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Aina - Herzorgasmus

Aina - Herzorgasmus

Titel: Aina - Herzorgasmus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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Geräusche. Wildes Knurren, Reißen, Schreie. Und mit jedem Geräusch flogen ihre Füße schneller über den Boden und trugen sie davon. Immer weiter weg. Weg von diesen Monstern und weg von Rece. Und während sie um ihr Leben rannte, liefen ihr unablässig heiße Tränen über das Gesicht.
    Irgendwann, sie wusste nicht, wie lange sie gelaufen war, hob sie jemand auf den Arm und rannte schnell wie der Wind mit ihrdurch die Stadt. Sie konnte nichts sehen. Die Häuser huschten so schnell an ihr vorbei, dass sie ihre Form nicht mehr erkennen konnte. Kurz bevor sie das Bewusstsein verlor, hörte sie dann Ramons erleichterte Stimme: »Ich hab dich, Aina. Ich pass auf dich auf. Für immer.«

32
Erwachen
     
    Vielleicht hatte seine Verwandlung Nebenwirkungen, dachte er, als er Aina aus der Ferne beobachtete. Er konnte niemanden fragen. So etwas wie ihn gab es nur noch einmal auf der Welt. Und die eine, die so war wie er, hatte er seit dieser Nacht nicht mehr gesehen. Er war wieder allein. Von Aina und ihrem Vater hielt er sich fern. Er erinnerte sie zu sehr an Rece. Und sie durften nicht mehr an ihn denken. Sie konnten ihre Gedanken nicht einfach abschotten, so wie er. Das war wohl eine Fähigkeit, zu denen Menschen nicht in der Lage waren. Er wusste es nicht mehr. Er hatte fast vergessen wie es war ein Mensch zu sein. Stattdessen mussten sie versuchen ihre Gedanken umzulenken. Auf andere Dinge. Es war also besser, wenn es nichts in ihrem Leben gab, das sie an ihn zurückerinnerte. Ihn eingeschlossen. Und so beschützte er sie jetzt aus der Ferne. Versteckt. Doch auch, wenn sie ihn niemals sahen, wussten sie, dass er da war und sie beschützte. Immer. Und überall. Das hatte er ihnen geschworen. Und das hatte er Rece versprochen. Und Emilia.
    Ramon senkte den Blick auf den Boden und seufzte. Er hörte erneut seine Stimme in seinem Kopf. Es hörte einfach nicht auf. Seit Monaten ging das so. Er erzählte ihm Dinge. Sagte ihm, wieer mit seinen Kräften umgehen musste. Und er befahl ihm manchmal Dinge zu tun. Seltsame Dinge. War es seine Trauer? Konnte er ihn nicht loslassen? Er wusste es nicht. Vielleicht wünschte er sich so sehr, dass er zurückkommen und sich um ihn kümmern würde, dass er schon halluzinierte. Er war ganz allein. Natürlich wünschte er sich, dass er zurückkam. Er hatte niemanden mehr. Nur seine Schützlinge, die er niemals aus den Augen ließ. Und mit denen er niemals reden durfte. Was hatte er noch? Nur die Einsamkeit. Die Luft, die ihm um die Nase wehte, die Gerüche, die er viel zu intensiv wahrnahm und die Geräusche um sich herum. Und natürlich das Antlitz dieser schönen Frau, die er beschützte. Er sah sie gern an. Er konnte verstehen, dass Rece sich in sie verliebt hatte. Sie war nicht nur schön, sondern so herzensgut und warm. Auch, wenn sie sich sehr verändert hatte.
    Als sie aus dem Kiosk kam und auf den Bahnhof zusteuerte, ging er ihr nach. Sie zog wieder um. Nur mit einer Reisetasche in der Hand. Es war schwer sie beide zu beschützen, wenn sie ständig ihren Standort wechselte, denn mit jedem Mal zog sie ein Stück weiter weg. Weg von ihrem Vater. Weg von ihrer Geburtsstadt, in der alles begonnen hatte. Aber er schaffte es. Irgendwie.
    »Was?« Er hatte nicht verstanden, was Rece zu ihm gesagt hatte. Oder, was er sich eingebildet hatte. Er war zu abgelenkt von dem Mann, der Aina angequatscht hatte, als sie die Stufen zu dem Bahngleis hinauf gegangen war. Doch er entfernte sich zum Glück wieder. Aina war Männern gegenüber kühl geworden. Sie liebte nur einen. Einen einzigen. Und der war nicht mehr da.
    »Was soll ich?«
    Reces Stimme befahl ihm, in den Zug einzusteigen. Normalerweise lief er den Zügen einfach nur hinterher. Es warso mühelos für ihn. Er war schnell. Sehr schnell. Doch Rece ließ nicht locker.
    »Schon gut«, hauchte Ramon und folgte Aina unauffällig, als der Zug kam. Er stieg ein paar Türen weiter vorne ein und stellte sich zwischen die Menschen, die im Gang standen. Dabei versuchte er nicht allzu tief einzuatmen. Der Duft ihres Blutes stieg ihm auch so schon in die Nase und bäumte seine Muskeln auf. Er hatte sich lange nicht mehr genährt, obwohl Reces Stimme ihn ununterbrochen dazu treiben wollte.
    Mann, sechs Uhr, erklang es plötzlich in seinem Kopf.
    Ramon wandte sich um und sah einen recht ansehnlichen, jungen Mann mit dunklem Haar und dunklen Augen. Er erinnerte ihn ein wenig an Rece. Was ist mit ihm?, fragte er seinen ununterbrochen quatschenden

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