Agrippina - Kaiserin von Rom
nur um ein paar As, nicht mehr, deshalb zahlen die meisten und haben ihre Ruhe.«
Valerius war verwundert. »Wieso weiß ich das nicht?«
»Verzeih, Tribun, aber ich wollte dich mit solchen Kleinigkeiten nicht belästigen.«
»Und was ... was tun wir gegen solche üblen Banden?«
»Nichts, Tribun, eigentlich nichts. Um gegen diese Banden vorgehen zu können, müssten wir viel mehr Leute haben.«
»Viel mehr? Wie viele?«
»Wie viele? Nun, wahrscheinlich bräuchten wir zweihundert Leute, um alle Pflichten wahrnehmen zu können. Feuerdienst, Streifendienst, Wachdienst, Ermittlungen, Festnahmen ...«
»Zweihundert? Die Götter müssen deinen Verstand getrübt haben. Wer sollte das bezahlen?«, lachte Valerius. »Weder der Statthalter noch die städtischen Duumviri würden dafür die Schatulle öffnen. Aber jetzt zurück zu diesem Castix. Du sagtest, es passt nicht. Aber Castix hat doch genau das getan, was du beschrieben hast.«
»Sicher, Tribun, aber im falschen Viertel!«
»Im falschen Viertel? Bei Mars , wie meinst du das?«
»Schau, Tribun! Die Stadt ist von diesen Bruderschaften, wie sie sich gerne selbst nennen, in vier Teile eingeteilt worden. Wir kennen ihre Strukturen genau, denn hin und wieder nehmen wir einige von ihnen fest, und mit etwas Druck machen sie ihr Maul auf und plaudern. Sie haben zu viel Angst vor unseren Galeeren oder dem Kreuz!«
Castus machte eine genussvolle Pause. Mehr zu wissen als sein vorgesetzter Tribun war ein Gefühl, das ihm offenkundig Freude bereitete.
» Ergo, der Westteil untersteht einem mit Namen Gasivian, soweit ich weiß, ein ehemaliger gallischer Gladiator. Den Ostteil hat ein gewisser Sylion. Soweit wir wissen, handelt es sich dabei um einen Syrer, der von unseren Auxiliartruppen desertiert ist. Der nördliche Teil gehört diesem Castix, und der südliche einem entlaufenen Sklaven, der sich selbst Rapax nennt, der Räuberische. Siehst du, genau hier liegt das Problem. Castix war im Gebiet des Rapax tätig, etwas, was Rapax niemals dulden und Castix sich niemals erlauben würde. Diese Banden haben eine Art ... äh ... Ehrenkodex, der es streng verbietet, im Bereich eines anderen zu kassieren. Das hätte außerdem unweigerlich blutige Auseinandersetzungen zwischen den Banden zur Folge.« Er zeigte auf die Schriftrolle. »Tribun, in deiner Aussage steht, er habe seine Bruderschaft als die der Sichelmacher ausgegeben, nicht wahr?«
Valerius nickte. »Sichelmacher, ja, das sagte er.«
»Siehst du?«, sagte Castus triumphierend. »Castix führt aber die Bruderschaft der Gerber und Schuster, weil die vor allem in der Nordstadt ansässig sind. Die Sichelmacherbruderschaft beherrscht aber den Südteil, untersteht also nicht dem Castix, sondern dem Rapax. Hätte also Rapax euch mit seinen Leuten überfallen, dann wäre sozusagen alles in Ordnung gewesen, nicht wahr?«
Valerius lachte. »Alles in Ordnung, meinst du? Schön zu hören, dass du es in Ordnung findest, wenn dem Statthalter und dem Vigiltribun fast der Schädel eingeschlagen wird. Aber ich verstehe nun. Es passt wirklich nicht!«
Seine alte Wunde an der Stirn begann zu jucken, ein untrügliches Zeichen dafür, dass irgendetwas nicht stimmte.
Eifrig blickte Castus seinen Vorgesetzten an. »Jetzt siehst du es ein, Tribun, nicht wahr?«
Valerius nickte ergeben, und Castus freute sich darüber.
» Bene, mein kluger Castus. Dann erkläre mir: Warum hat Castix überhaupt diesen Überfall unternommen? Er musste wissen, dass er sich in furchtbare Schwierigkeiten mit diesem ... äh ... Rapax bringen würde.«
»Vielleicht ging es ihm gar nicht um das Geld, vielleicht war es gar nicht einer der üblichen Überfälle. Du musst wissen, Tribun, dass Castix und seine Männer eigentlich nie bewaffnet sind, wenn sie ihrer Tätigkeit nachgehen. Ihnen reicht normalerweise die Anzahl der Männer und ihre drohenden Gebärden aus, um die Leute gefügig zu machen. Aus dem Protokoll habe ich aber entnommen, dass sie mit Dolchen und Knüppeln bewaffnet waren. Untypisch, völlig untypisch!«
Eine Weile starrte Valerius schweigend aus dem Fenster. Langsam kam ihm ein bestimmter Verdacht. »Du glaubst also, mein überaus kluger Castus, dass es gar kein normaler Überfall war, dass sie es gar nicht auf unsere Geldbeutel abgesehen hatten ...«
»... sondern euch töten wollten. Dabei sollte es wie einer der üblichen Überfälle aussehen. Weil aber die Überfallenen sich gewehrt haben, starben sie. Da würde wohl keiner Verdacht
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