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Aina - Herzorgasmus

Aina - Herzorgasmus

Titel: Aina - Herzorgasmus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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das Böse. Sie konnte es fühlen! Es marschierte in diese Stadt ein wie eine Naturgewalt. In diesem Augenblick!
    »Geht von der Straße runter!«, rief Andi den Menschen zu, die panisch Schutz vor dem Hagel suchten. Einige krochen unter die Autos des stillgelegten Verkehrs und andere pressten sich an die Häuserwände. Andi hielt sich schützend eine Radkappe über den Kopf und biss vor Schmerzen die Zähne zusammen, weil essich anfühlte, als würden ihm die Geschosse aus dem Himmel alle Finger brechen. Er hörte Menschen um Hilfe rufen und Kinder weinen. Manche schlugen hilfesuchend gegen Türen und Eltern beugten sich mit ihren Körpern schützend über ihre Kinder und wurden dabei geradezu erschlagen. Andreas wusste sich nicht anders zu helfen, als den großen Mülleimer vor der Eisdiele aus seiner Halterung zu heben und ihn mitten in ein Schaufenster zu schmeißen.
    »Rein! Alle rein!«, rief er und winkte die Menschen zu sich. Er half ihnen dabei in den Laden einzusteigen, ohne sich an den noch herausragenden Scherben zu schneiden, schnitt sich dabei aber selbst das Bein auf. Es fühlte sich kalt an. Und der Schmerz setzte erst sehr viel später ein, als das Blut schon eine Pfütze auf dem Fußboden des Ladens bildete.
    Als sein Handy klingelte, ging er schreiend ran. »Was?… Aina?… Ja, es geht mir gut. Was ist mit dir?…« Während er sprach, half er einer alten Frau in den Laden. »Bleib, wo du bist!«, rief er ins Telefon. Er hörte die Panik in Ainas Stimme, obwohl er durch das Heulen des Windes kaum etwas verstehen konnte. »Bleib da, bis es vorbei ist!«, rief er noch und legte wieder auf. Nachdem er allen Menschen in den Laden geholfen hatte, kletterte er hinaus und versuchte auf der Straße noch jemanden zu entdecken.
    Doch in diesem Moment stoppte der Sturm so plötzlich, als habe ihn eine riesige, unsichtbare Mauer angehalten. Es hörte augenblicklich auf zu hageln und der aufgewirbelte Schnee rieselte friedlich zu Boden. Der dichte Nebel verzog sich aus den Straßen und es wurde sofort heller. Andreas sah hinauf und beobachtete, wie die Wolkendecke aufriss und der blaue Himmel zum Vorschein kam. All dies geschah in nur wenigen Sekunden.
    Jemand stellte sich neben ihn und sah ebenfalls fassungslos in den Himmel. Es war still. Unheimlich still. Das Getöse heultenoch immer in ihrer aller Ohren und die Panik toste in ihren Körpern. Doch draußen war es totenstill. »Was zum Teufel war das?«, fragte der Mann neben ihm mit zitternder Stimme.
    Andreas schüttelte ratlos mit dem Kopf und sah sich die verwüsteten Straßen an. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«

5
Nur ein Blick
     
    Während sich das Chaos in der Stadt legte, beobachtete Peter aus weiter Ferne das Schloss, das für die Ankunft seines Herrn vorbereitet worden war. Versteckt hinter einem Baum lauerte er und wartete, bis er endlich aus der schwarzen Limousine ausstieg, die gerade vorgefahren war. Sergejs Worte hatten ihn nicht davon abhalten können, hier hinter den Bäumen stundenlang auszuharren, um wenigstens einen Blick von ihm erhaschen zu können. Obwohl er genau wusste, dass es ihm nicht gestattet war ihn anzusehen. Es war ihm nicht einmal gestattet in seiner Nähe zu verweilen. Diese Ehre war nur ganz wenigen von ihnen vorbehalten. Aber seine Neugier war einfach zu groß gewesen. Er hatte ihn noch nie zu Gesicht bekommen. Das personifizierte Böse. Seinen Ursprung. Das Wesen, das auf dieser Welt alle Fäden in der Hand hielt. Nur von Erzählungen wusste er, wie erhaben er war. Noch erhabener als sein Bruder Angor, hatte er gehört. Doch niemand von ihnen hatte ihn je gesehen. Niemand hatte je die Schönheit zu Gesicht bekommen, die ihm, sowie seinem Bruder, nachgesagt wurde. Sie soll soüberwältigend sein, dass es einem den Atem verschlägt, so sagten alle. Aber wer konnte das wissen? Wer hatte ihn je angesehen und war ungestraft davongekommen? Jeder, der ihn ansah und dieses Anblicks nicht würdig war, war zum Tode verurteilt. Würde auch er sterben, wenn er ihn heute ansah? Würde er es schaffen, jemandem von seiner Erhabenheit zu berichten?
    Als der Fahrer ausstieg, um den Wagen herum ging und die hintere Tür öffnete, weiteten sich seine Pupillen. Und er glaubte es unter sich beben und vibrieren zu spüren, als er ihn einen Fuß langsam aus dem Inneren des Wagens bewegen und auf den Boden setzen sah. Derselbe Boden, auf dem auch er stand. Seine Präsenz durchzog ihn in diesem Moment wie ein heißer Blitz. Er fühlte

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