Ahnentanz
sollen“, entgegnete Sam. „Das ist böswillige Belästigung.“
„Und man kann fast nichts dagegen tun, oder?“, sagte Aidan.
„Nun, wenn wir herausfinden, wer es getan hat, können Sie eine einstweilige Verfügung gegen die Person erwirken“, sagte Tim.
Lag da ein Anflug von Aufgeblasenheit in seiner Stimme?, fragte sie sich. Sie wusste, dass Tim sich gern als Helden sah, doch im Moment schien Aidan ihn in jeder Beziehung zu überragen. Tim plusterte sich ein bisschen auf, indem er seine Stellung als Police Officer betone, während Aidan ohne jede Anstrengung Autorität auszustrahlen schien.
Vorsicht, warnte sie sich. Sie musste aufhören, ihn als so … verdammt perfekt anzusehen.
„Ich möchte die Puppe gerne sehen“, sagte Aidan. „Sicher“, erwiderte Sam umgänglich.
Sie lag in einem durchsichtigen Plastikbeutel auf dem Tisch. Aidan öffnete den Beutel und schüttete die Puppe auf den Tisch, ohne sie zu berühren. Mit einem Stift schob er die einzelnen Stücke hin und her, um sie näher zu inspizieren.
„Unheimlich, doch vermutlich kein Anlass, sich Sorgen zu machen“, sagte Sam. „So etwas passiert eben zu Halloween. Die ganzen Irren kommen raus.“
Aidan blickte hinüber zu Kendall. „Ist dieses Tor nachts nicht geschlossen?“, fragte er und deutete mit einer Kopfbewegung Richtung Garten.
Sie nickte.
„Officer Pratt ist jetzt draußen, um sich umzusehen“, versicherte ihm Tim.
Aidan antwortete nicht, sondern ging selbst zur Terrassentür hinaus.
„Wie gut kennst du den Typen, Kendall?“, fragte Sam in leicht besorgtem Ton.
Ihr wurde bewusst, dass sie ihn nicht einmal eine Woche kannte, doch irgendwie …
„Wir haben wegen der Plantage und Amelia miteinander zu tun, und so habe ich ihn ganz gut kennengelernt“, erwiderte sie einfach. „Wenn du mich entschuldigst …?“
Sie lächelte, um dem Verweis den Stachel zu nehmen, und eilte dann in den Garten, wo Aidan mit Officer Pratt sprach.
„Ich habe keine Ahnung, wie der Typ hier reingekommen ist, Kendall“, sagte Pratt, als sie sich näherte. „Hey, Sie haben doch nicht irgendwelche Spinner als Nachbarn, oder?“
Kendall lachte. „Die Foys, die die andere Hälfte des Erdgeschosses bewohnen, haben zwei kleine Kinder und ein Café oben in der Conti Street. Mrs. Larsen über mir ist siebenundsiebzig Jahre alt. Und das vierte Apartment haben die Besitzer für sich behalten, falls sie mal von New York hierherkommen. Doch im Moment sind sie nicht da.“
„Nun, wir bringen die Puppe zur Untersuchung, und inden nächsten Tagen schicken wir nachts alle Stunde einen Wagen vorbei. Wir geben Bescheid, sobald wir irgendwas über die Puppe herausfinden.“
Einige Minuten später gingen die Officer, wobei Tim zurückschaute, als ob er gerne ein bisschen länger geblieben wäre und seine Heldenschulter angeboten hätte.
Sobald die nächste Blondine seinen Weg kreuzte, würde er sie vergessen haben, wusste Kendall.
Als sie die Tür hinter den Cops schloss, registrierte sie überrascht Aidans entrüsteten Ton. „Warum hast du mich nicht angerufen?“
„Ich … ich wusste nicht, ob ich dich wegen so etwas Dummem belästigen sollte.“
„Jetzt haben die Cops die Puppe.“
„Und sie werden eine Untersuchung einleiten.“
„Kendall, für die Polizei ist das nur ein Streich, aber … Puppen bei der Plantage, eine Puppe hier. Das bedeutet etwas.“
Sie umfasste ihren Kaffeebecher, damit ihre Finger nicht zitterten. Die Puppe an sich hätte sie wütend gemacht, aber nicht wirklich verängstigt. Doch in Kombination mit dem Traum, den sie hatte …
„Ich bin sicher, dass es etwas bedeutet“, sagte sie. „Irgendjemand da draußen ist wütend wegen meiner Verbindung zur Flynn-Plantage und darüber, dass sie dir gehört. Also macht es sich dieser jemand zunutze, dass wir hier in New Orleans sind, und versucht uns Angst einzujagen.“
Mit ungläubiger Miene starrte er sie an, die Hände in die Hüften gestemmt, die Augen wieder kalt wie Eis.
„Aidan, bitte“, seufzte sie. „Lass uns nicht überreagieren.“ „Überreagieren?“ Er starrte sie grimmig an. „Ich habe Knochen gefunden – menschliche Knochen, von denen zumindest einer zu einer jungen Frau gehören könnte, die hierherkam und dann verschwand. Und sie ist nicht die einzige. Mein Bruder fand Akten, aus denen hervorgeht, dass neun anderejunge Frauen unter ähnlichen Umständen in New Orleans verschwunden sind. Also vergib mir, dass ich überreagiere angesichts
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