Akasha 01 - Die Renegatin von Akasha
Lungenkarzinom? Möglicherweise gar ein ganzes Bein?«
»Nein«, erwiderte Djamenah. »Wir sind keine Patienten.«
»Und Sie fühlen sich ganz bestimmt nicht krank?« fragte das dicht vor dem Gesicht Djamenahs summende Skalpell. »Sie empfinden keinen dumpfen Schmerz in der Magengegend? Ich bin auf Magengeschwüre spezialisiert, wissen Sie. Aber natürlich kann man mich jederzeit umprogrammieren. Wenn Sie an einer kosmetischen Operation interessiert sind ...«
Der kleine Novize schnippte immer wieder mit den Fingern, aber das Skalpell ließ sich davon nicht beeindrucken, und die anderen Instrumente machten sich inzwischen voller elektronischer Hingabe daran, die Polster der Operationsliege zu sezieren. Es zischte und fauchte, als Druckluft ausströmte.
»Oh«, machte der Novize. »Ohohohohoh!«
»Kehrt in die Schubladen und Schränke zurück«, sagte Djamenah ruhig. »Ihr werdet vorerst nicht gebraucht.«
»Schade«, erwiderte das Skalpell.
Wieder auf dem Gang sagte der Äskulapnovize: »Merkwürdig. Das letztemal, als mein Meister mit den Fingern schnippte, gehorchten ihm die Instrumente. Sie waren nicht annähernd so widerspenstig.«
»Vielleicht«, sagte Djamenah lächelnd, »ist das der Grund, warum dein Meister ein Meister ist.«
Der junge Humanoide dachte kurz darüber nach und nickte. »Ja. Damit könnten Sie wirklich recht haben.« Und rasch fügte er hinzu: »Ich hoffe nur, daß Sie jetzt keine falschen Vorstellungen von den Fakultäten entwickeln. Für gewöhnlich tun die Instrumente das, was man ihnen sagt.«
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Djamenah. Ein anderes Fenster hatte inzwischen ihr Interesse geweckt. Der Raum, in den sie blickte, war ebenso funktionell und maschinell-steril eingerichtet wie der, den sie gerade verlassen hatten. Aber auf der Pneumoliege ruhte eine menschenähnliche Gestalt. Dutzende von Schläuchen, elektronische Analysesonden, Sensoren und Abtastern ragten aus seinem nackten Leib, und das Gesicht des Humanoiden war unter einer wuchtig aussehenden Maske verborgen, die ihn sowohl beatmete als auch mittels einiger an den Halsadern sichtbarer Injektionssonden ernährte. Die Beine steckten bis zu den Oberschenkeln in einem Geräteblock, der sich ganz langsam an dem Leib des Bewußtlosen in die Höhe schob, dabei altes Gewebe zerstörte und auflöste und unmittelbar darauf durch neues ersetzte, das auf der Grundlage des einmal analysierten genetischen Musters wuchs. Es sah aus, als werde der hilflose Patient ganz langsam von einem stählernen Moloch vertilgt. Die empathischen Emanationen des Reglosen waren infolge der Anästhesie für Djamenah nur sehr vage empfänglich, aber sie glaubte die Andeutung sehr komplexer emotionaler Muster zu erkennen.
»Wer ist das?« fragte sie.
»Unglücklicherweise ein Patient, der sich schon sehr lange bei uns befindet«, erwiderte der Äskulapnovize betreten. »Seit nunmehr fast einem Normjahr. Er heißt Curcun und ist ein Mempar. Kennen Sie Mempars?«
Djamenah nickte. »Ja, memoriale Parasiten. Wenn ich mich recht entsinne, sind es mit einem Eigenbewußtsein versehene Biotiker, die vorwiegend in der Psychotherapie Verwendung finden. Es heißt, niemand könne besser eine kranke Seele analysieren als ein Mempar. An was leidet er?« Zwar waren die empathischen Ausstrahlungen des Mempars nur sehr schwach, aber sie weckten dennoch sofort Mitgefühl in Djamenah.
»Das ist die Frage, die sich auch die Meister stellen und auf die sie bisher noch keine Antwort gefunden haben. Als er zu uns kam, wurde eine einfache Infektion diagnostiziert. Natürlich sind die Meister sehr genau und gewissenhaft, und darum wiederholten sie die Untersuchungen und unterzogen den Patienten allen nur erdenklichen Tests.«
Sicher sehr teuren und langwierigen Tests, überlegte Djamenah, sprach diesen Gedanken aber nicht laut aus.
Der Zwerg unterstrich seine Worte mit ausladenden Gesten, als er schrill fortfuhr: »Man behandelte ihn sogar mit Kontaminierungsviren, um festzustellen, ob es infolge der ursprünglichen Infektion bereits zu Schädigungen der Organe gekommen ist. Ja, ich glaube, ich kann guten Gewissens sagen, daß man dem Mempar die ganze unglaublich große und überaus wertvolle Erfahrung der Äskulapmeister angedeihen ließ; aber leider, tja, leider hat das alles nichts genützt. Der Zustand des Patienten verschlechterte sich immer mehr, bis er nicht einmal mehr in der Lage war, Nahrung aufzunehmen. Oh, ich bin sicher, daß derzeit in der Konklave
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