schiff mit den Tieren! Du batest mich, ein Schiff so zu konstruieren, dass es auf einen Hebelzug auseinander fällt und die im Laderaum befindlichen Tiere ins Wasser fallen lässt.«
    »Was haben die Leute gelacht!«, ergänzt Tigellinus, froh, die Dinge nicht ganz seinem Konkurrenten überlassen zu müssen. Denn Konkurrenten sind sie immer, Konkurrenten um die Gunst des Cäsars.
    » Du meinst, man könne so etwas auch für ... für Agrippina bauen?«
    »Sicher kann man das, Herr! Sie wird ins Wasser fallen, wie damals die Tiere, und sie wird ertrinken. Ein furchtbarer Unfall, der ganz Rom und natürlich vor allem den Kaiser in kollektive Trauer stürzt. Und niemand wird wissen, dass es nicht eine Laune der Götter, sondern ein Hebelzug deines tüchtigen Baumeisters war.«
    Nero runzelt die Stirn ob des heftigen Eigenlobs.
    »Wahrscheinlich wird es so funktionieren wie die Sache mit dem Bett!«
    »Nein, Cäsar, diesmal wird es richtig funktionieren. Die Pläne für das Schiff sind sogar noch da. Es wird funktionieren, dafür stehe ich mit meiner Ehre ein!«
    »Mit deinem Kopf wär’ mir lieber«, murmelt der Cäsar und sieht in Gedanken das auseinander fallende Schiff vor sich. Mitten drin, im Strudel der stürmischen Gewässer, seine Mutter, wie sie um Hilfe schreit und die Hände den Matrosen entgegenstreckt.

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