Agrippina - Kaiserin von Rom
schöpfen. Richtig, Tribun, das glaube ich!«
»Bei allen Göttern!« Valerius, der sich gerade hingesetzt hatte, sprang erregt auf und fuchtelte wie wild mit den Händen. »Das bedeutet, dass sie von irgendjemandem gedungen wurden, und den werden wir finden! Endlich eine Spur. Sie wird uns zu dem geheimnisvollen Drahtzieher im Hintergrund führen. Wo zum Hades ist dieser Schurke? Wo habt ihr Castix eingesperrt? Bring ihn sofort her!«
»Eingesperrt? Tribun, wovon sprichst du? Er ist schon auf dem Weg zum Mittelmeer. Der Statthalter höchstpersönlich hat, wie du dich sicher erinnerst, angeordnet, dass Castix und seine zwei Kumpanen auf die Galeeren geschickt werden. Sie haben Colonia Agrippinensium bereits zur zweiten Stunde mit dem ersten Transportboot verlassen. Ich selbst habe sie zu unserem Flottenstützpunkt Castra Vetera gebracht. Sie sind übrigens auf der Aurelia , einer unserer schnellsten Triremen!«
XXIV.
Zu spät!
Sobald Valerius erfahren hatte, dass Castix schon auf dem Weg zum Mittelmeer war, setzte er alle Hebel in Bewegung, um seiner habhaft zu werden. Wie er von dem Hafenmeister erfuhr, brachte das Transportboot Aurelia die Gefangenen zunächst nach Bonna . Von da führte der Wasserweg über Mogontiacum nach Noviomagus. Bei Argentorate wurde umgeladen, und den weiteren Transport über Land übernahm dann eine berittene Wachmannschaft.
»Aber in Bonna gibt es mindestens zwei bis drei Stunden Aufenthalt, weil Katapulte und Geschütze aufgeladen werden müssen, die für Mogontiacum bestimmt sind.«
Diese Bemerkung des Hafenmeisters stimmte Valerius wieder etwas hoffnungsfroher. Er sandte einen seiner Männer als Eilboten nach Bonna mit dem Auftrag, den Gefangenen Castix umgehend wieder nach Colonia Agrippinensium zurückzubringen. Zur Sicherheit hatte er eine entsprechende Anweisung des Statthalters beigefügt. Nun galt es abzuwarten, ob der Bote noch rechtzeitig eintreffen würde. Würde die Aurelia nämlich vor Eintreffen des Eilboten Bonna wieder verlassen haben, wäre es endgültig zu spät. Niemand könnte dann noch den Transport aufhalten, und den Gefangenen auf einer der Mittelmeergaleeren zu finden, dürfte fast ausgeschlossen, auf jeden Fall aber verspätet sein. Denn eines war Valerius inzwischen klar geworden: Derjenige, der hinter dem Anschlag in der Sichelmachergasse stand, hatte mit Sicherheit auch mit den anderen Mordfällen zu tun, bis hin zu dem missglückten Anschlag, der versehentlich Dirana getroffen hatte.
Dirana! Der Name zog wie ein Wirbelsturm durch seinen Kopf. Bei allen Göttern! Ich habe sie seit drei Tagen nicht mehr besucht. Über all den Dingen hier war keine Zeit dafür geblieben. Heute Abend! Auf jeden Fall heute Abend würde er nach Durnomagus reiten und seine Geliebte besuchen. Er hatte für sie auf dem Forum bei Rigobert, dem kleinen gallischen Goldhändler, eine hübsche Kette erstanden und hoffte, dass Dirana ihre Freude an ihr haben würde. Und Titus vermisste er, den kleinen Wirbelwind. Er freute sich schon auf das Gesicht des Kleinen, denn er hatte auch für ihn ein kleines Geschenk. Einer seiner Leute hatte ein hölzernes Legionsschwert mit den Initialen T V geschnitzt, und Titus würde es lieben, ganz sicher.
Ein Klopfen an der Tür weckte ihn aus seinen Träumereien.
»Tribun?«
»Phaidon?«
»Hast du Zeit für den Bericht?«
» Intra ! – Herein mit dir!«
Valerius warf einen sehnsüchtigen Blick auf den Erbseintopf mit Schweinswürsten, den man ihm aus der nahen Garküche geholt hatte. Muss warten, Dienst geht vor! Seit Tagen hatte er nichts Richtiges mehr zu sich genommen, und so war ihm die Idee gekommen, jetzt, zu früher Stunde, einen deftigen Eintopf zu sich zu nehmen. Seufzend schob er die Schüssel zur Seite und brach sich nur eine Kante des frisch gebackenen Brots ab. Aufmerksam musterte er den Eindringling, der sich zwischen ihn und das leckere Erbsengericht geschoben hatte.
Der schlanke junge Mann mit den langen rötlich-blonden Haaren war erst seit einigen Wochen bei der städtischen Polizei- und Feuertruppe, hatte sich aber in dieser Zeit bereits als besonders tüchtig und zuverlässig erwiesen. Obwohl sein Name eher auf eine griechische Abstammung schließen ließ, behauptete er felsenfest, vom gallischen Stamm der Sequaner abzustammen, und seine äußere Erscheinung gab ihm völlig Recht. Markant an dem jungen Burschen war seine kurze, abgehackte Sprechweise. Obwohl er nie bei den römischen Legionen oder ihren Hilfstruppen
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