Akte Atlantis
etwas Derartiges herzustellen«, sagte er bewundernd. »Erst als ich den Schädel mithilfe starker optischer Hilfsmittel untersucht habe, ist mir eine feine Ritze rund um das Schädeldach aufgefallen, die mit bloßem Auge nicht zu sehen war.«
»Einfach wunderbar«, sagte Pat geradezu ehrfürchtig.
»Ist die Kugel graviert?«, fragte Pitt.
»Ja, sie stellt ein Ebenbild des Globus dar. Ich habe ein Vergrößerungsglas dabei, falls Sie sie genauer betrachten wollen.«
Er reichte Pitt eine starke Lupe, worauf er die feinen Linien musterte, die in die etwa schlagballgroße Kugel geritzt waren.
Danach hob er sie vorsichtig quer über den Tisch zu Sandecker und gab ihm die Lupe, Während der Admiral die Kugel untersuchte, ergriff Stevens wieder das Wort. »Bei einem Vergleich mit den Fotos, die Sie in den Kammern in Colorado und auf St. Paul aufgenommen haben, konnte ich feststellen, dass die Kontinente dort genauso dargestellt sind wie auf dem Obsidianglobus.«
»Was heißt das?«, fragte Sandecker.
»Wenn Sie sich die Anordnung der Kontinente und der großen Inseln, zum Beispiel Grönland und Madagaskar, ansehen, werden Sie feststellen, dass sie nicht den heutigen geografischen Gegebenheiten entsprechen.«
»Die Unterschiede sind mir auch schon aufgefallen«, sagte Pitt.
»Was soll das beweisen?«, fragte Giordino, der einmal mehr den Skeptiker spielte. »Abgesehen davon, dass es sich um eine primitive und fehlerhafte Darstellung handelt.«
»Primitiv? Ja. Fehlerhaft? Nach heutigen Maßstäben vielleicht. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass diese Menschen sämtliche Weltmeere befuhren und den Verlauf der Küsten über tausende von Kilometern hinweg kartografisch erfassten. Wenn Sie sich den Obsidianglobus genau ansehen, können Sie erkennen, dass sogar Australien, Japan und die Großen Seen Nordamerikas eingezeichnet sind. All das von Menschen, die vor über neuntausend Jahren lebten.«
»Im Gegensatz zu Atlantis, das nach Platons Schilderung eine abgelegene Insel beziehungsweise ein Kontinent gewesen ist«, meldete sich Pat zu Wort, »unterhielten die Amenes weltweite Handelsbeziehungen. Sie fuhren viel weiter als spätere Kulturen, die auf Grund von Überlieferungen, Ängsten und Aberglauben die ihnen unbekannte offene See mieden. Auf den Inschriften sind die Schifffahrtsrouten und Handelswege genau verzeichnet, auf denen sie über den Atlantik und den St.-Lorenz-Strom hinauf bis nach Michigan fuhren, wo sie Kupfer schürften, oder nach Bolivien und zu den Britischen Inseln, wo sie Zinn abbauten. Auf Grund ihrer hoch entwickelten Kenntnisse in der Metallverarbeitung nutzten sie die beiden dort gewonnenen Rohstoffe zur Herstellung von Bronze – die Menschheit ließ die Steinzeit hinter sich und trat in das Bronzezeitalter ein.«
Sandecker beugte sich über den Tisch. »Sie haben doch sicher auch Gold und Silber abgebaut und damit gehandelt.«
»Seltsamerweise waren Gold und Silber für sie von minderem Wert. Sie verwendeten vorzugsweise Kupfer für ihre Kunstwerke und ihren Zierrat. Aber sie suchten auf der ganzen Welt nach Türkisen und schwarzen Opalen, die sie zu Schmuck verarbeiteten. Und nach Obsidian natürlich, der ihnen nahezu heilig war. Obsidian wird übrigens heute noch bei Operationen am offenen Herzen verwendet, weil er sich schärfer schleifen lässt und dadurch das Gewebe weniger schädigt als Stahl.«
»Türkise und schwarze Opale hatten auch die Mumien umhängen, die wir gefunden haben«, warf Giordino ein.
»Was wiederum beweist, wie weit ihre Handelsbeziehungen reichten«, sagte Pat. »Diese Steine mit dem satten grünlich blauen Farbton, die ich in der Kammer gesehen habe, können nur aus den Wüsten im Südwesten der Vereinigten Staaten stammen.«
»Und die schwarzen Opale?«, fragte Sandecker.
»Aus Australien.«
»Was nicht zuletzt eine Bestätigung dafür wäre«, sagte Pitt, »dass die Amenes die Kunst der Navigation beherrschten und vor tausenden von Jahren Schiffe bauen konnten, mit denen sie die Meere befuhren.«
»Außerdem erklärt es, weshalb sie die Küsten besiedelten und Hafenstädte gründeten«, ergänzte Pat. »Und soweit sich das anhand der Fotos aus der Grabkammer erkennen lässt, gab es in der gesamten uns bekannten Geschichte nur wenige menschliche Gemeinschaften, die sich so weit ausgebreitet haben. Ich habe über zwanzig Hafenstädte ausfindig gemacht, die sie überall auf der Welt gegründet hatten, in Mexiko und Peru, aber auch in Indien, China, Japan
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