Agrippina - Kaiserin von Rom
dem Beamten die Umstände seiner Gefangennahme, seinen Aufenthalt im Dorf der Sugambrer und seine Flucht.
»So! Eine alte Frau hat dir geholfen. Den Göttern sei Dank! Wie hätte ich es der Augusta sonst erklären können, dass ihr Tribun in geheimer Mission von Germanen gefangen und geopfert wurde? Du kannst dir gar nicht vorstellen, welche Sorgen wir uns um dich gemacht haben. Auf einmal warst du verschwunden, und niemand wusste wohin. Alles haben wir abgesucht. Zwei Einbrecher, drei Tagediebe und sieben betrunkene Randalierer haben wir festgenommen, aber von dir keine Spur! Wir fürchteten schon, dich irgendwo mit einem hellroten Mal auf der Stirn aufzufinden.«
Valerius lächelte etwas gequält, diese Vorstellung erregte bei ihm wenig Heiterkeit. »Der eigentliche Skandal ist«, wandte er ein, »dass die Germanen am hellen Tage an unser Ufer kommen und Leute entführen. Vielleicht war ich nicht der Erste?«
Gaius Volturcius stand auf und ging zu einer Karte, die an der gegenüberliegenden Wand hing. »Das ist eine Karte von Germanien.Hier sollen wir einen Grenzwall errichten, den Limes .« Er skizzierte mit einem Stock den Verlauf. »Diese Idee schlummert schon seit langem in den Schubladen des kaiserlichen Palastes. Genau genommen, seit jener unselige Varus unsere drei Legionen im Teutoburger Wald verloren hat. Aber jetzt sollen die Pläne endlich ausgeführt werden. In unserem Gebiet wird er entlang des Rhenus verlaufen. Wall, Graben, Palisaden, Wachtürme! Zum Teil aus Holz, zum Teil gemauert. Das wird die Barbaren abhalten. Aber bis der Limes fertig ist, müssen wir sehr wachsam sein. Als erste Maßnahme habe ich die Wachposten innerhalb und außerhalb der Stadt verdoppelt. Zweitens haben wir für die Außenstreifen Molosserhunde aus Mogontiacum angefordert. Das wird den Sugambrern nicht gefallen. Drittens werde ich einen Teil des Waldes am Flussufer roden lassen, damit wir besseren Einblick haben. Und viertens wird der Patrouillendienst der Flotte verstärkt.« Er lehnte sich sichtlich entspannt zurück und trank aus seinem versilberten Weinbecher. »Mehr kann man für den Augenblick nicht tun. Rom kann sich auf mich verlassen! Aber genug davon! Wie weit sind deine Ermittlungen? Die Augusta wird ungeduldig!« Gaius Volturcius Crassus trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte und betrachtete den Tribun aufmerksam.
»Leider muss ich sagen, dass ich noch nichts, aber auch gar nichts herausgefunden habe.« Valerius hielt es für besser, seine Erkenntnisse über Maternus und seine Gruppe noch zurückzuhalten. »Ich habe die Hinterbliebenen fast aller Opfer befragt, aber sie wissen nichts. Im Augenblick bin ich ratlos. Ich kann keine Zusammenhänge entdecken.«
»So? Sehr bedauerlich ..., aber da kann man nichts machen. Du wirst eben weiter ermitteln müssen.«
»Ist während meiner Abwesenheit hier irgendetwas passiert, was ich wissen sollte?«
»Nein, kein neuer Mord, kein Buchstabe auf einer Stirn. Lediglich im Wald ist die Hütte einer alten Hexe abgebrannt. Die Alte ist dabei umgekommen.«
»Weiß man Näheres?«, fragte Valerius interessiert.
»Nein, ist auch ohne Bedeutung. Wen interessiert schon der Tod eines buckligen Kräuterweibs? Wichtiger ist, wie wir mit dir hier weiterverfahren. Ich denke, einstweilen wirst du tatsächlich so etwas wie eine hiesige Polizeitruppe aufstellen müssen, damit der Aedil keinen Verdacht schöpft. Ich habe mich mit Statilius Taurus dahingehend geeinigt, dass die Truppe mir untersteht, da ich zurzeit auch das Amt des Stadtpräfekten versehe. Wie sollen wir vorgehen?«
Valerius überlegte nicht lange. »Ich dachte, man könnte es ähnlich wie in Rom machen.«
»Aber in Rom gibt es euch Prätorianer«, wandte der Prätor ein, »hier nicht!«
»Richtig«, antwortete Valerius, »aber neben den Prätorianern gab es in Rom schon immer die Vigiles. «
» Vigiles? Du meinst die Feuerwache? Was kann die tun? Wie ist sie organisiert? Verzeih, aber ich bin zu lange schon aus der Hauptstadt weg.« Ein wehmütiger Zug lag auf seinem Gesicht.
»Die römischen Vigiles sind in sieben Kohorten zu je 1000 Mann organisiert, alles Freigelassene. Jede Kohorte ist für zwei Stadtteile zuständig. Ihre Hauptaufgabe ist es, darauf zu achten, dass die Feuerschutzbestimmungen eingehalten werden, und plötzlich auftretende Brände zu bekämpfen. Dazu sind sie mit Eimern, Spritzen, Feuerpatschen und essiggetränkten Lappen ausgerüstet, außerdem mit Äxten und Brecheisen. Daneben
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