Akte Atlantis
Michigan Avenue in Chicago oder dem Rodeo Drive in Beverly Hills.
Nachdem der Wagen am berühmten Recoleta-Friedhof vorbeigefahren war, auf dem unter anderem in der Gruft der Familie Duarte Evita Peron begraben liegt, steuerte der Chauffeur an einem herrlichen schmiedeeisernen Zaun vorbei und durch ein bewachtes Tor. Über eine in weitem Bogen angelegte Auffahrt gelangte er zu dem von hohen Säulen gesäumten Portal eines riesigen efeubewachsenen Herrenhauses aus dem 19. Jahrhundert, in dem vor dem Zweiten Weltkrieg die Deutsche Botschaft untergebracht war. Vier Jahre nach dem Krieg waren die deutschen Diplomaten in die vornehme Gegend von Palermo Chico umgezogen. Seither diente das Herrenhaus als Hauptsitz der Destiny Enterprises Limited.
Wolf stieg aus dem Wagen und betrat das Haus. Das Innere war alles andere als luxuriös. Die Marmorböden, die getäfelten Wände und die mit Kacheln verzierten Decken kündeten zwar noch von der einstigen Pracht, doch die Ausstattung war eher bescheiden und spartanisch.
Eine Treppe aus weißem Marmor führte hinauf zu den Büroräumen, doch Wolf trat in einen kleinen, in der Wand verborgenen Aufzug.
Lautlos fuhr er hinauf zu einem großen Konferenzraum mit einem zehn Meter langen Teakholztisch, an dem zehn Mitglieder der Familie Wolf saßen, vier Frauen und sechs Männer.
Alle standen auf und begrüßten Karl. Er war zwar erst achtunddreißig, doch als das schlauste und scharfsinnigste Mitglied der vielköpfigen Familie wurde er als oberster Berater und Leiter des Familienunternehmens allgemein anerkannt und geachtet.
»Entschuldigt die Verspätung, aber ich bin so schnell wie möglich hergekommen, als ich von dem Unglück erfuhr.« Dann ging er zu einem grauhaarigen Mann und umarmte ihn. »Ist es wahr, Vater, dass U-2015 untergegangen ist und Heidi mit ihm?«
Max Wolf nickte bedrückt. »Es ist wahr. Deine Cousine, Kurts Sohn Erich und die gesamte Besatzung liegen jetzt vor der Küste der Antarktis am Meeresgrund.«
»Erich?«, fragte Karl Wolf. »In der Oper hat man mir nichts davon erzählt, dass er ebenfalls tot ist. Ich wusste gar nicht, dass er an Bord war. Weißt du das alles gewiss?«
»Wir haben ein satellitenübermitteltes Telefongespräch mit der National Underwater and Marine Agency in Washington abgehört«, sagte ein großer Mann auf der anderen Seite des Tisches, der ebenso groß und blond wie Karl war. Bruno Wolfs Gesicht war vor Wut verzerrt.
»In der Niederschrift kannst du alles nachlesen. Unser U-Boot nahm ein Forschungsschiff der NUMA unter Beschuss, um alle Zeugen zu beseitigen, die die Amenes-Artefakte zu Gesicht bekommen hatten, als ein Atom-Unterseeboot der Vereinigten Staaten auftauchte, eine Rakete abfeuerte und U-2015 mit Mann und Maus vernichtete. Von Überlebenden war nicht die Rede.«
»Ein schrecklicher Verlust«, murmelte Karl mit ernster Miene. »Zwei Familienmitglieder und das gute alte U-2015. Wir dürfen niemals vergessen, dass es einst unsere Großeltern und den Grundstock zu unserem Imperium aus Deutschland weggebracht hat.«
»Außerdem hat es uns im Laufe der Jahre unschätzbare Dienste geleistet«, fügte Otto Wolf hinzu, einer der acht Ärzte der Familie. »Wir werden es schmerzlich vermissen.«
Schweigsam und bedrückt saßen alle am Tisch. Noch nie hatten sie ein derartiges Missgeschick hinnehmen müssen. Seit ihrer Gründung vor fünfundfünfzig Jahren hatte die Destiny Enterprises Limited einen Erfolg nach dem anderen erzielt.
Jedes Projekt, jedes Unternehmen wurden bis in alle Einzelheiten geplant. Nichts blieb dem Zufall überlassen.
Wenn mit Schwierigkeiten zu rechnen war, traf man die entsprechenden Vorkehrungen. Nachlässigkeiten und Fehler leistete man sich einfach nicht. Bislang hatte die Familie Wolf nach Belieben schalten und walten können. Umso schwerer fie l es den Betroffenen nun, sich mit einem Rückschlag abzufinden.
Wolf nahm am Kopfende des Tisches Platz. »Wie viele Angehörige und Bedienstete haben wir in den letzten zwei Wochen verloren?«
Bruno Wolf, der mit Karls Schwester Geli verheiratet war, schlug einen Aktenordner auf und musterte eine Reihe von Zahlen. »Sieben Mann in Colorado, sieben weitere auf St. Paul, darunter auch unseren Cousin Fritz, der den Einsatz vom Hubschrauber aus leitete. Die siebenundvierzig Besatzungsmitglieder von U-2015, dazu Heidi und Erich.«
»Sechzig unserer besten Leute und drei Familienmitglieder in nicht einmal zehn Tagen«, meldete sich Elsie Wolf zu
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