Akanis: Die Wiedergeburt des dunklen Herrschers (German Edition)
und breit nichts außer Stein und Schnee und ich weiß nicht, ob wir noch andere Flüchtlinge antreffen werden. Wir werden sonst verhungern, ehe wir Ghokarn erreichen.“
Nach den letzten Worten Elonas überlegte Liam ein paar Momente, ehe er schließlich nickte und einverstanden war. Als sie stehengeblieben und Elonas Vorhaben beschlossen war, standen bald alle Anderen der Gruppe ebenso still und es kam zu einer gemeinschaftlichen, nicht ausgemachten Pause. Elona entfernte sich von Liam, der sich nun auf einen aus dem Boden herausragenden Fels setzte.
Elona hatte bereits mehrere der Gefährten um etwas Nahrung gebeten, doch die meisten behaupteten, sie hätten nichts, was zum Teil stimmte, doch viele von ihnen wollten nichts abgeben, um ihren eigenen Hunger zu stillen. Nachdem sie nun schon über ein Dutzend Männer und Frauen gefragt hatte, kam ihr der Gedanke aufzugeben, doch sie konnte nicht. Sie machte sich zu große Sorgen um Liam und wollte nicht ohne Nahrung wieder zurückkehren, zumal sie auch selber großen Hunger verspürte. Dann sah Elona eine Frau, welche mit ihrem Kind etwas abseits saß und ein kleines Laib Brot mit ihrer Tochter teile. Elona ging langsam zu ihr hinüber und fragte dann mit leiser Stimme:
„ Habt ihr für mich und meinen Gefährten vielleicht noch ein kleines Laib übrig? Er ist schwer krank und wir haben seit Tagen nichts mehr gegessen.“
„ Wir haben selber nur wenig, aber hier, nehmt ein Stück“, antwortete die Frau und riss dabei ein Stück des Brotlaibs hinunter und gab es anschließend Elona.
„ Ich bin euch zutiefst dankbar“, gab Elona von sich und verneigte sich dabei. „Mögen euch die Götter segnen.“
Für Elona und Liam war das Stück Brot, was sie gegessen hatten, nicht mehr als vier Bissen für jeden, doch nun waren ihre Mägen wenigstens ein wenig gefüllt und so konnten sie gemeinsam mit den anderen Flüchtlingen wieder aufbrechen. Da es schon spät war, würde die Gruppe ohnehin nur noch einen geeigneten Platz zum Nächtigen suchen, eine Höhle oder einen großen Baum für wenigstens ein paar der Kinder. Meist aber teilte sich die Gruppe während der Wanderung immer wieder auf, eben wegen der Suche nach einer Unterkunft, jedoch kamen nach einiger Zeit immer wieder neue hinzu, die von Anderen zurück gelassen wurden oder es kamen welche hinzu, die sie eingeholt hatten.
Bald hatten sie eine Höhle gefunden, in der sie die Nacht verbringen konnten. Gut mehr als ein halbes Dutzend Männer, Frauen und Kinder fanden Platz in der harten, aber trockenen Unterkunft und machten sich nun für die Nacht bereit. Liam und Elona lagen zusammengekauert und versuchten, in den Kapuzen ihrer Mäntel einen halbwegs angenehmen Schlaf zu finden. Sie lagen seitlich aneinander, während Liam den linken Arm um ihren Oberkörper legte. Den Schmerz verspürte er noch immer, doch fing er langsam an, sich an ihn zu gewöhnen und wenn er sich nicht bewegte, oder Elona, spürte er ihn zeitweise gar nicht.
Bevor Liam sich noch seinen Träumen widmete, versuchte er auszumachen, wo er sich nun befand. Sie waren den ganzen Nachmittag den Berghang hinaufgestiegen und es war draußen zu sehen, dass sie noch lange den Elmual bergauf wandern würden. Die Nordwestseite des Elmuals hinunter zu steigen, auf der anderen Seite in Warda, würde über einen Tag dauern und dann wäre es noch eine halbe Nacht oder mehr bis zu der Stadt der Zwerge. Selbst war Liam noch nie bis Warda gewandert, doch er hörte von Erzählungen, wie lange die Eilboten gebraucht hatten, die nur über die Gebirgspfade wanderten. Jedoch waren die Männer in den Erzählungen immer erfahren darin und vor allem besaßen sie keine Verletzungen. Es dauert nicht lange, bis sie alle in der Höhle eingeschlafen waren, das gelegte Feuer spendete ihnen Wärme und Geborgenheit.
Liam träumte von den Bewohnern Tarans und Isoknils, die es nicht geschafft hatten zu fliehen. Er sah überall Leichen, zerstörte Häuser und dunkle Reiter, wie sie über die Toten ritten und ihre emporsteigenden Seelen verschlangen. Dann träumte er von einem dunklen König. Es war so, als ob er nur einen Schatten sehen würde, wenn er den Monarchen ansah, jedoch einen Schatten, der einen eigenständigen Körper besaß und von dunklem Nebel umgeben war. Der König hatte eine prächtige Krone und einen ebenso prächtigen Bart, jedoch bestand er nur aus Schwaden und Rauch. Seine Augenhöhlen waren leer und sein Mund geöffnet, er schien etwas zu verbergen.
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