Aina - Herzorgasmus
Verstand.
Töten.
Ramon seufzte. Ich halt's noch aus. Ich nähre mich, wenn wir da sind.
Er hörte Reces Stimme lachen. Oh, wie gut das klang! So gut! Er vermisste ihn so sehr. Nicht für dich, sagte seine Stimme dann. Für mich. Ich brauche ihn.
Als der Zug sein Ziel erreichte und Aina ausstieg, stieg auch der Mann aus, den er töten sollte. Ramon folgte Aina erst zu ihrer neuen Wohnung und nahm sich dann vor, den Typen zu suchen. Er wusste, wie er roch. Er würde ihn bestimmt rasch finden. Dabei wollte er sich aber nicht zu weit von Aina entfernen.
Du machst deinen Job gut, hörte er ihn loben. Da vorne rechts.
»Ich weiß«, raunte Ramon. »Ich rieche ihn.«
Wieder lachte die Stimme in seinem Kopf. Als er dann um die Ecke kam, stand der Mann da und tippte etwas in sein Handy. Er hatte sich unter eine Laterne gestellt. Ratsam, in einer dunklen Gegend wie dieser. Es war spät und gefährlich noch um dieseUhrzeit unterwegs zu sein. Selbst für einen durchtrainierten Mann wie diesen. Er hatte keine Ahnung, was des Nachts für Gestalten durch die Städte streiften und wägte sich in Sicherheit. Natürlich hatte er keine Ahnung. Niemand hatte das. Ramon schritt entschlossen auf ihn zu. Bereit den Wunsch seines Schöpfers zu erfüllen. Selbst, wenn es nur eine Stimme in seinem Gehirn war, die vermutlich nichts weiter als eine Wunschvorstellung war.
»Hey, Junge! So spät noch unterwegs?«, fragte der Mann. Doch er schien etwas nervös zu sein. Ramon sah jung aus. Doch er wirkte auch gefährlich. Er hatte sich verändert. Sein Körper war gewachsen und muskulöser geworden und sein Gesicht war nach all den Morden, die er begangen hatte, hart geworden. Er hatte seine Blutgier am Anfang nicht unter Kontrolle gehabt. Doch dann war die Stimme in seinem Kopf aufgetaucht und hatte ihm geholfen. Als habe Rece ihn retten wollen. Schon wieder.
In einem Bruchteil einer Sekunde, packte Ramon das Gesicht des Mannes, drehte seinen Kopf ruckartig zur Seite und brach ihm das Genick. Er sackte sofort in sich zusammen. Das Handy fiel auf die Straße.
»Zufrieden?«, fragte Ramon seine Gedanken. »Was soll ich jetzt mit ihm machen?«
Doch plötzlich war es still. Nach all den Monaten war es das erste Mal wirklich still in seinem Kopf. Er sagte nichts mehr.
»Rece?« Er sah sich um. Ratlos. Hilflos. Was tat er hier? Hatte er tatsächlich einen Mann getötet, nur weil die Stimme in seinem Kopf ihm dies befohlen hatte? Was war mit ihm los? Und wo war die Stimme jetzt hin? Er vermisste sie. Warum sagte sie nichts mehr? Erneut fühlte er sich allein. Ganz allein auf der Welt. Die Stimme hatte ihm zumindest ein wenig die Einsamkeit genommen. Hatte ihm das Gefühl gegeben einen Freund zuhaben, der bei ihm war. Doch nun war auch er fort. Er erhielt keine Antwort mehr. »Rece«, hauchte er und brach fast in Tränen aus. Dabei sah er den toten Mann an. Er sah ihm wirklich ähnlich. Sogar… ähnlicher, als noch vor ein paar Minuten. Er kniff die Augen zusammen und trat näher an ihn heran. Hatte sich sein Gesicht verändert? Er wirkte blasser. »Natürlich, du Vollidiot!«, redet er mit sich selbst. »Er ist tot!« Aber irgendetwas war seltsam. Seine Gesichtszüge waren anders.
Mit einem Mal riss der Tote die Augen auf und rang nach Luft. Ramon sprang zurück und stieß einen erschreckten Schrei aus und in dieser Sekunde sprang auch der Tote auf. Er kniete auf dem Boden, stützte sich mit einer Hand ab und atmete mit gesenktem Kopf ein paar Mal tief ein. Sein dunkles Haar fiel ihm ins Gesicht. Doch dann hob er den Blick und sah Ramon an. Mit Augen, so schwarz wie die Nacht. Sein Mund verzog sich zu einem teuflischen Grinsen.
Ramon trat auf ihn zu. Mit aufgerissenen, vor Glück aufleuchtenden Augen betrachtete er ihn. Fassungslos, ungläubig und doch überwältigt vor Freude. Auch sein Mund verzog sich nun zu einem Lächeln. Ein Lächeln das vor Glück noch nie so gestrahlt hatte. Doch er traute sich nicht seinen Namen auszusprechen. Das erste Mal hatte er Hemmungen den Namen zu nennen, den niemand in den Mund nehmen durfte, der ihm nicht würdig war. Dann erhob er sich. Majestätisch und geschmeidig richtete er sich zu seiner alten Größe auf. Glück und Erleichterung umspielten seine Mundwinkel. Sein Gesicht wirkte genauso erhaben und überlegen, als sei er immer noch das mächtigste Wesen dieser Welt. Doch er war nun anders.
»Recedere«, sprach Ramon endlich und versuchte die Ehrfurcht, den Respekt und die Hochachtung in diesem
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