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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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rieb sich zufrieden die Hände. »Gut ausgewählt, nicht wahr? Sie gehören zum barbarischen Stamm der Pictonen, weit entfernt am Mare Cantabricum. Sie sprechen kein Wort Latein und verstehen kein Wort, wenn man sie befragt. Du siehst, ich habe an alles gedacht.«
    »Aber warum nur, warum?«, schrie Valerius, der so viel Hass und Infamie kaum fassen konnte.
    »Weil ich dich hasse, dich und deine feine Familie«, keuchte Pausanias, und in seine Augen trat ein unheimliches Glühen. »Bei den Göttern, wie ich euch und euresgleichen hasse!«
    »Was ... was nur kann in dir einen solchen Hass erzeugen?«, flüsterte Valerius tonlos.
    »Oh, mein edler Freund«, erwiderte Pausanias spöttisch, »da gibt es mehrere Gründe, und sie hängen alle mit deiner feinen Familie zusammen. Da wäre zum einen dein edler Vater. In jungen Jahren war ich sein Schreiber – sicher hast du das nicht gewusst. Als ich einmal versehentlich etwas Schreibtinte auf seine Toga vergoss, ließ er mich so auspeitschen, dass ich die Narben noch heute spüre. Möchtest du sie sehen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er hastig fort: »Deinem Onkel Marcus Valerius Messala, dem edlen Consul , verdiene ich mein Exil hier in diesem kalten, barbarischen Land, und das nur, weil ein paar Münzen für einige Gefälligkeiten in meine Tasche gewandert sind. Er hat mich beim Kaiser der Korruption angeklagt und meine Verbannung gefordert. Doch das ist nicht alles. Hast du vergessen, wie du dich bei unserem ersten Zusammentreffen hier in diesem Zimmer benommen hast? Zu stolz warst du, um mit einem Schreiber ein kleines Gespräch zu führen. Weißt du nicht, dass Hochmut immer von den Göttern bestraft wird? Hast du das Beispiel des Tantalus vergessen, der in seinem unsäglichen Stolz die Götter herausgefordert hat? Verglichen mit ihm geht es dir doch noch recht gut, wenn du an seine Qualen in der Unterwelt denkst, oder?«
    Valerius antwortete auf diesen albernen Vergleich nichts, und so fuhr Pausanias ermutigt fort: »Eure Gens ist von solchem Hochmut, dass es nicht ungestraft bleiben darf!«
    »Und das ... das reichte, um meine Familie auslöschen zu wollen?«, sagte Valerius atemlos.
    Pausanias schüttelte den Kopf und grinste. »Nein. Ich habe sozusagen das Angenehme mit dem Notwendigen verbunden.«
    »Wie ... wie bei Jupiter meinst du das?«
    »Das sollst du gleich sehen«, rief Pausanias. Er beugte sich unter seinen Schreibtisch und zerrte eine kleine Schriftrolle hervor. Fast zärtlich strich er über die Rolle, dann überreichte er sie mit arroganter Geste an Valerius. »Lies das«!, schrie er höhnisch.
    Er stand jetzt ganz dicht vor Valerius und sein Speichel spritzte in das Gesicht des Tribuns. »Ich handelte in höchstem Auftrag, in allerhöchstem, sozusagen!«
    Verblüfft entrollte Valerius die Schrift. Er traute seinen Augen kaum. Was er las, ließ seinen Atem stocken:

    An jedermann im Reiche, der dies liest!

    Hiermit wird im Namen des Kaisers verkündet, dass der Inhaber
    dieser Vollmacht, der Schreiber Pausanias, ermächtigt wird, in
    eigenem Namen und nach eigenem Gutdünken zu handeln. Was
    er im Rahmen dieser Vollmacht tut, entzieht sich jeder Strafbarkeit.
    Es ist ihm weiterhin von Seiten aller kaiserlichen Beamten,
    Magistraten und Behörden auf seine Anforderung hin jegliche
    Unterstützung zu gewähren. Wer sich diesem Befehl nicht fügt,
    hat mit schwerster Verfolgung zu rechnen.
    Verkündet zu Rom an den Iden des Februaris
Gaius Ophonius Tigellinus
Praefectus vigiliarum Urbis

    Wie vom Blitz gerührt starrte Valerius auf die Buchstaben, dann ließ er die Rolle sinken. Gaius nahm sie ihm aus der Hand. Er warf einen schnellen Blick darauf und wurde blass. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür des Amtszimmers. Unbemerkt war Lucius Duvius Avitus eingetreten. Der Statthalter warf einen Blickin die schweigende Runde, dann fragte er mit erhobener Stimme: »Darf man erfahren, was sich hier in meinen Amtsräumen abspielt?«
    Wortlos reichte ihm Gaius die Schriftrolle. Während Lucius Duvius Avitus die Zeilen überflog, zog sich seine linke Augenbraue nach oben, was bei all seinen Untergebenen als Zeichen höchster Missbilligung, ja geradezu völliger Abscheu verstanden wurde.
    »Was bedeutet das?«, herrschte er Pausanias an.
    Der Schreiber setzte ein überlegenes Lächeln auf. »Genau das, was dort steht, Herr. Jeder Beamte, jede Behörde hat mir Hilfe zu leisten – mit Verlaub, auch ihr, hoher Herr! Ich ... ich handle in höchstem

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